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Wahre Liebe im Beichtstuhl

In dieser Rubrik stellen wir schöne Paare vor und fragen sie nach ihrem Erfolgsrezept. Wolfgang Heck und Maik Gimpel vom Weinhaus „Zum Beichtstuhl“ verbindet die Leidenschaft für Weck, Worscht und Woi.


Wer spontan im Weinlokal „Zum Beichtstuhl“ in der Mainzer Altstadt zu Abend essen will, muss oft damit rechnen, keinen Tisch mehr zu bekommen. Das urige Weinlokal in der Kapuzinerstraße mit seinen Holzmöbeln und windschiefen Wänden ist fast jeden Abend bis auf den letzten Platz besetzt. Doch das war nicht immer so, erinnert sich Wolfgang (41, links im Bild): „Ganz am Anfang saßen wir oft nur zu zweit hier und haben auf Gäste gewartet.“ 1996 war das, als er und sein Partner Maik (46) zusammen das Lokal übernommen haben. Aber mit ihrer Hartnäckigkeit, dem klaren Konzept von gutbürgerlichem Essen und guten Weinen, haben sie nach und nach Herzen und Mägen ihrer Stammkundschaft erobert. Kennen gelernt haben sich die beiden auf der Geburtstagsparty eines Freundes in Hamburg. Der gebürtige Hamburger Maik lernte Versicherungskaufmann und arbeitete damals beim Otto-Versand. Wolfgang, der Restaurantkaufmann, reiste zur Party aus Mainz an. „Es war Liebe auf den ersten Blick.“ Beide waren so verknallt, dass sie sich nicht getraut haben, einander anzusprechen. „Wir haben uns vier Stunden lang nur angestarrt. Dann bin ich nach Hause gegangen“, erinnert sich Maik. Eine Postkarte von Wolfgang überwand aber schließlich ihre Schüchternheit. Seit 17 Jahren sind sie nun ein Paar. Nachdem die beiden ein halbes Jahr eine Fernbeziehung führten, zog Wolfgang in den Norden. Allerdings wohnten sie nur zwei Wochen zusammen in Hamburg. Denn: Dann wurde der Beichtstuhl frei.

Start mit Hürden

Das Lokal war zu diesem Zeitpunkt ziemlich heruntergewirtschaftet und stand in einem schlechten Ruf. Trotzdem verliebten sich beide gleich in das alte Gemäuer: „Wir kamen zur Besichtigung zur Tür rein und wussten gleich: Das ist es. Das Haus hat Geschichte. Du hast das Gefühl, dass dir die Wände aus ihren hundert Jahren etwas erzählen können“, erinnert sich Wolfgang. Und da beide schon immer auf eigenen Füßen stehen wollten, unterschrieben sie nach zwei Tagen Bedenkzeit den Mietvertrag. Neben den ganz normalen Startschwierigkeiten wie ausbleibender Kundschaft hatte das Paar anfangs noch mit ganz anderen Hürden zu kämpfen: „1996 war Mainz noch viel konservativer. Uns einem schwulem Paar wollte niemand eine Wohnung vermieten.“ Wegen dieser schlechten Erfahrungen haben sie ihre Liebe anfangs vor den Gästen verborgen. Bis sie sich dann 2003 offiziell „verpartnerten“, wie Maik Augen rollend erklärt. Denn „verheiratet“ dürfen sie sich nicht nennen. Dabei leben sie ihre Beziehung wie eine Ehe, mit allem, was dazugehört: Liebe, Treue, Respekt, inklusive Hund und Einfamilienhaus auf dem Land in Klein- Winternheim. Die Feier zur Verpartnerung war gleichzeitig ihr Outing. Mittlerweile haben auch die Gäste ihre Beziehung akzeptiert und das Paar ist in Mainz angekommen. „Wir haben zum Beispiel eine Stammkundin, eine 92-jährige Omi. Die bringt uns regelmäßig selbstgebackenen Kuchen vorbei.“

Der Beichtstuhl als Zentrum
Im Restaurant hat jeder der beiden ‚seine’ Stammgäste Einige mögen Maiks offene, flapsige Art, die anderen schätzen Wolfgangs Ruhe und Höflichkeit. Im Service arbeiten sie gemeinsam, ansonsten sind die Aufgabenbereiche der beiden getrennt: Maik führt die Buchhaltung und ist für Weine und Getränke zuständig, Wolfgangs Metier ist die Küche. Auch im Wesen ergänzen sie sich perfekt. Maik schätzt an Wolfgang seine ruhige, geradlinige Art. Wolfgang hat von seinem Partner gelernt, die Dinge lockerer anzugehen. Tatsächlich verbringt das Paar fast immer Tag und Nacht gemeinsam. Wenn ein Gast sie fragt, wie sie das aushielten, stutzen beide: „Wahre Liebe ist doch eher, wenn ich nicht froh bin, meinen Partner morgens los zu sein. Wir hocken Tag für Tag zusammen und es funktioniert.“ Einmal im Jahr nimmt sich jeder der beiden eine Auszeit. „Da vermissen wir uns immer ziemlich schnell und telefonieren eigentlich jeden Tag.“

Verlass und gegenseitiger Respekt
Dass ihre Beziehung so gut läuft, führen sie auf den gegenseitigen Respekt zurück. Dabei gibt es im Restaurantalltag genug stressige Momente, bei denen es hin und wieder einmal knallt. „Das ist ja normal. Aber dabei habe ich noch nie ‚Arschloch’ gedacht“, erklärt Wolfgang. Für Maik macht die Besonderheit der Beziehung aus, dass sie sich immer aufeinander verlassen können. Das Einzige, was die beiden vermissen, ist mehr gemeinsame Freizeit und mehr Zeit für Freunde und Familie. Pläne für die ferne Zukunft sind noch nicht geschmiedet. „Erst mal so weitermachen und die Schäfchen ins Trockene bringen.“ Da Wolfgang früher Konditor werden wollte, könnten sie sich vorstellen, im Alter eine Bäckerei zu eröffnen. So rund wie Beziehung und Beichtstuhl laufen, muss man dann wahrscheinlich früh aufstehen, um ohne Reservierung noch ein Stück Kuchen zu bekommen. www.zumbeichtstuhl.de

Text: Anna Janina Zepter, Foto: Roman Knie