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Auf Streifzug durch Hechtsheim


Aus 15 Stadtteilen besteht Mainz. Alle reich an Charme und mit eigenen Facetten, Chancen, aber auch Problemen. Problematisch war vor allem der Beginn der Beziehung zwischen der Stadt Mainz und seinem heutigen Stadtteil Hechtsheim. Unter Protesten der Bevölkerung, die mit über 95 Prozent klar gegen die Eingemeindung war, wurde Hechtsheim dennoch am 8. Juni 1969 zwangseingemeindet. Daraufhin traten einige Mitglieder der CDU aus ihrer Partei aus.
Mit einer Fläche von 1.404 Hektar ist Hechtsheim der größte Mainzer Stadtteil. Zum Vergleich: Die Mainzer Altstadt findet mit 241 Hektar insgesamt fast sechs Mal darin Platz. Kein Wunder also, dass Hechtsheim das größte Mainzer Gewerbegebiet beherbergt. Glaubt man Ortsvorsteherin Ursula Groden-Kranich (CDU), liegt hier zudem das rheinland-pfälzische Weinzentrum. Tatsächlich finden sich in Hechtsheim Weinberge und Winzerhöfe, soweit das Auge reicht. Diese laden regelmäßig zum Probieren, etwa auf dem Weinfest im Kirchenstück, das 2010 sein 25-jähriges Jubiläum feierte.

Von Hechten und anderen Bewohnern
Erstmals urkundlich erwähnt wurde Hechtsheim am 17. Mai 808 durch das Kloster Fulda. Diesem vermachte der Hofstattbesitzer Vodilprath – ganz zum Ärgernis seiner Erben – seinen gesamten Besitz. Hintergrund der Schenkung: Damals war es üblich, ein Kloster nach dem Tod für das Seelenheil beten zu lassen. Es liegt also die Vermutung nahe, dass Vodilprath kein Gutmensch war, sondern sich von der Schenkung vor allem die Vergebung seiner Sünden und damit eine verkürzte Zeit im Fegefeuer erhoffte. Anno dazumal hieß der Stadtteil übrigens Hehhidesheim, was so viel bedeutet wie „Heim des Hahith“, im Genitiv mit der Endung „-heim“, und somit auf diese Person zurückzuführen ist. Es geht also nicht um Karpfen, Hechte und andere Wasserbewohner, die dennoch hin und wieder auf Schildern, Plakaten sowie dem ortseigenen Wappen zu erblicken sind. Gebürtige Ortsbewohner hören übrigens auf den Namen „Hexemer“ und nennen ihr Hechtsheim kurz und liebevoll „Hexem“. Mit Hexemern und Hechtsheimern verhält es sich übrigens genauso wie mit Meenzern und Mainzern. Feiern können beide, aber den richtigen Titel erhält man nur qua Geburt, da gibt es kein Pardon. Einen waschechten Hexemer Bub dürften die meisten Mainzer Fußball-Fans kennen: Klaus Hafner, Stadionsprecher des 1. FSV Mainz 05. Bekannte Wahl-Hechtsheimer gibt es allerdings auch. Unter ihnen ZDF-Intendant Markus Schächter und der ehemalige Torwart des 1. FSV Mainz 05, Dimo Wache.

