von Felix Monsees, Fotos: Jana Kay
Ab August 2013 wird es einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem ersten Lebensjahr geben. Um den erfüllen zu können, muss die Stadt Mainz bis 2014 um die 500 neuen Plätze schaffen. Sind Elterninitiativen vielleicht besser und billiger?
Vor der Frage „Wohin mit dem Kind?“ stand Jo Lichtner wie so viele Eltern bei der Geburt seiner Kinder Ella und Fabian. Weil der PRBerater für Umweltthemen keinen Kindergartenplatz fand, sicherte er seiner Tochter einen Platz im Mainzer Kinderhaus, einer freien Elterninitiative. Damals eine teure Lösung. Zu einer Aufnahmegebühr von 150 Euro kommt ein monatlicher Beitrag, zum Beispiel für Kinder unter drei Jahren etwa 130 Euro. Die übrigen gut 75 Prozent kommen von Stadt und Land. Dazu kommt noch eine Menge ehrenamtliches Engagement. Eltern übernehmen die Geschäftsführung, renovieren, gärtnern und sammeln Spenden. Lichtner macht am liebsten den Küchendienst. Für 45 Kinder und die Erzieher muss eingekauft und zubereitet werden, vorwiegend Bio. Anstrengend, aber: „Das Essen ist verdammt gut“, sagt der stolze Koch. Die Elterninitiative sei für Lichtner längst kein teures Muss mehr, sondern das Beste, was seinen Kindern passieren konnte.
Rettung durch Umwandlung
Das Geld ist auch im Kinderhaus knapp und Planungssicherheit fehlt. Zwar verwaltet der Vorstand 250.000 Euro Umsatz, aber keinen Gewinn. Deshalb hat das Kinderhaus als erstes von 18 Mainzer Elterninitiativen (Inis) das Angebot von Sozialdezernent Kurt Merkator angenommen, in eine Regeleinrichtung umgewandelt zu werden. Für die „Inis“ bedeutet das, sich den Regeln des KiTa-Gesetzes des Landes zu unterwerfen. Das schreibt beispielsweise die tarifliche Bezahlung der Erzieher vor und auf wie viele Kinder ein pädagogischer Mitarbeiter kommen muss. Als Belohnung winkt die Übernahme von 90 Prozent der Personalkosten durch die Stadt Mainz. Bisher wurden die Initiativen auf freiwilliger Basis gefördert, doch in Zeiten knapper Kassen gehe das in Zukunft vielleicht nicht mehr. Mit jeder Umwandlung in Regeleinrichtungen spart die klamme Stadt nämlich viel Geld, denn für Elterninitiativen zahlt die Kommune, für reguläre KiTas das Land. Eine Umwandlung sei deshalb ein starker Wunsch der Stadt, sagt Regine Schuster vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, die sich für die Interessen von zwölf Mainzer Elterninitiativen einsetzt. Auch Merkator sagt uns: „Wir brauchen jeden Euro! Denn die Stadt Mainz nimmt gerade noch einmal 27 Mio. Euro in die Hand, um die anstehenden und schon existierenden Rechtsansprüche im Kitabereich zu erfüllen.“
Boom in Frankfurt, Überlebenskampf in Mainz
Die Stadt macht viel, sagt auch Bernd Oliver Sünderhauf. Der Student der Sozialwissenschaften ist Vater des zweijährigen Jonas und Vorsitzender der Elterninitiative Rappelkiste. Trotzdem sollte die Stadt lieber die Initiativen unterstützen als Geld in neue Kitas zu stopfen. Inis würden die Kinderbetreuung generell besser und durch das ehrenamtliche Engagement auch billiger umsetzen, ist seine Meinung. Seinen eigenen Sohn würde er nie in eine städtische Kita stecken, nach allem was er mitbekommen habe, seien die Umstände katastrophal, das Personal gestresst und überfordert. Die Stadt solle zumindest etwas von dem Geld, welches sie durch die Umwandlung spart, an die Initiativen weitergeben und somit auch die Vielfalt an Betreuungseinrichtungen unterstützen. Vor allem in Städten wie München und Frankfurt seien Elterninitiativen am boomen. In Mainz geraten sie zusehends in Bedrängnis. „Panikmache gilt nicht“, erwidert Merkator. Man solle erst Gespräche mit dem Familienministerium abwarten, an denen auch Regine Schuster vom Paritätischen Wohlfahrtsverband teilnimmt. Man arbeite an einer bestmöglichen Lösung für alle Beteiligten. Übrigens: Auch bei einer Umwandlung in eine Regeleinrichtung bliebe das pädagogische Konzept der Elterninitiativen unangetastet, betont Schuster.