Niklas Kaul: jüngster Zehnkampf- Weltmeister aller Zeiten, deutscher Sportler des Jahres, Bambi-Preisträger und ein Vorbild. Ganz Mainz ist stolz auf die Erfolge des Studenten, der beim USC Mainz auf dem Gelände der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) trainiert.
Die Bedingungen in der Leichtathletikhalle sind aber alles andere als gut: Putz bröckelt von den Wänden und die Hochsprung-Matte ist nicht für 2 Meter-Sprünge geeignet. Doch das macht dem Weltmeister nichts aus. „Die Uni bemüht sich und hält auch mit uns Rücksprache“, so Kaul. Trotzdem: Die Halle ist alt. Vor über 50 Jahren wurde sie gebaut und ist nicht mehr zeitgemäß. Eine neue Halle ist nun im Gespräch. Denn spätestens seit Kaul ist klar, dass man so nicht dem Ruf einer „Sportstadt“ gerecht wird. Um den laufenden Vereinssport nicht zu unterbrechen, soll die neue Halle in der Nähe der Volleyballfeldern
gebaut und die alte Halle im Anschluss abgerissen werden, so USC-Vorsitzender Detlev Höhne. Die Halle gehört zur Uni und fällt somit nicht in die Verantwortung der Kommune. Deshalb müssen sich für die Finanzierung der USC, die JGU und das Innen-, das Wissenschafts- sowie das Finanzministerium zusammensetzen. Höhne möchte auch den Landessportbund und den Deutschen Olympischen Sportbund mit an den Tisch nehmen. In zehn Jahren könnte die neue Halle stehen. Die finanzielle Situation des USCist ein Problem. Der Verein finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und jährlich 6.000 Euro Leistungsförderung. Das ist nicht viel. Außerdem gibt es keinen hauptamtlichen Trainer, sondern 31 ehrenamtliche, die 350 Kinder trainieren. Zu ihnen gehören auch Niklas Eltern, Stefanie und Michael Kaul. Das Land müsste also in den Verein investieren, damit der Zehnkämpfer keine Ausnahme bleibt. Denn nur dank Sportlern wie ihm erfährt Mainz und Rheinland- Pfalz einen sportlichen Aufschwung. Sein Erfolg führte auch dazu, dass Carolin Schäfer zum USC wechselt – trotz der suboptimalen Bedingungen. Die Vize- Weltmeisterin 2017 im Siebenkampf bereitet sich zusammen mit Kaul auf die Olympischen Spiele2020 in Tokio vor. Um solche Wechsel auch zukünftig zu fördern, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Denn andere Städte haben auch viel zu bieten, wie zum Beispiel der Olympiastützpunkt Rheinland-Pfalz / Saarland in Saarbrücken oder in Ludwigshafen. „Das Land muss sich klar werden, wohin es will und ob es noch Olympiastarter aus seinen Reihen haben will“, meint Höhne.
Bau einer Großsporthalle
Die Unterstützung des Deutschen Leichtathletik Verbands (DLV) ist auf regionaler Ebene gering. Lokal setzt sich der Sportverband Mainz e.V., der aus 126 Mitgliedsvereinen besteht, für die Interessen der Sportler und Vereine ein. So auch beim Projekt einer geplanten Groß-Felsporthalle für Mainz. Bereits im Dezember 2018 formulierte der damalige Präsident des Sportbundes Rheinhessen, Helmut Graf von Moltke, konkrete Pläne. Seit dem 7. März 2019 steht der Beschluss des Sportausschusses nun. Nach Gesprächen zwischen Politikern und Vereinen wurden konkrete Ziele benannt. Dazu gehören u. a. sechs voneinander trennbare Hallen, ausfahrbare Bühnen für 2.600 Zuschauer und Räumlichkeiten für Sonderveranstaltungen. Der Plan: Die jetzige Halle „Am großen Sand“ in Mombach wird abgerissen und auf dem gleichen Gelände neu gebaut. Auch die Finanzierung sieht besser aus denn je: 1,5 Mio. Euro Planungsmittel stehen bereit und auch der Name der Halle könnte vermarktet werden. Nur noch der Stadtrat muss seinen Segen geben. „Dann ist es realistisch, dass wir die Halle in vier bis fünf Jahren eröffnen können“, so Bürgermeister und Sportdezernent Günter Beck.
Aus der Vergangenheit lernen
Alles könnte klappen, wenn sich der Bau der Halle(n) nicht so lange verzögern würde wie beim Gymnasium Oberstadt und dem Otto- Schott-Gymnasium (OSG). Baustart der beiden Drei-Felder-Hallen hier war im Mai 2018. Sie sollten bereits Ende 2018 fertiggestellt werden. Doch es kam zu Verschiebungen aufgrund kontaminierten Bodens, schlechter Kommunikation und fehlender Handwerker. Die Halle wurde schließlich provisorisch im August 2019 geöffnet. Die Sanitäranlagen funktionierten immer noch nicht. Die Volleyballerinnen in Gonsenheim mussten ihre Trainingspläne anpassen, das OSG seine Stundenpläne. Einen Mangel haben beide Hallen bis heute: Es existiert kein separater Eingang für die Sportler. Dabei sollten hier Bundesligaspiele stattfinden. Im September bangten die Handballerinnen vom 1. FSV Mainz 05 um das erste jene in der neuen Halle. Das Heimspiel gegen den Thüringer HC konnte am Ende glücklicherweise stattfinden. Ansonsten musste man nach Wiesbaden ausweichen.
Baustellen Lerchenberg und Finthen
Seit 2017 ist auch auf dem Lerchenberg eine neue Halle für Schüler und den Sportclub Lerchenberg geplant. Auf einem Gelände neben der Kita soll ein extrahohes Gebäude zum Trampolinspringen errichtet werden – jedoch ohne Tribüne. Das Land sah dafür keine (schulpädagogische) Begründung. Doch wie sollen Trampolinspringen und Basketballspiele ohne Zuschauer stattfinden? Oberbürgermeister Ebling entschied sich letztlich für den Bau der Tribüne – ohne Unterstützung des Landes: „Als Stadt müssen wir das Risiko in Kauf nehmen. Alles andere macht keinen Sinn“, so Ebling. Auch in Finthen soll ab dem Sommer 2020 für die Peter-Härtling- Grundschule eine Halle gebaut werden. Die gewünschte Drei-Felder-Halle wird aber aus Platz-, Zeitund Finanzierungsgründen nicht zustande kommen. Stattdessen gibt es eine kleinere Variante für schulische Zwecke, zum Leidwesen der Vereine. Sie müssen geduldig bleiben.
Sportstadt Mainz?
Es gibt noch viel zu tun, in der „Sportstadt“ Mainz. Aber sie ist auf einem guten Weg: Viele Hallen sind in Bau und Planung und mithilfe des Sportverbands werden die Umsetzungen hoffentlich schneller und im Sinne der Sportler sein. Die Erfolge von Niklas Kaul und den Handballerinnen von Mainz 05 machen Mainz aber allein noch zu keiner Sportstadt. Die Trainingsbedingungen müssen in allen Sparten stimmen; der Nachwuchssport weiter gefördert werden. Denn wir alle freuen uns über sportliche Erfolge. Doch dafür benötigt es mehr Geld.
Anke Wichmann