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Der große Test: Fußballkneipen in Mainz


von Felix Monsees & Maximilian Wulf (Fotos)

Am 19. Januar rollen wieder die Bälle in der 1. Bundesliga, dann hat die Winterpause ein Ende. Zwei Wochen später darf auch der FCK wieder antreten, wenn die 2. Liga wieder spielt. Für alle die, denen es im Januar im Stadion noch zu kalt ist, zu Hause aber schon die Decke auf den Kopf fällt (oder kein Bezahlfernsehen haben), bleibt nur der Gang in die Fußballkneipe. sensor und Kneipenhorst haben sich auf den Weg gemacht, die besten Leinwände der Stadt zu testen und Bundesliga zu gucken.
Unterstützung gibt es von den Experten in Sachen Mainzer Ausschank-Kultur: Daniel Sieben und Marc Distel vom Kneipenhorst. Der Horst ist Reiseführer durch die Mainzer Kneipenwelt und Bonus- Heft in einem. Bei Vorlage gibt es zwei Herrengedecke oder Bier zum Preis von einem.

Zum Kohle-Nache (Rheinstraße 23)
„Schieß doch, du Depp“, fordert der Eintracht Frankfurt-Stammtisch. Die erste Station der Tour mit Daniel und Marc vom Kneipenhorst ist die Traditionskneipe „Zum Kohle-Nache“. In Rheinnähe gelegen, haben hier schon früher die Matrosen der Kohlen- Schiffe Landgang betrieben. Allzu viele Seemänner legen heute nicht mehr an. Ein freier Platz mit Blick auf die Leinwand findet sich schnell. Das sehr freundliche Wirtspaar ist tolerant, hier hängen Souvenirs der Rhein-Main-Rivalen Frankfurt und Mainz friedlich nebeneinander. „Hauptsache der Umsatz stimmt“, sagt Marc. Der Eintracht-Stammtisch kann nach 20 Sekunden bereits das erste Tor feiern. Das bedeutet eine Runde Kurze für die Frankfurt-Fans, auch Daniel muss einen Ouzo mittrinken. Neben der günstigsten Weinschorle der Stadt gibt es Fleischwoscht und ein Paar Wiener mit Brot (2,50 €) als feste Grundlage. Fazit: Nette Kneipe mit urigen Stammgästen. „Die Dartscheibe im Hinterzimmer ist auch sehr schick“, findet Daniel.

Zum Heringsbrunnen (Heringsbrunnengasse 1)
Weiter geht’s. Seit etwa vier Jahren bieten die Kneipenhorstis Touren durch die Mainzer Ausschank-Welt an. Aus einer wirklichen Schnaps- Idee entstand das Kneipenhorst-Bonusheft. „In manche Kneipen trauen sich viele nicht rein“, sagt Marc. Dunkle Fenster, eingespielte Stammgäste und eigenwillige Wirte wirken abschreckend. „Da ist es gut, einen Grund wie den Kneipenhorst in der Hand zu haben. Und die Wirte tauen in Sekundenschnelle auf.“ Im Heringsbrunnen ist das nicht nötig. Wirt Scholli ist sehr kommunikativ und stolz auf die aufs Grad genaue Zapftemperatur und die optimierte Schaumkrone seiner Biere. Samstags lockt der Heringsbrunnen mit Stadionsound und 3 Euro für das große Bier. Kaiserslautern-Fans lockt der Kölsch-Abend am Montag (8 Kölsch für 7,50 €). Schollis Spareribs sind das größte Stück Fleisch, welches sensor- Tester jemals in der Mainzer Gastronomie gesehen haben (14 €). Die Besonderheit in Mainzer Fußball-Kneipen: Hier läuft immer Konferenz! Fazit: Perfektes Pils in American Sportsbar-Atmosphäre. Daniel: „Wir sind Scholli-Jünger.“

Kleines Andechs (Holzhofstraße 13)
Für besondere Geburtstage und Betriebsfeiern bietet der Kneipenhorst immer noch Kneipen-Touren an. Wenn auf einmal 50 bis 60 Gäste vor der Tür stehen, kommen die Wirte schnell ins Schwimmen. „Dann muss einer der Gäste mal ein, zwei Stunden mitzapfen“, sagt Marc. Im Kleinen Andechs ist man viele Gäste gewohnt, die Tester können gerade noch den letzten freien Platz ergattern. Zum Fußball gucken sind hier die wenigsten. Die kleinen Fernseher rauschen im Hintergrund. Die Speisekarte wurde mit Tipp-Ex verkleinert: „Ein markantes Bild der neuen Rauchergesetze“, sagt Daniel. Rindswurst mit Brot und Senf (4 €), Spundekäs´ (4 €) und die orientalische Delikatesse Humus (5 € sind geblieben. Fazit: Die beste Wahl, wenn Fußball nicht die Hauptsache ist. Hier wird noch bis spät in die Nacht Bier ausgeschenkt.

Zur Andau (Gaustraße 77)
Die Traditionsgaststätte am Fastnachtsbrunnen steht dort schon länger als der Brunnen selbst: seit 1844. Laut Zapf-Fan Scholli wird hier das beste Bier der Stadt ausgeschenkt – mit dem Heringsbrunnen natürlich. Kein Wunder, die Andau ist schließlich auch ein Spezialausschank einer bekannten Eifel-Brauerei. Im gemischten Publikum trifft man immer ein paar alte und neue Bekannte. Das Kneipenhorst-Team lässt sich regelmäßig von der magischen Anziehungskraft des hölzernen Rundtresens anlocken, bekennen Daniel und Marc. Drei Flachbildschirme und einer im separaten Raucherraum sorgen für gute Sicht. Hier flimmern vorrangig Spiele der Nullfünfer. Neben den leckeren Getränken – auch gute Weine sind im Angebot – gibt es hier u.a. Mettbaguette mit Zwiebeln, serbische Bohnensuppe mit Wursteinlage, hausgemachte Frikadellen (alles 3,60 €) und Flammkuchen (ab 5,40 €). Bei Vorlage eines Studentenausweises gibt es Rabatt auf ausgesuchte Getränke. Fazit: Man kommt wegen des Fußballs und bleibt wegen des Bieres.

