von Nicole Bruhn
Foto: Marisa Migliazzi
Bunte Oasen inmitten tristen Stadtgraus: Spielplätze ermöglichen Kindern in der Enge der Stadt Freiraum um sich auszutoben, kreativ zu sein und frische Luft zu schnuppern. Das Angebot an Stadtspielplätzen in Mainz ist groß, doch nicht jede Fläche zeigt sich kinderfreundlich wie sensor herausfand …
Spielplatz Hopfengarten – Die Perle in der Altstadt
„Das ist gelebte Integration! Kinder aus der ganzen Altstadt treffen sich hier. Quer durch die sozialen Schichten, egal aus welchem Land – hier spielen sie zusammen und die Eltern plaudern und helfen sich gegenseitig.“ Es klingt märchenhaft, was Anna Grasser, Sprecherin der Bürgerinitiative Hopfengarten, mit leuchtenden Augen über den Hopfengarten-Spielplatz berichtet und ist doch Realität. „Meine Söhne haben sich hier im Schatten der alten Bäume die Hosen durch gekrabbelt. Hier haben sie ihre ersten, wackligen Runden auf dem Fahrrad gedreht. Aber auch 14-Jährige haben auf dem Hopfengarten-Spielplatz noch ihren Spaß“. Sie deutet auf das Fußballtor, einen Basketballkorb und einen Ping Pong Tisch nahe der historisch anmutenden Mauer.
Hinzu kommt alles, was Kinderherzen höher schlagen lässt, vom Karussell über Wippe und Schaukeln bis hin zum Klettergerüst. Nicht zuletzt funktioniert das Zusammenleben in der rund 1.300 Quadratmeter großen Altstadtidylle deswegen so gut, weil Heidi Reiter ihre schützende und helfende Hand über allem hält. Sie ist seit vielen Jahren ehrenamtliche Patin für den beliebtesten aller Altstadt-Spielplätze, schließt ihn morgens auf und abends zu, hält Platz und Toilettenanlage sauber und schaut nach den Bobby Cars, Rollern und Sandförmchen. Diese sind allesamt gespendet und werden in dem kleinen, verschließbaren Raum zwischen den Toiletten aufbewahrt. „Wenn‘ s ganz heiß ist, verteilt sie auch schon mal Trinkwasser an die Kinder, die ohne Eltern da sind oder sie flutet mit dem Gartenschlauch den Sandkasten, ein Riesenspaß!“ Kein Wunder, dass sich Anna Grasser und viele Altstadtbewohner für den Erhalt des Hopfengarten-Spielplatzes einsetzen, dessen Fläche zugunsten einer geplanten Kita halbiert werden soll.
Mehr Betonkunst als Spielplatz in der Badergasse, Altstadt
Dass Spielplatz-Konzepte nicht immer funktionieren, veranschaulicht die Anlage in der Badergasse. Die Künstlerin Birgit Kratzheller hat die sorgfältig gepflasterte Hügellandschaft Ende der 90er Jahre konzipiert, die durch kleine Sichtbetonmauern und riesige, hölzerne Waschzuber strukturiert ist. Als Kunstobjekt Sinn machend – als Spielplatz jedoch kaum genutzt. Im Sommer soll eine Pumpe den Platz in ein Plantsch-Paradies verwandeln. „Sie ist aber oft kaputt“, erklärt Susanne Schenkel, Mutter eines zweijährigen Sohnes. „Und wenn sie funktioniert, fließt das Wasser nicht richtig ab. Dann ist es auf den Steinen so glitschig, dass die Kinder dauernd hinfallen und sich die nackten Knie aufschlagen. Außerdem rennen die Kleinen in der prallen Sonne herum, denn das darunterliegende Parkhaus verhindert eine Bepflanzung der Fläche mit Bäumen. Nur die wenigen Sitzbänke stehen unter einer Pergola.“ Die anwesenden Altstadt-Mütter urteilen unisono: Bei der vorherrschenden Enge in der Altstadt ist es sehr schade, dass dieser Platz nicht kindgerechter gestaltet wurde.
Viel Grün in der Oberstadt
Südlich des Eisgrubweges ist von der Enge der Altstadt nichts mehr zu spüren. Der Weg hoch zur Zitadelle führt vorbei an der Grünanlage auf dem Windmühlenberg. Sie ist zwar zum Leidwesen aller Eltern mit Kinderwagen sehr steil und auch noch nicht barrierefrei, aber wer den Aufstieg geschafft hat, wird am Zitadellen-Spielplatz belohnt: Auf der ersten Terrasse wartet ein kleiner Spielplatz mit Sandkasten, Wippen und Schaukel. Die Mutigeren werden weiter oben auf den Windradturm klettern, wo eine lange Tunnelrutsche liegt. Die Eltern können bei guter Sicht den Blick weit in die Ferne schweifen lassen und die Aussicht über den Rhein in den Taunus genießen.
