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2×5 Interview mit „Mine“

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Am 15. April erscheint dein neues Album „Das Ziel Ist Im Weg“. Es ist stilistisch sehr abwechslungsreich und manchmal fast ein wenig düster. Hast du ein bestimmtes Konzept verfolgt?

Nein, kein konkretes Konzept. Ich habe nicht vorher daran gedacht, wie das klingen soll, sondern einfach Songs genommen, die mir am besten gefallen. Ich produziere und schreibe ja für gewöhnlich ein bis drei Songs im Monat. Gleichzeitig höre ich viel verschiedene Musik und bin dann mit den ausgewählten Liedern zu meinen Produzenten und wir haben das Ganze noch ein wenig verfeinert mit Streichern, einem Chor, Schlagzeug usw. Um die 20 Musiker haben Sachen dazu eingespielt. Ich habe aber das Gefühl, dass das Album sehr exzentrisch ist und dass es durch diesen Wechsel der Genres keinen Menschen geben wird, der es von vorne bis hinten mögen wird außer mir selbst.

Verändert sich durch deine Bekanntheit langsam die Dimension des Erfolges?

Es ist ja kein explosionsartiges Wachstum, sondern ein langsames. Dadurch habe ich nie das Gefühl ‚ich habe es total drauf‘ und ich fühle mich auch nicht besonders erfolgreich. Es ist ein gesundes Wachstum und ich habe das Gefühl, dass die Zuhörer bei mir wiederkommen und länger bleiben. Ich hätte auch ein bisschen Angst davor, wenn meine Songs durch Geld und eine Promotion-Maschinerie liefen und große Hits wären.

Auf der Bühne stehst du meistens mit Band. Wie ist es für dich, da trotzdem nur unter deinem Namen „Mine“ aufzutreten?

Es ist klar, dass es im Grunde mein Projekt ist. Ich schreibe alles, produziere die Lieder, schreibe die Noten, bin beim Management dabei und auch sonst allen Prozessen. Natürlich bringen alle ihren Sound, Technik und Talent mit ein und beeinflussen damit das Projekt. Aber im Grunde habe ich das erste und letzte Wort und das ist auch gut so. Ich habe es auch mal mit einem Bandprojekt probiert und dann verstanden, dass das nicht so mein Ding ist. Ich brauche die kreative Freiheit für mich selbst und bin nur selten bereit, kreative Kompromisse einzugehen.

Die meisten Musiker ziehen nach Berlin. Wie stehst du dazu?

Es ist schon interessant dort, aber da hängen auch wieder so viele „coole“ Leute ab, dass man ständig nur unterwegs ist und zu nichts kommt. Daher bin ich ganz froh, dass ich in Mainz auch manchmal gelangweilt bin, dann schreibe ich nämlich viel Musik. Aber ich ändere meine Meinung bei solchen Dingen schnell. Es kann gut sein, dass ich nächsten Monat eine Wohnung in Berlin suche. Genauso gut kann es aber auch sein, dass ich hier nie wieder weggehe. In solchen Belangen bin ich sehr sprunghaft. Wenn ich aber eine Entscheidung getroffen habe, dann ziehe ich das auch durch.

Du unterrichtest auch Gesang an der Uni. Wie ist das für dich?

Für mich ist das wichtigste, nicht zu viel in die Menschen hinein zu unterrichten. Weil sich sonst ein Alltag einschleicht und da kann man seine Leidenschaft verlieren. Ich sehe technisches Können nur als Pool, aus dem ich fischen kann, um mich auszudrücken. Man muss sein Handwerk beherrschen, aber es dann auch wieder vergessen und Kunst draus machen.

Mensch

 

Wie bist du zur Musik und nach Mainz gekommen?

Ich komme aus der Nähe von Stuttgart und habe dort sehr früh mit Gesang angefangen, Blockflöte, Klavier und Schlagzeug gespielt – mit fünf habe ich zum ersten Mal bei einem Gesangswettbewerb mitgemacht. Aber bis ich zwanzig war, habe ich das nie richtig als Beruf gesehen. Das war für mich eher ein erfüllendes Hobby. Dann bin ich nach Mainz gezogen, um hier Jazz-Gesang zu studieren. Zwischendurch war ich noch in Mannheim an der Pop-Akademie. Mainz hat mir damals so eine Heimat gegeben und gute Freunde. Ich habe auch die ganze Zeit überlegt, nach Berlin zu ziehen, aber bisher habe ich es nicht übers Herz gebracht.

Wo kann man dich in Mainz treffen?

Da wo die coolsten Konzerte sind, da gibt es ja nicht allzu viel Auswahl hier. Von daher zum Beispiel im schon schön, oder sonst trinke ich auch gern Kaffee in der Kaffeekommune oder esse Sushi im Buddhas. Ansonsten gehe ich mehr privat weg bei Freunden. Ich laufe auch noch viel, im Gonsenheimer Wald oder am Rhein. Das Gute an Mainz ist ja, dass es hier nie so richtig voll ist.

Mit welcher Musik bist du aufgewachsen?

Früher habe ich viel Ami-Rap gehört, wie Tupac, aber auch Rock bis hin zu Metal und richtig schnulzigen Pop wie Avril Lavigne. Bei ihrem Album war ich so 16-17. Wirklich nach Musik gesucht habe ich erst mit 21 Jahren. Heute höre ich einen Mix aus Indie, Hip-Hop und Trash-Pop, alles was irgendwie anders ist, experimentell und mich abholt. Klassische Musik habe ich durch die Schule auch viel gehört, da steh ich vor allem auf Romantik.

Romantiker sind oft introvertiert. Wie siehst du dich selbst?

Ich kann das schwer einschätzen. Ich bin inzwischen mehr Optimist als Pessimist. Ich kann introvertiert sein, aber ich gehe auch unter Menschen, wenn ich richtig Bock darauf habe. Wobei ich nirgends hingehe, wo extrem viele Menschen sind, das strengt mich an. Am liebsten bin ich unter Freunden. Wenn ich gerade nachdenklich bin und schreibe, dann bin ich gerne allein und zurückgezogen. Ich bin auch kein Mensch, der Probleme ausbreitet und viel bespricht, sondern schreibe dann Musik darüber. Vielleicht kommt es daher, dass ich viel melancholische Musik habe.

Hast du ein Lebensmotto?

Ja: Keine schlechte Schreibe! Das habe ich mir geklaut von dem Film ‚Das geheime Fenster‘ mit Johnny Depp. Er spielt da einen Schriftsteller, der anfängt zu schreiben und es dann durchstreicht und sagt ‚nein, keine schlechte Schreibe!‘ Ich fand das total gut, weil man nie mit etwas zufrieden sein sollte, was man selbst nicht gut findet. Lieber würde ich für eine Weile nichts machen, als irgendwas aus Kompromissbereitschaft zu machen.

 

Interview: David Gutsche  Foto: Jana Kay