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2×5 Interview mit Catherine Rückwardt

Interview: David Gutsche
Foto: Ramon Haindl

Was sind die Aufgaben einer Generalmusikdirektorin und was
bedeutet dieser Titel?

Die Aufgaben umfassen die Pflege des Klangbildes des Orchesters oder Musiktheaterensembles. Ich bin sowohl für das Staatstheater, als auch für das philharmonische Staatsorchester zuständig. Auch die Entwicklung des Konzertspielplans ist meine Aufgabe. Ein Generalmusikdirektor ist eigentlich für die Musik der ganzen Stadt zuständig. Ich gehe also auch mal in ein Kirchenkonzert oder versuche möglichst viel vom Musikleben der Stadt mitzubekommen. Der Titel hat sich allerdings im Laufe der Jahrzehnte etwas abgeschliffen.

Welche Eigenschaften benötigt man als Dirigentin? Ein großes Ego?
Es gibt ein ganz tolles Buch darüber: „Der Mythos vom Maestro“. Es beschreibt, was es braucht, um Dirigent zu sein. Auf der einen Seite Autorität, aber auch die Möglichkeit loszulassen und etwas zu akzeptieren, diese 80 verschiedenen Meinungen aus dem Orchester unter einen Hut zu bringen. Sowohl Teamfähigkeit als auch Führungspersönlichkeit sind gefragt.

Ist Ihre Beziehung zum Orchester demokratisch oder diktatorisch?
Ich versuche den Musikern Freiraum zu geben, um sich selbst zu entfalten. Trotzdem weiß ich, was ich will. Allerdings wäre es dumm, wenn ich nicht akzeptieren würde, was mir die Musiker an Erfahrung entgegenbringen. Manchmal muss man aber auch ganz klare Entscheidungen treffen.

Warum gibt es so wenige weibliche Dirigenten?
Das hängt mit dieser Autoritätsfrage zusammen. Die meisten Frauen meiner Generation wurden nicht dazu erzogen, Autorität anzustreben. Das mag heute ein wenig anders sein, aber auch nicht wirklich. Zwar haben wir eine Bundeskanzlerin und so weiter, aber immer noch nicht mehr Generalmusikdirektorinnen und andere Frauen in Führungspositionen als vor 20 oder 30 Jahren.

Was sind positive und negative Aspekte bei Ihrem Job?
Der positivste Aspekt ist, dass ich mit wunderbaren Menschen zusammenkomme. Menschen aus dem Orchester, im Ensemble oder auch im Publikum. Bruno Walter hat einmal gesagt „Die Musik macht bessere Menschen aus uns“, und daran glaube ich fest. Das verbindet auf eine Art, mit viel Harmonie. Immer noch der beste Grund, um den Beruf zu ergreifen. Die negativen Aspekte sind die eines jeden Führungsjobs. Ich muss oft unpopuläre Entscheidungen treffen und mir wird nachgesagt, bedarfsgerecht zu handeln. Weil mich der eine manchmal mehr braucht als der andere. Das ist dann vielleicht nicht immer absolut gerecht und vermittelt sich nicht leicht.

Nach zehn Jahren verlassen Sie Mainz. Wohin geht die Reise?
Mein Vertrag läuft zum Ende der Spielzeit im August aus. Am 2. Juli ist das letzte Konzert. Meine Pläne für das kommende Jahr sind aber noch nicht spruchreif. Es wird einige Veränderungen geben, doch zuerst nehme ich eine künstlerische Pause, um Luft zu schnappen.

Sie sind viel in Deutschland herumgekommen. Was gefällt Ihnen an Mainz?
Mainz ist ein ganz besonderer Ort. Ich habe die Stadt sehr lieb gewonnen und die Menschen hier schätzen gelernt. Das berühmte Wir-Gefühl, das die Fußballer zu Höhenflügen inspiriert, setzt sich auch im Musikalischen durch. Unser Publikum begleitet die Innovationen, die ich im Konzertbereich eingeführt habe, und auch das Orchester macht mit. Ja, das ist eine schöne Zeit.

Womit verbringen Sie Ihre Freizeit?
Ich habe gar keine Freizeit. Die Arbeit durchflutet mein gesamtes Leben. Ich kann nicht das Büro zuschließen und sagen, so jetzt habe ich erst mal Freizeit. Die künstlerische Arbeit geht immer weiter, auch nachts. Natürlich versuche ich, im Privaten eine Balance zu finden. Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder. Ich bin auch leidenschaftlich gerne verheiratet. Mein Mann ist selbst Musiker in Bremen. Er spielt Bassposaune, das Fundament im Orchester. Übrigens auch im Privaten gibt er den Ton an. Jedenfalls versuche ich auch dort bedarfsgerecht zu handeln.

Wie bringen Sie andere zum Lachen?
Da muss ich länger überlegen. Also nicht so direkt. Letztens hatten wir einen musikalischen Abend mit lustigen, teilweise bissigen Texten. Bei so etwas bin ich gerne dabei und es macht mir viel Spaß, wenn die Leute darüber lachen. Ich bin also eher das Medium, das andere zum Lachen bringt.

Haben Sie ein Lebensmotto?
Ja. „Niemals aufgeben“. Wir fallen immer wieder auf die Füße.