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Geschäft des Monats: Brockenhaus (Boppstr. 4)

Text: Sophia Weis
Fotos: Tessa Bischof

In Zeiten von Amazon und Ebay können Bücher und Antiquitäten schnell und bequem von der heimischen Couch aus erworben werden. Was bei einem Kauf über das Internet aber verloren geht, ist der Spaß am Stöbern und Entdecken in Secondhand-Läden mit dem Charme vergangener Jahrzehnte. Einen dieser Läden findet man in einem Hinterhof der belebten Boppstraße in der Mainzer Neustadt: Das Brockenhaus. Der Name Brockenhaus (oder Brockenstube) kommt ursprünglich aus der Schweiz und ist seit Ende des 19. Jahrhunderts eine Selbstbezeichnung vieler Gebrauchtwarenläden (Secondhand-Läden), wo sich preiswert gebrauchte Alltagsgegenstände erwerben lassen. Heute hat sich vielfach die Kurzbezeichnung Brocki etabliert; manche Geschäfte oder Filialen nennen sich aber auch „Brockenhalle“ oder „BrockiShop“. Die Bezeichnung Brockenhaus geht auf das Bibelzitat über die Speisung der Fünftausend zurück, wonach Jesus zu seinen Jüngern sprach: „Sammelt die übrig gebliebenen Brocken, damit nichts verloren gehe!“ Während die zahlreichen Brockenhäuser in der Schweiz seit langem landestypische und populäre Einrichtungen darstellen, ist der Begriff in weiten Teilen Deutschlands praktisch unbekannt. Im hiesigen Brockenhaus reicht das Sortiment von tausenden Büchern und Schallplatten, über Wandbilder und Geschirr, bis hin zu allerlei Möbeln aus den letzten 100 Jahren. Im Keller steht beispielsweise ein Küchenbuffet aus den 30ern. Daran klebt allerdings ein Zettel mit der Aufschrift „Verkauft“. Dazu passende Deko-Artikel lassen sich mit etwas Zeit und Gespür auf den drei Etagen des Geschäfts finden.

Besonders bei Studenten mit schmalem Geldbeutel ist das Brockenhaus beliebt, aber auch bei Leuten, die ihre Wohnung nicht nur mit Massenware von Ikea einrichten wollen oder auf der Suche nach einem originellen Geschenk sind.

Besitzer Bernd Drüke ist natürlich Liebhaber von Gebrauchtwaren und schaut sich ab und zu gern in seinem Laden nach schönen Dingen um. Allzu oft ist er nicht hier, denn zusätzlich arbeitet er noch drei Tage in der Woche für die Flüchtlingsberatung in Bad Kreuznach. Bereits seit seiner Studienzeit versucht der Diplom-Psychologe Flüchtlingen in der Region zu helfen. Gemeinsam mit einem Freund kam ihm damals die Idee, den Menschen über einen Secondhand-Laden den Zugang zu günstigen Möbeln und anderen Einrichtungsgegenständen zu erleichtern. So entstand vor 20 Jahren das erste Brockenhaus in der Mainzer Leibnizstraße. Vor zwölf Jahren kam dann das 300 Quadratmeter große Geschäft in der Boppstraße dazu.

Ein Großteil des Angebots stammt aus Haushaltsauflösungen, die das Team vom Brockenhaus anbietet. Bei der Auswahl der Ware wird vor allem auf Qualität geachtet. So ist Drüke nur an Möbeln aus Vollholz interessiert. „Die Sachen können ruhig ein paar Macken haben und schon 50 Jahre alt sein, solange man sieht, dass sie mindestens noch mal so lange halten“, sagt er. Sein Geschäft betreibt er aus Überzeugung, denn viel Geld verdient er damit nicht. „Es reicht gerade, um meine Angestellten und die Miete zu bezahlen. Aber man arbeitet ökologisch, da weniger Müll produziert wird, und sozial, weil Gegenstände nicht einfach weggeschmissen werden, die jemand anderes gut gebrauchen kann“, so der 46-Jährige.

Auch der Weltmöbel-Laden in der Nähe vom Zollhafen gehört Drüke. Hier hat er es sich zur Aufgabe gemacht, Fair Trade-Möbel aus aller Herren Länder anzubieten. Leider wird das Gebäude, in dem sich der Verkaufsraum befindet, demnächst saniert. Ab Januar findet deshalb in der Rheinallee 79-81 ein großer Ausverkauf statt, zu dem alle Mainzer herzlich eingeladen sind.

www.brockenhaus-mz.de