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Bewegtbild als Passion – Mainzer Filmproduktionen

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von Cordula Schieferstein

Alle verharren in gebannter Stellung. „Und Bitte!“, ertönt der Ruf vom Regisseur, der das Spiel an seinem Set nun auf einem kleinen Bildschirm verfolgt. Kamera samt Kameramann setzen sich auf Schienen in Bewegung, einmal um die Schauspieler herum. Nach nur wenigen Minuten ist die Szene im Kasten und ein neuer Aufbau beginnt: neue Kamera- Einstellungen, neues Licht, Requisiten, etc. So boxt man sich durch beim Film, Szene um Szene. Jedoch nicht nach Chronologie des Drehbuchs, sondern in der Regel pro Drehort.

Nach Drehschluss liegt also ein Haufen „Schnipsel“ vor, der erst noch sortiert und in die richtige Abfolge gefügt wird. Film ist eine kleinteilige und zeitintensive Arbeit, die Genauigkeit, viel Organisation und Planung benötigt. Dennoch begegnet sie uns tagtäglich. Sei es über den Fernsehbildschirm, auf öffentlichen Displays oder an PCs und mobilen Varianten. Vor allem Unternehmen und öffentliche Einrichtungen greifen verstärkt auf Imagefilme zurück, um sich zu präsentieren. Denn das kann Film: direkt berühren.

Die Köpfe und Hände hinter einem Film bleiben jedoch oft im Verborgenen, ausgenommen bei großen Produktionen. Mainz hat in dieser Hinsicht einiges zu bieten – zum einen aufgrund der hiesigen Sendeanstalten von ZDF, SWR und 3Sat, zum anderen aber auch mit vielen kleinen Produktionsfirmen, die sich nicht selten aus Absolventen der medien- und filmbasierten Studiengänge von FH, Uni und Kunsthochschule rekrutieren.

Filmemacher in Mainz

Die Szene ist breit gestreut, als Außenstehender kaum zu überblicken. Bekanntere und über Mainz hinaus erfolgreiche Produktionsfirmen sind zum Beispiel Quadrolux, Kontrastfilm, das Autorenkombinat zum Teil oder Dropout Films, um nur einige wenige zu nennen. Etwa dreißig kleine bis mittlere Produktionsfirmen konnten wir ausfindig machen, darunter auch viele Selbstständige, die in der Branche arbeiten. Viele kennen sich untereinander, man weiß, auf wen man für welche Projekte zurückgreifen kann.

„Mund-zu-Mund- Propaganda, Connection und persönliche Kontakte sind ausschlaggebend, weniger große Außenwerbung“, sagt Daniel Seideneder von Dropout. Seit elf Jahren existiert sein Unternehmen mit Sitz am Fischtorplatz. Daniels Team besteht aus sieben festen Mitarbeitern, die aus den Bereichen Media-, Motion- sowie Kommunikations- Design kommen oder Autodidakten sind. Sie produzieren fürs TV (ZDFneo, 3sat etc.) oder dessen online-Kanäle (TerraX), drehen Werbe-, Image- und Kunstfilme.  „Man kann sagen: ein Drittel Kunst, ein Drittel TV und ein Drittel Werbung“, so Daniel weiter.

Die Kunstfilme, darunter Experimentelles, Dokumentationen, aber auch Musikvideos, sind meistens die Kür; Non-Profit- Projekte, in die viel Herzblut fließt und die bei Ausschreibungen für Filmwettbewerbe und -festivals eingereicht werden. Das Geld kommt über Unternehmensfilme und Auftragsproduktionen. Ähnlich verhält es sich bei Kontrastfilm in der Wallstraße. Auch sie produzieren: für TV-Formate wie das Kurzfilm-Magazin „Kurzschluss“ von arte/ZDF, Werbe- und Image-Filme, sie legen aber auch Wert auf den „klassischen“ Spielfilm.