Hechtsheimer Glanzpunkte
Was muss ein Besucher gesehen haben, wenn er einen Tag zu Gast in Hechtheim ist? Er beginnt den Ausflug am besten auf der Hechtsheimer Höhe, wo er vom Mainzer Hauptbahnhof kommend gemütlich mit der Linie 64 oder 65 anreist (Haltestelle Weisenauer Weg). Vorbei an der Teufelskaute zeigt sich Hechtsheim von oben betrachtet in all seinen Facetten: Geradeaus liegt dem Ausflügler das Gewerbegebiet zu Füßen, der Blick nach links hält den alten Ortskern bereit und ringsum aufgestellte Rebstöcke zur Begrüßung. Ein Spaziergang entlang der Weinberge führt über den Mittelweg zur Alten Mainzer Straße. Hier befindet sich der Besucher auf der „Einkaufsmeile“ von Hechtsheim. Der Straße folgend geht es geradewegs zum kleinen Ortskern, durch den ein dörflicher Wind weht und der mit seinen pittoresken Straßen besonders einladend anmutet. Vorbei an der Ortsverwaltung zieht sich die Bergstraße zu der erhöht gelegenen katholischen Sankt Pankratius Kirche. Von hier aus hat man einen wunderbaren Ausblick über den Weinort. Im Anschluss bietet sich ein Spaziergang an zwischen den Feldern am Laubenheimer Pfad entlang bis zur Bodenheimer Straße. So viel frische Luft macht hungrig. Deshalb flinken Fußes über den Kleinen Bergweg und die Morschstraße zurück zum Ortskern. Für die Mittagspause kehrt der Besucher im Scheunen-Restaurant Pankratiushof am Lindenplatz ein, das in rustikalem und warmem Ambiente zum Genuss von Gerichten einlädt, die mit Zutaten aus eigenem Anbau zubereitet werden (Montag bis Freitag von 10 bis 15 Uhr geöffnet). Obst und Gemüse können übrigens direkt nebenan im Hofladen erworben werden. Im Anschluss lohnt sich ein Abstecher in die Heuerstraße, wo sich der alte jüdische Friedhof des Ortes befindet. Dort fand im Dezember 1938 die letzte Beerdigung statt. Wer die hinter einem schmiedeeisernen Tor gelegene Ruhestätte besichtigen möchte, kann sich den Schlüssel bei der Ortsverwaltung abholen. Ebenfalls in der Heuerstraße befindet sich das Atelier von Maler Roman Schmelter, wo Besucher von Dienstag bis Samstag kreative Luft schnuppern können. In Malkursen lassen Phantasievolle unter seiner Anleitung ihrer Kreativität freien Lauf.

Hier endet auch schon unser Streifzug durch Hechtsheim. Allen Lesern, die uns gefolgt sind, sei geraten, noch ein wenig auf eigene Faust durch die schönen Gässchen zu flanieren. Neben liebevoll gestalteten Häuserfassaden gibt es hier vieles zu entdecken. Mit etwas Glück trifft man in der Hechtsheimer Winkelgasse vielleicht sogar auf einen berühmten Zauberschüler. Das glauben Sie jetzt nicht? Sie haben Recht, das wäre auch wirklich etwas zu viel des Guten. Ob alles andere stimmt, finden Sie am besten selbst heraus – es lohnt sich.

Dimo Wache, ehemaliger Torwart von Mainz 05 und jetzt Inhaber vom Dimo Wache Sportgeschäft am Gutenbergplatz.

Der gelernte Metzger wohnt seit 13 Jahren in Mainz-Hechtsheim: „Hechtsheim ist meine Heimat geworden. Meine Frau ist auch Hechtsheimerin.“

Konrad Meier (61) ist Besitzer des Weinguts Karthäuserhof. Für ihn ist Hechtsheim seit seiner Kindheit Heimat und später sogar Arbeitsplatz – von Hölle keine Spur.

Konrad: „Ich komme ursprünglich aus Wiesbaden-Schierstein. Mein Großvater hat 1936 hier in Hechtsheim den Hof gekauft, seitdem ist er in Familienbesitz. Ich fühle mich hier sehr wohl. Wir haben insgesamt 16 Winzer in Hechtsheim, das ist eine stolze Zahl. Im aktiven Winzerverein organisieren wir regelmäßig Weinfeste, wie das im Kirchenstück.“

Echte Hexemer: Das Ehepaar Karl in ihrem Wohnzimmer in Hechtsheim. Hans Karl (81) wurde 1929 in diesem Haus geboren. Ein paar Jahre später – und ein paar Häuser weiter – kam seine Frau Erika (76) zur Welt.

Erika: „Hier ist es gut. Vor allem, weil wir noch viele Bauern und Winzer haben.“

Hans: „Hechtsheim ist ein guter Platz zum Wohnen. Das zeigt sich auch daran, dass die Einwohnerzahl in den vergangenen Jahren von 5.000 auf 15.000 Menschen angestiegen ist.“