Die Krönung unter den Mainzer Spielflächen, was Ausstattung und Platzangebot angeht, ist jedoch der Spielplatz im Volkspark. Hier sind alle Geräte relativ neu. Der Wasserspielplatz mit der umlaufenden Riesenschlange besitzt viele kleine, liebevolle Details. Vor einem Sonnenstich müssen Kinder jedoch auch hier mit einer Mütze geschützt werden. Zwei der vier Schaukeln sind mit 4,50 Metern weit höher, als anderswo und die „Dschunke“ ist ein sehr aufregendes Piratenschiff mit Rutsche, welches von Kindern aus fünf Kitas ausgewählt wurde. Einzigartig sind auch die türkisblaue Kletterlandschaft mit Tunnelrutsche und die Mini-Eisenbahn, die im Park ihre Runden dreht. Auch aus anderen Stadtteilen oder Vororten lohnt ein Ausflug in jedem Fall.
Riesenspielplatz in der Neustadt
Verglichen mit der Altstadt steht in der Neustadt fast die doppelte Spielplatzfläche pro Kind zur Verfügung. Die Spielfläche am Goetheplatz bietet auf knapp 5.000 Quadratmetern Möglichkeiten für alle Altersklassen. Die Größeren können Ping Pong oder Basketball spielen und wer Inlineskates besitzt, kann auf der Rollschuhbahn weit ausholen. Der Wasserspielplatz, grundsätzlich immer ein Knaller für die heißen Tage, birgt für die Kleinsten durch die vielen Betonflächen einige Risiken mit hin und wieder blutigen Nebenwirkungen. „Das war früher besser“ erinnert sich Florentina, die mit ihrer 8-jährigen Tochter sehr häufig hier ist, „da waren die Plantschbecken mit Gummibelag.“ Sie mag den künstlichen Wald mit den vielen Kletternetzen, Sandplätzen, Rutschen und Wippen ganz gerne. „Aber im Sommer ist es hier so voll, dass man vor lauter Baumstämmen die Kinder dauernd aus den Augen verliert.“ Auf den Flächen neben den Stämmen bieten die Streetworker vom nahegelegenen Neustadtzentrum donnerstags und samstags freie Spiele für alle anwesenden Kinder an. Weitere beliebte „Ausweichspielplätze“ finden sich in der Neustadt am Rheinufer oder am kürzlich aufgewerteten Frauenlobplatz.
Ein Tag im Hartenberg-Park
Bei schönem Wetter verweilen viele Familien im Hartenbergpark, denn Spielangebot und Fläche sind groß. Von der Südseite kommend sollten sich große und kleine Besucher spätestens hinter dem Sandkasten mit Nestschaukel und Holzburg ihrer Schuhe und Socken entledigen. Denn dort sorgt ein Barfußpfad für angenehme Sinneseindrücke. Nur wenige Meter weiter, hinter der kleinen Seilbahn und den Reckstangen, folgt ein Spielzeug-Ensemble der Entega: Bunte Geräte helfen, die regenerativen Energien Sonne, Wind und Wasser spielerisch zu erfahren. Daneben gibt es eine Rollschuhbahn, ein Basketballplatz mit Skateboard-Anlage, Ping-Pong-Tische und einen kleinen Wasserspielplatz, hinter dem sich drei beliebte Grillplätze befinden sowie eine Grillhütte. Letztere ist jedoch nur jenen empfohlen, die gewisse Ansprüche hinsichtlich Sauberkeit und Erhaltungszustand aufgegeben haben.
Fazit
An Spielplätzen mangelt es in Mainz nicht. Vielen haftet jedoch noch der Charme und das pädagogische Konzept vergangener Zeiten an. Das Problem ist auch hier: Die Kassen der Stadt sind mehr als klamm und Spielplatzpflege ein teurer Spaß. Landschaftsarchitektin Nora Egler (SPD) weiß zu berichten: „Am Rheinufer haben wir kaum eine Chance, einen Spielplatz sicher und sauber zu gestalten. Zu viele Interessen prallen hier aufeinander. Da sind zum einen Familien mit Kindern, dann die Fahrradfahrer und dann noch die, die abends ihr Weinchen trinken oder mit dem Hund spazieren gehen.“ Auch Marcus Hansen vom Mainzer Jugendamt weiß: „Neue Spielplätze sind in der Pflege und Erhaltung meistens noch teurer als alte. Viel wäre schon gewonnen, wenn die Besucher ihren Müll mitnehmen würden: Flaschen, Kippen und braune Häufchen.“
Glücklicherweise gibt es da noch Menschen wie Heidi Reiter vom Hopfengarten, die für saubere Sandkästen sorgt und so unbefangenes Spielen im Wohnumfeld ermöglicht.
Liste aller öffentlichen Spielplätze: www.jugend-in-mainz.de/682.html
Alle Spiel- und Wasserspielplätze, Bolz-, Basketball- und Skateanlagen sind im Kinderstadtplan eingetragen (www.jugend-in-mainz.de/kinderstadtplan. html) oder in der Freizeitkarte der Landeshauptstadt Mainz (erhältlich in allen Buchhandlungen).