Der Großteil der Wärmeversorgung in Deutschland wird mit fossilen Brennstoffen gedeckt, der Ausstoß von Klimagasen im Wärmebereich ist beträchtlich. Mainz ist da keine Ausnahme: Aktuell heizen hier mehrere zehntausend Haushalte und Gewerbebetreibende ihre Häuser und Betriebe noch mit Erdöl, Kohle oder Erdgas.
Wenn die vom Stadtrat beschlossene Energiewende gelingen soll, ist eine Wärmewende notwendig. Mainz ist da schon weiter als viele andere Städte: Seit gut einem Jahr untersuchen Experten der GEF Ingenieur AG zusammen mit Fachleuten der Mainzer Stadtwerke AG und in Zusammenarbeit mit der Stadt Mainz, wie eine klimaneutrale Wärmewende in Mainz zügig, wirtschaftlich und mit einer breiten Akzeptanz der Bürger umgesetzt werden kann. Jetzt liegt das fast 100 Seiten umfassende Gutachten vor. Nachdem sich der Stadtvorstand mit der Untersuchung beschäftigt hat, stellten heute die Mainzer Umweltdezernentin Janina Steinkrüger und Stadtwerke-Vorstand Dr. Tobias Brosze die Ergebnisse des Wärmemasterplans 2.0 für Mainz bei einem Pressegespräch vor.
In ihrer Untersuchung haben die GEF-Gutachter zunächst die aktuell bestehenden Wärmeversorgungsmöglichkeiten wie beispielsweise Erdgasheizungen, ein Fernwärmeanschluss, Wärmepumpen oder Pelletkessel im Hinblick auf die Zuverlässigkeit der Technik, auf Wirtschaftlichkeit und Ökologie, auf rechtliche Rahmenbedingungen oder auch im Hinblick auf die Akzeptanz bei Bürgern bewertet. „Fernwärme stellt sich aus Sicht der Verbraucher als die günstigste Lösung zur klimaneutralen Wärmeversorgung dar und sollte daher massiv ausgebaut werden“, erläutert Dr. Stefan Richter, Vorstand der GEF Ingenieur AG, das Ergebnis dieses Rankings.
Nächstbessere Varianten sind laut den Gutachtern Luftwärmepumpen, gefolgt von Erdwärmepumpen, danach kommen Holzpelletskessel und Wasserstoff-geeignete Gaskessel. Reine Erdgaskessel oder Ölheizungen erfüllen die neuen verbindlichen ökologischen und rechtlichen Kriterien des Gebäudeenergiegesetzes nicht und stellen deshalb keine mittel- und langfristigen Alternativen mehr in der Wärmeerzeugung dar.
Wo soll in Mainz künftig wie geheizt werden?
Wichtiger als Neubaugebiete, bei denen sich eine klimaverträgliche Wärmeversorgung vorher recht gut planen lässt, sind für die Wärmewende die bestehenden Gebäude in Mainz. Denn hier ist das CO2-Einsparpotenzial am größten.
Die GEF Ingenieur AG hat das Mainzer Stadtgebiet in 35 Untergebiete aufgeteilt – die Einteilung der Areale erfolgte dabei unter anderem anhand des aktuellen und künftig erwarteten Wärmeverbrauchs in dem jeweiligen Gebiet, der dort bereits vorhandenen Leitungsnetze wie etwa Fernwärme oder Erdgas sowie aufgrund städtebaulicher Gegebenheiten und existierenden Gebäudestrukturen. Wichtig dabei ist insbesondere der aktuelle und der künftig erwartete Wärmeverbrauch in einem Areal. Teilweise konnte für den Wärmemasterplan 2.0 dabei auf Daten aus dem 1. Mainzer Wärmemasterplan aus dem Jahr 2015 zurückgegriffen werden, teilweise wurden Daten aktualisiert. Warum sind die Wärmeverbräuche so wichtig? Fernwärme belegte beim GEF-Ranking der klimafreundlichen Erzeugungsarten nicht nur den ersten Platz. In Mainz gibt es bereits ein Fernwärmenetz mit einer Länge von mehr als 100 Kilometern. Doch der Fernwärmeausbau ist aufwändig, Fernwärme eignet sich daher vor allem in Gebieten mit hohem Wärmeverbrauch wie beispielsweise bei einer Blockbebauung. Für Ein- und Zweifamilienhäuser ist die Fernwärme nicht unbedingt geeignet.
