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Werden im Allianzhaus bald Flüchtlinge untergebracht?

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Artikel aus der Allgemeinen Zeitung von Monika Nellessen

„Platz da!“ – für Flüchtlinge in der Innenstadt – heißt das Motto einer Aktionswoche, die im April rund um den Klub „Schon Schön“ stattfinden wird. Nicht bekannt dürfte dem Aktionsbündnis gewesen sein, wie eng der Veranstaltungsort an der Ecke Große Bleiche/Flachsmarktstraße mit dem Thema verknüpft ist. Denn das ehemalige Allianzhaus, in dem das „Schon Schön“ residiert, soll nach Überlegungen der Stadt zur Flüchtlingsunterkunft werden. „Wir prüfen die Möglichkeit ernsthaft“, bestätigt Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD). Entschieden sei aber noch nichts.

Wie Sozialdezernent Kurt Merkator (SPD) auf Anfrage ausführt, gab es bereits einen ersten Termin vor Ort. Dabei habe sich herausgestellt, dass sich das Gebäude grundsätzlich als Asylbewerberunterkunft eignet, zum Beispiel ausreichend über Fluchtwege verfügt. Bis zu 200 Flüchtlinge könnten untergebracht werden. Eine eventuelle Umnutzung werde wohl allerdings erst 2016 zum Thema.

Für 2015 richte die Stadt ihre ganze Aufmerksamkeit darauf, zusätzliche Unterkünfte in Zwerchallee und Elly-Beinhorn-Straße fertigzustellen. In der Zwerchallee soll die Zahl der Flüchtlinge von 130 auf 390 steigen, in der Elly-Beinhorn-Straße reicht der Platz für 240 Menschen. Auch die GfZ-Kaserne sei weiter ein Thema, wobei dort nur eines der beiden überprüften Verwaltungsgebäude als Wohnunterkunft tauge. Außerdem sei unklar, ob die Bundeswehr die Räume freigebe.

Gebäude steht weitgehend leer

Die Besichtigung des Allianzhauses sei auf eine Initiative der stadtnahen Mainzer Aufbaugesellschaft (MAG) als Immobilieneigentümerin zurückgegangen, berichtet Merkator. Sie habe vorgeschlagen, dass die Stadt einen Teil des 14.300 Quadratmeter umfassenden Gebäudes bis 2019 als Flüchtlingsherberge anmieten könne. Ob Flüchtlinge im Allianzhaus Obdach finden, hänge davon ab, welche Miete die MAG verlange und wer für notwendige Umbauten zu welchem Anteil aufkomme, erläutert der Dezernent.

Damit taucht ein neuer Zeithorizont auf. Noch im August 2014 hatte die MAG erklärt, sie wolle das Allianzhaus Anfang 2015 abreißen, um anschließend mit einem 30 bis 35 Millionen Euro teuren Neubau zu beginnen. Wie von der AZ berichtet, verzögert sich das MAG-Projekt aber, vor allem, weil Klub-Chef Norbert Schön als Untermieter des früheren Kaffeehauses einen langfristigen Pachtvertrag hat, der nach AZ-Informationen noch bis weit nach 2020 gilt. Erst wenn für ihn und seine Frau, die das benachbarte Café „Blumen“ betreibt, eine Alternative gefunden worden ist, kann das geplante Wohn- und Geschäftshaus realisiert werden, dessen Entwurf bislang nicht-öffentlich in städtischen Gremien beraten worden ist.

Schon jetzt steht das vor wenigen Jahren von der MAG angekaufte Gebäude weitgehend leer. Ausnahmen sind das „Schon Schön“ und das „Haus Burgund“ in den Geschäftsräumen sowie die Rechtsanwaltskanzlei Westenberger, Bette & Brink, in der einer der beiden MAG-Geschäftsführer – Christian von der Lühe – Partner ist. Bürgermeister Günter Beck (Grüne) betonte als MAG-Aufsichtsratsvorsitzender mehrfach, er sehe keine Probleme in dieser Verquickung.

Anwaltskanzlei zieht aus

Wie von der Lühe ausführt, wird die Kanzlei im zweiten Quartal das Allianzhaus verlassen und in den Neubau eines privaten Investors in der Großen Langgasse ziehen. Eine Rückkehr an die Große Bleiche sei nicht geplant. Die Flüchtlingsunterkunft ist laut von der Lühe „eine von mehreren Alternativen“, welche die MAG als Zwischennutzung für das Allianzhaus prüfe. Dass das Gebäude frühestens 2019 niedergelegt werde, wollte er nicht bestätigen.

Gastronom Norbert Schön bestätigt der AZ, er sei von der MAG über den Plan einer Flüchtlingsunterkunft informiert worden. „Ich finde die Idee gut“, sagt er, „schließlich bin ich selbst als rumäniendeutsches Kind 1979 in den Westen gekommen und kann die Situation der Flüchtlinge sehr gut einschätzen.“ Die Stadt habe ihm versprochen, dass eine Flüchtlingsherberge seinen Klub nicht beeinträchtige, was Lautstärke und Öffnungszeiten angehe. Merkator betont: Die Flüchtlinge müssten ja nicht unmittelbar über den Klub ziehen: Das „Schon Schön“ hat eine Konzession ohne Sperrstunde, eine Seltenheit in der City.