Einstein (Kaiser-Wilhelm Ring 82)
Die Kneipentour zieht weiter in die Neustadt. Dort war die Musikerbörse bis zur ihrer Schließung die beliebteste unter den vielen Fußballkneipen zwischen Kaiser-Wilhelm-Ring und Rheinallee. Zwei Jahre Pause hat sich Wirt Melik gegönnt, bevor er eine Ecke weiter das Einstein eröffnete. Die zahlreichen Fan-Schals diverser Vereine, die die komplette Musikerbörse schmückten, dekorieren heute nur den Raucherraum. Die Wände im Gastraum gehören komplett den sechs großen Fernsehern. Beste Sicht auf jedem Platz also. Die ist vor allem Samstag um 15.30 Uhr nötig, dann ist es hier richtig voll. Welche Spiele laufen, wird interaktiv auf Facebook abgestimmt. Daniels Tipp: „Tisch reservieren! Wenn Fußball läuft, sind hier viele Studenten.“ Und: Die Kneipenküche ausprobieren. Dort zaubert, wie schon in Meliks alter Musikerbörse, Koch und Tausendsassa Rainer. Es gibt Riesenrindswurst mit Pommes (6,30 €) und XXXL-Burger mit drei X (7,50 €). Fazit: Reine Fußballkneipe mit Wettbüroflair – dank kahler Wände und Spielautomaten. Pluspunkte gibt es für das fettige Kneipenessen und den netten Wirt.

Die Bierbumb (Frauenlobstr. 59)
„Früher wurde hier richtig was geschafft“, ist sich das Team Kneipenhorst sicher. Denn den Namen verdankt die Bierbumb einer Pumpen- Fabrik, die hier bis in die 60er Jahre z. B. Zentrifugal-Bierdruckregler zusammenschraubte. Heute arbeitet hier neben den Kneipiers nur noch die Verdauung. Zur Auswahl stehen zwei verschiedene Pils vom Fass und kleine Speisen, wie der von Stammgästen beliebte Stramme Max (5,80 €). Falls die eigene Mannschaft schnell in Rückstand gerät, kann man sich mit Spielautomaten oder dem Würfelspiel „Jule“ ablenken, welches auf einem schweren Holzfass gespielt wird. „Vor allem am Samstag, wenn Fußball läuft, ist hier Wohnzimmeratmosphäre – wie im Pub!“ sagt Daniel. Dafür sorgen das freundliche Wirtspaar und das gemischte Publikum. Fazit: Nette Einkehr, nicht nur zum Fußball gucken.

Rhabanus-Eck (Rhabanusstraße 20)
Der Kneipenspaziergang geht in die Verlängerung. Einen letzten Zug kalter Winterluft nehmen, bevor es in das Rhabanus-Eck geht. Rauchverbote gelten hier nicht, auf beiden Seiten des Tresens wird gequalmt. „Die eckigste aller Eckkneipen“, sagt Marc. „Buntes Fensterglas, ein gemütlicher Schankraum, hölzerne Sitzecken und ein wunderschöner, stilechter Zapfhahn machen diese Kneipe zu einem wahren Kleinod.“ Der aus Gelsenkirchen stammende Wirt ist großer Schalke-Fan und zeigt dies auch. Der Wandschmuck ist blau-weiß. Selbst bei internationalen Spielen wird nicht für den schwarz-gelben Revierkonkurrenten gehalten. Mit gesunder Rivalität schmeckt der Fußball eben am besten, vor allem, wenn das Bier so günstig wie im Rhabanus-Eck ist. Fazit: Die kneipigste aller Kneipen und eine echte Empfehlung.

Zum Gockel (Hintere Bleiche 29)
Zwischen einer Portugiesen-Kneipe und einem Wettbüro – Bleichenviertel eben – liegt die letzte Station auf der Fußballkneipentour. Das „Zum Gockel“ ist ein kleiner Schankraum mit großer Theke, zwei Fernsehern und Spielautomaten. Die Dekoration besteht mal wieder aus vielen Mainz 05-Fanartikeln, Mannschafts-Bildern und einem Portrait von Robert Nikolic, dem torungefährlichsten Bundesliga- Spieler aller Zeiten sowie gesammelten Kneipenweisheiten für jede Lebenslage. Hinter der Theke steht Wirtin Steffi, die nicht nur gutes Bier zapfen kann, sondern auch bei Radio Siegerland als DJ Eastwitch on Air geht. Ihr Hitmix: Schlager, Schmusesongs (auch englisch), Heino nur im äußersten Notfall. Von den Barhockern aus lässt sich hier hervorragend Fußball gucken und schnell mit den Stammgästen ins Gespräch kommen. Wenn man das möchte. Die harten Fakten: Gezeigt werden die Spiele der Mainzer, als Snack gibt es nur Brezelche ´. Fazit: Im Gockel guckt man Fußball in intimer Atmosphäre. Hier trinken Kneipenhorst und sensor noch ein, zwei Absacker und stoßen auf den Spieltag an. Das Kneipenhorst-Heft gibt es unter www.kneipenhorst.de sowie in vielen Mainzer Kneipen, Kiosken und Buchhandlungen für 9 Euro.