Felix Monsees, Fotos: Daniel Rettig
Die eigene berufliche Tätigkeit bestimmt üblicherweise den praktizierten Small Talk. Und so geraten professionelle Köche auf Partys oft an den Punkt, an denen der Gegenüber erzählt, wie sehr er ihn um seinen Beruf beneidet. Dass er am liebsten aus seiner Bürotätigkeit ausbrechen würde. Kreativ und mit den Händen arbeiten, das wär etwas. Auch die kaufmännische Angestellte Britta Morbitzer ist so ein Büromensch. Tagsüber arbeitet sie in einer Versicherung, nach Dienstschluss wird sie zur Mietköchin.
Vor fünf Jahren war ihr erster großer Auftritt bei einer Hochzeit von Freunden, als sie für 100 Leute das Catering schmiss. Durch Mund-zu-Mund-Propaganda hat sich Britt einen eigenen Kundenstamm erkocht, brutzelt auch für Kollegen und ist regelmäßig in der „Weinraumwohnung“ zu Gast, wo ihre Kleinigkeiten zum Wein gereicht werden. Der Fotograf Jonas Werner ist einer dieser Freunde, für die sie kocht. Zur Eröffnung seines Weisenauer Ateliers probierten die Eingeladenen Brittas Kreationen. Steht ein so großes Catering an, muss sie Urlaubstage verbrauchen, Freunde und Familie einspannen. Nach Dienstschluss geht das nun nicht mehr.
Eigener, leicht frankophiler Stil
Ihr ganzer Keller ist gefüllt mit kleinen Gläschen, in denen sie ihre Häppchen serviert. „Fusion Cup Food“ nennt sie diesen Stil. „Ich finde die Idee schön, dass jeder sein eigenes hat“, begründet Britta ihre Präsentationsform. „Es ist wie ein kleines Geschenk, von dem man überrascht ist beim Reinbeißen.“ Sie verabscheut daher die üblichen Buffets, an denen sich die Gäste ihre Teller mit unpassenden Kombinationen vollklatschen. Britta mag es lieber klein, aber fein: Appetithäppchen in Gläser gefüllt. Kocht sie für eine Party, dann richtet sie Flusskrebse auf Linsensalat, Kürbis- Pie mit Ingwer-Nuss-Crumble und Handkäsmousse mit Radieschen an. Gerade letzteres ist eine leckere und kreative Idee. „Kochen war nicht immer meine Leidenschaft. Aber dann habe ich ein Jahr als Au-pair in Paris verbracht und bin auf den Geschmack gekommen.“ Durch ihre Gastfamilie, die wöchentlich für viele Freunde kochte, fand sie an den Herd. „Das war ein einschneidendes Erlebnis, dass man sich Zeit nimmt und alle füreinander kochen.“ Ihr Name „the Bohemian“ soll an Paris und die dortige Bohème-Bewegung erinnern. Ihre Lieblingszutaten Puy-Linsen und Dijon-Senf hat sie ebenfalls aus Frankreich mitgebracht.
„Noch freu ich mich, wenn ich am Herd steh“
Beigebracht hat sie sich das Kochen selbst; viele Kochbücher gelesen, beispielsweise von der Baseler Köchin Tanja Grandits. „Da hol ich mir viel Inspiration.“ Die Schweizerin setzt viele Kräuter und Gewürze ein. Die schmeckt man auch in Britts Couscoussalat mit Korianderhackbällchen. Koriander, Kreuzkümmel und viel frische Minze sorgen für orientalischen Geschmack. „Die meisten Rezepte habe ich selbst zusammengestellt und weiter entwickelt.“ Ein bis zwei Aufträge hat sie im Monat, das kann sie noch nebenbei stemmen. „Noch ist es so, dass ich mich freue, wenn ich am Herd stehe“, sagt Britt, „das sind so Sachen, die mich total pushen, wenn ich für 100 Leute koche.“
Couscoussalat mit Korianderhackbällchen (für vier Personen) Zutaten: 200g Couscous, 4 Tomaten, 1 Salatgurke, Petersilie, Minze, für die Frikadellen: 500g gemischtes Hackfleisch, 1 Ei, 1 TL Dijon-Senf, 1 rote Zwiebel, 1 kleine Hand voll Korianderkraut, 1 TL gemahlenen Koriander, 1 TL gemahlenen Kreuzkümmel, Pfeffer und Salz
Couscous und 1/2 TL Salz mit 250 ml kochenden Wasser übergießen, 20 Minuten quellen lassen und mit einer Gabel auflockern. Tomaten vierteln und entkernen. Gurke schälen, längs halbieren und entkernen. Tomaten und Gurken fein würfeln, die Kräuter hacken. Mit dem Couscous mischen und mit Zitronensaft, Salz und Pfeffer abschmecken. Für die Frikadellen alle Zutaten gut vermischen, mit Pfeffer und Salz würzen, zu kleinen Bällchen formen und frittieren oder in der Pfanne braten. Natürlich im Glas servieren.