Hyatt-Direktor Malte Budde verabschiedet sich nach vier aufregenden Jahren aus Mainz. Eine neue Aufgabe erwartet ihn in Katar.
In großen Tropfen prasselt Regen auf die gläserne Front des Hyatt-Hotels. Dank der parallel zum Rheinufer verlaufenden Bauweise, ist der Blick auf die Uferpromenade frei. Dort, wo sonst viel spaziert, geradelt und gejoggt wird, ist jetzt keine Menschenseele zu sehen. Einzig auf dem Fluss kreuzen sich zwei kleinere Frachter. Vom Inneren des Nobelhotels aus betrachtet, ist ganz automatisch alles, was sich draußen abspielt, ein bisschen egal. Viel mehr verstärkt das Klopfen der Regentropfen das Gefühl des Behagens, das sich mit Betreten des Fünf-Sterne-Hotels einstellt. Sieben Etagen hat das Hauptgebäude und etwa 270 Zimmer und Suiten. Die Lobby befindet sich vorgelagert in einer zweigeschossigen Glashalle: Dunkler Boden, goldene Wandelemente und das miteinbezogene Mauerwerk des historischen Fort Malakoffs zieren den Eingangsbereich. Aus einem der Aufzüge steigt Malte Budde. Er ist Direktor des Hauses. Freundlich, fast komplizenhaft grüßt er in Richtung seiner Rezeption, in der vier Hotelangestellte arbeiten.
Keine Alternative zu Mainz
Malte Budde, sauber gestutzter Vollbart, heller Rollkragenpullover unter dunkelblauem Jackett, entschuldigt sich für die leichte Verspätung: „Sorry, sorry, sorry“, sagt er dreimal betont leise, ehe er von der Lobby in das sich anschließende hoteleigene Restaurant „Bellpepper“ führt. Auf dem Weg über den langgestreckten Gang begrüßt der groß gewachsene Hoteldirektor entgegenkommende Gäste. In den kleinen, eleganten Sitzecken haben es sich einige von ihnen bequem gemacht. Manche verziehen sich mit Laptop und Handy in die hinteren Ecken, andere sind schon bei einem Drink zum Abschluss des Arbeitstages. Es sind seine letzten Tage als Direktor des Hyatt Mainz. Eine neue Aufgabe wartet im Mittleren Osten auf ihn. In Doha übernimmt Budde das renovierte Haus der Kette, es verfügt über nochmal hundert Zimmer mehr als die rheinhessische Niederlassung. „Ich war bislang noch nie dort. Erst wenn ich gelandet bin, beginnt das Abenteuer“, sagt Budde, der nachdenklich aus dem Fenster schaut und über die Stadt am Rhein reüssiert: „In Mainz habe ich mich verliebt.“ Den Hotel-Profi, der bereits in Frankfurt, Köln, Davos, Gstaad und Zürich arbeitete, packt beim Gedanken die Sentimentalität. Stadt und Menschen hätten es ihm und seiner Familie von der ersten Sekunde an leicht gemacht, was ihm wiederum die Entscheidung, nach Katar zu gehen auch ein bisschen vereinfachte, denn: „In welche andere Stadt in Deutschland hätte ich sonst gehen sollen? Es gibt keine Alternative zu Mainz“, sagt er ohne einen Hauch von Ironie.
