Weite Flure, lange Gänge, ein Sortiment wie kein zweites in Mainz. Im November 2018 eröffnete auf über 2.000qm der bislang größte Rewe in Mainz, direkt am Zollhafen, mit über 25.000 Artikeln. Der Supermarkt hat eine Tiefgarage mit 95 Parkplätzen, eine Post im Tabak- und Zeitschriftenshop sowie einen Bistro-Bereich mit Bäckerei und Pizzaofen. Eine Besonderheit ist auch die leckere Sushi- Bar. Königin über dieses Reich ist Semai Akale. Sie leitet den Vollsortimenter als Selbstständige mit ihrem Team.
Powerfrau mit afrikanischen Wurzeln
„Meine Eltern stammen aus Eritrea, daher der fremdländische Name, den viele übrigens für einen Männernamen halten,“ sagt die in Höchst geborene Powerfrau. Die 31-Jährige hat eine beachtliche Karriere hinter sich. Auf den eigenen Supermarkt hat sie zielstrebig hingearbeitet. Seit über 14 Jahren schon ist Semai mit Rewe verbandelt. Kurz nach ihrer Lehre zur Einzelhandelskauffrau von 2008 bis 2010 in Kriftel übernahm sie die stellvertretende Marktleitung an verschiedenen Standorten im Rhein-Main Gebiet. „Dann dachte ich ist es Zeit für mich, mal die erste Geige zu spielen,“ lacht sie. Die spielte sie zuerst als Marktleiterin für 4 Jahre in Wiesbaden-Breckenheim und anschließend in Niedernhausen. Danach lag der Weg in die Selbstständigkeit im Fokus: „Ich bin sehr ehrgeizig und wollte mir beweisen, dass ich das kann. Die positiven Erfahrungen haben mich stärker und selbstsicherer gemacht“, blickt sie zurück.
Schritt zur Selbstständigkeit
Semai entschied sich für die von Rewe angebotene Form der offenen Handelsgesellschaft (oHG). Im Gegensatz zu einem Franchise ist das Unternehmen bei diesem Kooperationsmodell als Mitgesellschafter beteiligt. Die Zentrale kümmert sich um administrative sowie organisatorische Details, mietet und verpachtet den Markt samt Einrichtung und ermöglicht so auch bei geringem Kapitaleinsatz den Start in die Selbstständigkeit. Trotz ihrer Erfahrung musste Semai ein internes Assessment Center durchlaufen und sich anschließend auf verschiedene Standorte bewerben. Dass sie schließlich die Zusage für Mainz erhalten hat, bezeichnet sie im Rückblick als Glücksfall. Denn sie liebt die Lage direkt am Wasser und kann sich mit der Atmosphäre der Stadt gut identifizieren: „Die Mainzer sind einfach lockerer.“ So genießt die Chefin auch die Freiheit, dem Markt ihre eigene Note zu verleihen und vor allem auch regionale Produkte auszuwählen. Die Pizzastation im Eingangsbereich ist ein Pilotprojekt. Langfristig will Semai weitere frisch zubereitete Gerichte anbieten. Die Resonanz der Kunden sei gut, auch wenn die langen Gänge noch nicht allzu voll mit Kunden erscheinen. Der Zollhafen und die Stadt sind ja noch am Wachsen… Die Aufgabe bedeutet aber auch eine große neue Herausforderung und Verantwortung: „Wenn mal wieder alles auf mich einprasselt, frage ich mich schon, was hast du dir da angetan,“ gibt sie zu. Doch bereuen tut sie diesen Schritt nicht.
Kaum Zeit für Hobbys
Auch ihr 45-köpfiges Team wächst noch zusammen. Semai ist es wichtig, auf Augenhöhe zu arbeiten. „Ich bin zwar die Chefin und muss auch mal die Handbremse ziehen, aber ich bin kein Gott“. In spätestens einem halben Jahr, hofft sie, läuft alles perfekt. Mit weniger gibt sich die ehrgeizige Kauffrau nicht zufrieden. „Ich habe einen gesunden Respekt, muss erst alles unter Kontrolle haben, bevor ich stolz auf mich bin.“ Dann gönnt sie sich vielleicht auch mal wieder mehr Auszeit. Angesprochen auf ihr Privatleben, entweicht ihr ein kurzes Lachen. Sie nimmt es mit Humor, dass sie seit bald zwei Jahren keinen Urlaub mehr hatte. Früher hätte sie im Gospelchor gesungen und getanzt: „Im Moment ist die Arbeit mein Hobby, für anderes bleibt kaum Zeit, aber es macht mir Spaß.“ Mit ihrem Lebenspartner, mit dem sie zurzeit noch in Kriftel lebt (Umzug nach Mainz nicht ausgeschlossen), kann sie zudem fachsimpeln. Er betreibt ebenfalls selbstständig einen Markt und hat Verständnis, wenn sich mal wieder alles ums Geschäft dreht.
Tina Jackmuth
Foto: Jana Kay