Janina Steinkrüger machte deutlich, dass der Wärmemasterplan 2.0 zwar noch keine verbindliche Festlegung für eine bestimmte Art der künftigen Wärmeerzeugung in einem bestimmten Stadtteil oder Gebiet darstellt. „Die Experten machen aber sehr konkrete Vorschläge und liefern eine fundierte Grundlage für die jetzt anstehende kommunale Wärmeplanung. Mit der jetzt vorliegenden Untersuchung haben wir einen sehr soliden Grundstein gelegt, für die nächsten Schritte bei der Wärmewende.“
Dr. Tobias Brosze: „Die Stadt Mainz wird auf den Ergebnissen des Wärmemasterplans 2.0 die Erstellung der Kommunalen Wärmeplanung vorantreiben. Und die Mainzer Stadtwerke AG wird parallel ihre Wärmestrategie konkretisieren. Unter anderem betrifft das den weiteren Ausbau der Fernwärme in Mainz, aber auch den Ausbau des Stromnetzes für den zu erwartenden Zubau von Wärmepumpen. Und wir werden Lösungen weiterentwickeln für Gebiete, in denen der Fernwärmeausbau keinen Sinn macht.“
Empfehlungen des Wärmemasterplans für die Stadtgebiete
Die nachfolgenden Gebietskarten kennzeichnen Areale, für die die GEF-Gutachter bestimmte Wärmeversorgungsarten empfehlen. Insgesamt gibt es fünf Einteilungen über das Stadtgebiet verteilt. Dabei ist aber zu beachten, dass die Zuordnung eines Gebietes in eine Wärme-Versorgungskategorie durchaus Ausnahmen zulässt. So wird die Mainzer Neustadt zwar als Fernwärme-Vorranggebiet eingestuft. Das heißt aber nicht, dass automatisch alle Gebäude der Neustadt in den kommenden Jahren und Jahrzehnten ans Fernwärmenetz angeschlossen werden müssen. Im Gegenzug kann es auch sein, dass in einem Stadtteil, der im WMP 2.0 überwiegend für die dezentrale Versorgung als geeignet angesehen wird, in einzelnen Bereichen nicht auch eine Fernwärmeversorgung sinnvoll sein könnte. Genaueres wird dazu in der Kommunalen Wärmeplanung festgelegt, die bis Mitte 2026 fertig sein muss.
- Fernwärme-Vorranggebiete
Die GEF Ingenieur AG identifizierte im Rahmen der Untersuchung sieben Gebiete im Stadtgebiet, die als Fernwärme-Vorranggebiet möglichst zügig flächendeckend mit Fernwärme erschlossen werden sollen. Besonders hervorzuheben sind hierbei die Neustadt und die Altstadt. In diesen Bereichen treten aufgrund der engen Bebauung die höchsten Wärmedichten im Stadtgebiet auf. Zusätzlich weist das vorhandene Erdgasnetz insbesondere in der Neustadt und der Altstadt Nord einen hohen kurzfristigen Erneuerungsbedarf auf. Stefan Richter: „Aufgrund dieser Randbedingungen wird empfohlen, diesen Gebieten eine hohe Priorität im Rahmen der Wärmewende einzuräumen und zeitnah die Planung für eine gebietsweite Umstellung auf Fernwärmeversorgung anzustoßen.“
Das Gebiet Lerchenberg nimmt bei den identifizierten Fernwärme-Vorranggebieten eine Sonderrolle ein, da der Lerchenberg bereits ein Fernwärme-Satzungsgebiet ist und über kein Gasnetz verfügt. Das Universitätsgelände nimmt ebenfalls eine Sonderrolle ein, da dieses Areal heute bereits zum großen Teil mit Fernwärme vollversorgt wird. Zusätzlich wurde auch das Gebiet Oberstadt-Mitte als sehr geeignet für den Fernwärmeausbau identifiziert.
Die weiteren Schritte
In Mainz gibt es aktuell noch mehrere zehntausend Haushalte, die mit Gas oder Erdöl heizen. Wie schnell kann die Landeshauptstadt komplett auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung umgestellt werden? Mittels beispielsweise der Anzahl an umzustellenden Gasanschlüssen auf alternative Erzeugungstechniken wie etwa Fernwärme und den damit verbundenen Bauarbeiten für Leitungsbau, Anlagenplanungen, etc. haben die Gutachter die Zeithorizonte für die Umsetzung der Wärmewende in Mainz abgeschätzt sowie die Möglichkeit der vollständigen Umsetzung für die Jahre 2030, 2035 und 2045 bewertet. Hierbei zeigt sich, dass beispielsweise ein Fernwärme-Ausbau wie er im Rahmen des WMP 2.0 vorgeschlagen wird, bis 2030 und 2035 unrealistisch ist oder extrem ambitioniert erscheint. Dahingehend kann das ambitionierte Ziel der Klimaneutralität bis 2045 im Wärmebereich durch starke Anstrengungen vermutlich erreicht werden.
Der Wärmemasterplan wird am heutigen Dienstag, 12. September, in der gemeinsamen öffentlichen Sitzung des Umweltausschusses und des Klimabeirates des Mainzer Stadtrates präsentiert und besprochen. Am Dienstag, 26. September, werden alle Ortsbeiräte und die Ortsvorsteher in einer Online-Veranstaltung von Janina Steinkrüger und Dr. Tobias Brosze über den Wärmemasterplan informiert. Am selben Tag ist dann für den Abend eine Online-Infoveranstaltung für Bürger vorgesehen.
Janina Steinkrüger: „Wir wissen, dass viele Menschen das Thema der künftigen Wärmeversorgung ihrer Wohnung oder ihres Hauses sehr bewegt. Der Wärmemasterplan zeigt sehr deutlich, dass da eine gewaltige Aufgabe vor uns allen liegt. Eine Aufgabe, die nicht nur viel Geld benötigen wird, sondern auch etliche Jahre in der Umsetzung dauern wird. Das geht nur gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern, die wir deshalb von Anfang mitnehmen möchten.“
Weitere Informationen zum Wärmemasterplan 2.0 gibt es im Internet auf der Webseite der Mainzer Stadtwerke AG unter www.mainzer-stadtwerke.de
Die Folien HIER nochmal als PDF.
Wieso werden hier Grafiken mit unleserlichen Legenden eingestellt?
Unten nochmal als PDF Link hinzugefügt.