Bier statt Wein
Dabei standen die Vorzeichen zu Beginn seines neuen Jobs vor vier Jahren alles andere als gut. Die Pandemie lähmte damals die Branche und stellte gleich zu Beginn den neuen Hoteldirektor vor eine große Herausforderung. Gerade da habe sich jedoch gezeigt, was die Stadt auszeichne. „Gleich nach meiner Ankunft haben mich viele per Video-Call begrüßt, darunter der damalige Oberbürgermeister Michael Ebling und Bischof Kohlgraf. Ich konnte so viele Menschen kennenlernen, ohne auf sie getroffen zu sein.“ Budde ist davon überzeugt, dass dies in anderen Metropolen anders gelaufen wäre: „Städte wie New York, London, Rio oder Tokyo sind anonymer.“ Erste wohlwollende Tipps nahm der neue Hoteldirektor von Personen wie dem KCK-Präsidenten Dirk Loomans entgegen: „Sie müssen in den KCK und in die Ranzengarde eintreten. Das können Sie sich gleich mal aufschreiben“, riet dieser ihm. Budde zögerte nicht lange und folgte den Empfehlungen: „Ich bleibe Ranzengardist und im Großen Rat des KCK, das ist sicher.“ Der Neujahrsumzug steht als einer der letzten Termine vor der Abreise nach Katar in seinem Kalender. Schwer habe es sich der 1978 in Bielefeld geborene und in München aufgewachsene Hoteldirektor bis zuletzt mit der Weinschorle getan. In dieser Frage habe er von Anfang an zu Bier tendiert. Mit der Brauerei „Kuehn Kunz Rosen“ hat Budde gar sein eigenes Bräu kreiert. Der Gerstensaft trägt den Namen „Hyb“ und ist auch im Repertoire des Hotels: „Es ist das Hauptbier an unserem Hahn und steht in Flaschenform in den Minibars.“
Kritik an Mehrwertsteuer
Über den Wochenmarkt am Samstag, den Kaffee in der Altstadt, Ausflüge mit dem Rad und im Fanblock der Nullfünfer erschloss sich Budde die Stadt. Nach langen Arbeitstagen sei er besonders gerne beim Scholli im „Heringsbrunnen“ eingekehrt. Was er an diesem Ort geschätzt habe, sei die Gelassenheit, mit denen sich die Gäste begegnen: „Ob du da im Anzug oder im 05-Trikot reinkommst, spielt keine Rolle.“ Diese Offenheit der Stadt sei einzigartig. Gleichwohl sei er angesichts grassierender Schließungen in der Gastronomie auch besorgt, dass gerade diese „schützenswerte Kultur“ Schaden nehmen könnte. Als Vorsitzender des Mainzer Tourismusfonds hatte er bis zuletzt eine starke Stimme in seiner Branche und machte hiervon regelmäßig Gebrauch. Von Vorteil sah Budde dabei seine Rolle als Vertreter der freien Wirtschaft an: „Das erleichtert häufig die Kommunikation, da man dann schon mal eine etwas nervösere Mail an die Stadtverwaltung schicken kann“. Auf dieses unabhängige Agieren käme es an, weshalb er sich diesen Status auch für seine Nachfolge wünscht. Im Hyatt bot er der Branche ein Podium, um sich über die Lage auszutauschen. Zum Beispiel als Mainzer Gastronomen die Aktion „Rettet die Vielfalt – die 7 muss bleiben!“ starteten, die das Comeback der 19 Prozent Mehrwertsteuer kritisierte. Betreiber von Cafés, Bars und Restaurants seien nach der Pandemie in großer Sorge um ihre Geschäftsgrundlage. „Was den Umsatz betrifft – und da kann ich wahrscheinlich auch für andere Betriebe sprechen –, sind wir wieder auf Vorkrisen-Niveau. Nur auf der Kostenseite nicht. Deshalb kritisieren wir die Rückkehr zu 19 Prozent Mehrwertsteuer für das Gewerbe. Wir als Hyatt werden da schon durchkommen. Doch wie steht es um die kleinen Weinstuben und familiengeführten Lokale?“ Die Margen für Getränke und Speisen fielen längst geringer aus, generell sei die Branche volatiler geworden, und auch das To-Go-Geschäft habe sich ausgeweitet.
Gegen kleinteiliges Denken
Für Mainz wünscht sich Budde, dass es mehr aus seinen Potenzialen heraushole. Das Gutenberg- Museum, die Fastnacht und der Rhein seien Beispiele, der Stadt auch außerhalb ihrer Grenzen Popularität zu verschaffen. „Dafür braucht es in erster Linie Geld und die richtigen Marketingstrategien.“ An beiden Punkten hinke die Stadt noch hinterher und denke zu kleinteilig. Die Rheinbühne, auf der im Sommer vor dem Hyatt Konzerte der Reihe „Summer In the City“ veranstaltet wurden, sei toll, aber: „Leider zu klein. Die Bühne sollte doppelt so groß sein, dann muss Eros Ramazzotti nicht mehr im Volkspark auftreten, sondern kann es hier tun“, schwärmt Budde, ehe er wieder auf den Rhein blickt. Draußen regnet es noch immer. In Doha scheint die Sonne.
Text Alexander Weiß Foto Daniel Rettig