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Das sensor 2×5 Interview: Arno Krokenberger (Organist und Vorstandsmitglied Christuskirche)

Arno Korkenberger (32 Jahre): „Ich hatte das Gefühl – und habe das immer noch –, dass meine Fragen an die Musik hier Widerhall finden und auch die Gemeinde beschäftigen.“

Dekanatskantor Arno Krokenberger, verbindet klassische Kirchenmusik mit modernen und partizipativen Elementen, um Menschen musikalisch und spirituell zu berühren. Seine Laufbahn führte ihn über Jazz und Mathematik zurück zur Kirchenmusik, wobei er sich für Improvisation und experimentelle Musikvermittlung begeistert. Trotz seines Pendlerlebens zwischen Mainz und Mannheim schätzt er die Offenheit der Stadt für seine kreativen Ideen und Projekte.

Beruf

Worin besteht deine Arbeit?
Zum einen bin ich der Organist der Christuskirche. Dazu gehört das sonntägliche Gottesdienstprogramm mit Orgel und Liedbegleitung. Und in der Gemeinde bin ich Mitglied des Kirchenvorstands und an verschiedenen anstehenden Entscheidungen beteiligt. Als Dekanatskantor bin ich der musikalische Fachberater für unsere 15 Gemeinden in der Stadt und im Umland. Da kann ich Ideen einbringen und Projekte vorschlagen und bin auch für die Ausbildung und Prüfung von nebenamtlichen Kirchenmusikern zuständig.

Bist du selbst religiös?
Ja, ich bin durchaus religiös und arbeite bewusst für die Evangelische Kirche als eine Institution, die Werte vermittelt, die mir auch wichtig sind. Wir müssen die spirituelle Sehnsucht der Menschen ernst nehmen und ihnen gute Angebote machen, so dass sie sich da wiederfinden. Meine Art des Glaubens beinhaltet aber auch ein kritisches Befragen von kirchlichem Handeln und überlieferten Formen. Dafür gibt es in meiner Arbeit Platz. Es darf nicht sein, dass der Gottesdienst die Menschen spirituell verhungern lässt.

Was hat dich an die Christuskirche verschlagen?
In Mainz gab es in der Bewerbungsphase nach meinem Master- Studium, das ich 2024 in Heidelberg beendet habe, die einzige Stellenbeschreibung, die mich reizte, weil sie nicht so eng gefasst, sondern eher offen und suchend formuliert war. Ich hatte das Gefühl – und habe das immer noch –, dass meine Fragen an die Musik hier Widerhall finden und auch die Gemeinde beschäftigen.

Was möchtest du Menschen mit Deiner Musik vermitteln?
Mir ist eine Musik wichtig, die sich dem Menschen zuwendet, aber dabei auch ihre tradierten Formen verlassen kann. Es geht um das Erleben von Schönheit und Erzeugen einer „Heiligkeit“, jenseits vom Performativen. Damit ist auch Gemeinschaftsbildung gemeint – Partizipation mit den Menschen vor Ort. Deswegen möchte ich auch Menschen bei Anlässen wie Hochzeiten oder Taufen oder auch Trauergottesdiensten ein musikalisches Erlebnis verschaffen. Ich erfülle dann auch gern Wünsche, ob Klassik oder Pop.

Welche Pläne hast du für die Zukunft?
In Kürze will ich für die Konfirmanden ein Pop-Chorprojekt machen. Im Herbst soll es ein biografisch orientiertes Chorprojekt geben, das vielleicht „Melodie des Lebens“ heißen wird und sich mit musikalischen Erlebnissen beschäftigt, die im Leben der Teilnehmer eine Bedeutung hatten. Wie schon bei der letzten „Nacht der offenen Kirchen“ soll es auch wieder etwas mit Medienkunst und Orgel geben. Und aktuell erarbeite ich zusammen mit der Perkussionistin Nathalia Grotenhuis und 20 Teilnehmern eine Choraufführung unter dem Titel „Kollektives Rauschen“, zu hören in der Christuskirche am 13. April um 10 und 18 Uhr.

Mensch

Wie ist deine Biografie?
Ich bin 1993 auf der Schwäbischen Alb in der Nähe von Ulm in eine klassische Musikerfamilie hineingeboren worden. Meine Mutter ist Kirchenmusikerin und mein Vater Pianist. Bei ihm hatte ich auch ersten Klavierunterricht. Meine Großeltern waren musikalisch und sangen mit den Eltern vierstimmige Choräle. Ich war im Kinderchor, und wenn Orgel gespielt wurde, saß ich auf der Empore und spielte mit meinen Autos. Meine Eltern haben sich auch gefreut, als ich die Stelle in Mainz bekam. Aber dazwischen lagen bewegte Jahre.

Bewegte Jahre?
Mit zehn hatte ich das Gefühl, einen eigenen musikalischen Raum zu brauchen, und interessierte mich für Improvisation. Ich bekam Jazzunterricht, erst in der Nähe, dann bei einem Professor an der Musikhochschule Stuttgart, nachdem ich mit 15 Jahren bei „Jugend jazzt“ einen ersten Preis gewonnen hatte. Die letzten Jahre vor dem Abitur verbrachte ich auf einem Internat. Bis dahin hatte ich so viel Musik gemacht, dass ich mich fragte: Warum eigentlich noch studieren? Und ich begann ein Mathematikstudium in Dresden. Das war aber nur eine kurze Episode. Schnell landete ich wieder bei der Musik und wurde in Tübingen für Kirchenmusik aufgenommen, bekam dort aber auch durch den Rektor Freiräume für Experimente. Es folgte der Bachelor-Abschluss in Leipzig. Mein Interesse für die Beziehungen zwischen dem klassischen Repertoire und der Improvisation und an der partizipativen Musikvermittlung konnte ich durch Mitarbeit an Festivals, an der Kunststation St. Peter in Köln und an Theatern in Düsseldorf und Mannheim ausleben.

Machst du auch Musik außerhalb des Jobs?
Leider nicht oder nur wenig. Aber das eine geht in das andere über. So bin ich z. B. in der Band „Bedde und Band“ von Sandra Beddegenoots als Pianist dabei. Da machen wir einen Mix aus Singer-Songwriter-Jazz, Blues und Pop. Und in Mannheim bin ich auch noch in einer Band. Und in Mannheim spiele ich auch noch in einer Band.

Bleibt da Zeit für dein Familienleben?
Meine Frau, die ich schon in der Dresdner Zeit kennengelernt habe, arbeitet am Theater in Mannheim. Da wohnen wir auch mit unserer neunjährigen Tochter. Die beiden wollten wir da nicht rausreißen, also pendele ich zwischen den Städten. Zu bestimmten Zeiten, z. B. um Weihnachten, ist das auch mal anstrengend. Aber weil ich mir manche Projekte selbst einteilen kann, kriege ich das hin. Ich sage auch manchmal „Stopp! Das Projekt verschiebe ich lieber aufs nächste Jahr.“

Und wie fühlst du dich in Mainz?
Ich bin jetzt seit fast einem Jahr hier und empfinde die Stadt als friedfertig. Und ich bin froh, mit meinen „fremdartigen Ideen“ hier mitmischen zu dürfen, und zwar im Zentrum der Stadt. Das ist ein Privileg. Altstadt und Neustadt lerne ich mehr und mehr kennen, einige Freunde hatte ich hier aber schon vorher und bin immer auf Entdeckungsreise.

Interview: Minas
Foto: Jana Kay

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