Die Firma um den Produzenten Tidi Tiedemann, Kameramann Thomas Vollmar und den Cutter Wolfgang Ambos sowie drei weitere feste Mitarbeiter, existiert seit bald 15 Jahren. Sie engagiert sich in der Nachwuchs- und Filmförderung und unterstützt lokale Festivals oder Aktionen und Partys. Vom Kunstfilm deutlicher entfernt sind dagegen Quadrolux. Die vor zehn Jahren gegründete Firma um die Geschäftsführer Matthias Kirchmayer und Marcus Stiehl-Bruch ist hauptsächlich im Bereich Werbung und Imagefilm tätig und zeichnet sich verantwortlich für die Gestaltung des Reportage-Formates „frontal 21“ im ZDF.

Von der Idee zum Film

„Jeder verbindet mit einem Film in erster Linie den Dreh. Aber der Dreh nimmt im ganzen Prozess den kürzesten Teil ein“, sagt Wolf-Tassilo Sack von Dropout. Am Anfang steht die Planungsphase. Sie nimmt die meiste Zeit in Anspruch. Stehen Konzept und Storyboard, muss die Besetzung abgeklärt sowie eine entsprechende Location für den Dreh ermittelt und die nötige Technik zusammengetragen werden. Es braucht Drehgenehmigungen und nicht selten „Specials“ wie Tiere oder eine Stunt-Crew. Auch das muss natürlich im Vorfeld organisiert werden.

Dazu kommt die Verpflegung für die Crew (Catering) sowie die Unterbringung. So wird jeder Drehtag bereits im Vorfeld strukturiert. Je genauer die Planung, desto zügiger und reibungsloser verläuft alles, denn Zeit ist Geld. Die Technik, oft geliehen, kostet nicht wenig. Nach dem Dreh folgt schließlich die Postproduktion, also die digitale Nachbearbeitung der Bilder im Computer, der Schnitt sowie das Vertonen und Unterlegen der Bilder mit Audioinhalten. Die PostPro nimmt nochmals mehrere Wochen Zeit in Anspruch.

Alles in allem ein Unterfangen, bei welchem man dem End-Produkt die immense Arbeit kaum noch ansieht. Doch bis es überhaupt zu einem Auftrag für einen Film kommt, muss vor allem bei Unternehmensfilmen die Hürde eines Pitches bewältigt werden. Ähnlich einer Architekten-Ausschreibung tritt eine Agentur oder der Kunde an mehrere Produktionsfirmen heran und lässt sich ein Konzept inklusive Kostenkalkulation und Zeitplan erstellen und wählt schließlich unter den Einsendungen aus. Das bedeutet unentgeltliche Arbeit im Vorfeld, die nicht immer Früchte trägt und von vielen kritisiert wird.

Ohne Freelancer geht es nicht

Um im Budget zu bleiben und an verschiedene Techniken zu kommen, greifen die meisten Produktionsfirmen auf einen Pool an freien Medienschaffenden zurück. So etwa hat jeder Kameramann seine besondere „Handschrift“ oder der Stil eines Motion- Graphikers ist gefällig. Ohne Freelancer geht das nicht. „Mainz ist da sehr gut aufgestellt. Etwa das Kollektiv ‚Die Blase‘ (Bürogemeinschaft für visuelle Gestaltung) sowie Absolventen der Uni und Hochschule, die sich selbstständig gemacht haben“, zählt Wolfgang Ambos von Kontrastfilm auf.

Die Design-Studiengänge oder auch Filmwissenschaften der Uni sowie die Filmklasse der Kunsthochschule spucken Jahr um Jahr neue kreative Köpfe aus. Ein jeder möchte auf dem begrenzten Markt mitmischen. Daher bleiben viele Absolventen vor Ort, in der Hoffnung auf eine gute Auftragslage der ansässigen Filmproduktionen und Sendeanstalten. Nicht selten bleibt das Medien-Brot jedoch ein hartes Brot.

Fotos: Dropout Films