Männer und Yoga in Mainz
Madonna tut es, Sting tut es, sogar etliche Fußballstars tun es: Sie praktizieren Yoga und schwören darauf! Die Jahrtausende alte indische Lehre hat es ihnen und einer wachsenden Zahl weiterer West-Menschen angetan. Yoga bedeutet Verbindung. Körper, Geist und Seele sollen in Einklang gebracht werden. Das Zusammenwirken von bewusster Atmung, Körperübungen und Entspannung gilt als ganzheitlich gesundheitsfördernd. Auch Nicht-Yogis sind Lotussitz und Baum als Yogahaltungen bekannt. Es fällt jedoch im Allgemeinen auf, dass die vielen attraktiv klingenden und aussehenden „Asanas“ vorzugsweise von Frauen geübt und präsentiert werden. Statt den Bogen als Yogastellung auszuprobieren, machen Männer eher einen Bogen um Yoga. sensor hat dieser männlichen Ausweich-Bewegung in Mainz nachgespürt.
Yoga – zu viel für müde Krieger?
Freitagabend, 19:30 Uhr in einem Mainzer Fitness-Studio: Parkett, gedämpftes Licht, reflektiert vom Sternenhimmel an der Decke. Leise Musik, Yoga-Ansagen: „Krieger 1.“ Elf Menschen auf Matten strecken Oberkörper und Arme im weiten Ausfallschritt nach oben und kommen in stolze Posen. „Mit dem nächsten Ausatmen Krieger 2.“ Man hört intensives Atmen, die Körper pulsieren in den Asanas – Power-Yoga ist offenbar anstrengend. Den Krieger, auch Held genannt, geben jedoch nur zwei Männer. „Letzte Woche waren nur Frauen da“, erinnert sich Yogalehrerin Tatjana.
„An Yoga haftet der weibliche Touch – und der macht Männern zu schaffen.“ Heidi Conradt-Kramlinger, Yogalehrerin seit 1986, beobachtete das unter anderem in ihren Kursen beim ZDF. Nur vereinzelt treibe die Neugier Männer zum Yoga – dabei sei es gerade für sie wichtig, loslassen zu lernen. Die männliche Yoga-Scheu führt sie auf Unwissenheit und Klischees zurück. „Männer muss man anders ansprechen, sie da abholen, wo sie sind.“ Aber – wo sind sie?
Yogawelle am Rhein – nichts für Männer?
Ein Hippie-Trend sei zum Massenphänomen geworden, hieß es in der Oktober-vital unter dem Titel „Verrückt nach Yoga“. Erfahrene Yoga-Anbieter in Mainz sehen das ähnlich: Eberhard Wolf, Fachleiter Gesundheit und Fitness an der Volkshochschule, übernahm 2004 seinen Fachbereich mit 110 Yoga-Kursen pro Jahr. Inzwischen seien es 140 überall in Mainz – ohne die Workshops – und die Nachfrage sei unerschöpflich. Den Männeranteil beziffert er bei rund 1500 Kursteilnehmern im Jahr allerdings mit nur 15 bis 20 Prozent.
Nicht anders ist es im Yoga Vidya-Zentrum. Seit der Eröffnung 2001 besteht bei wachsendem Kurs- und Ausbildungsangebot das ungleiche Männer-Frauen-Verhältnis fort. Zentrumsleiter Friedhelm Heinrich schreibt das einer weiblichen Vorliebe für Gemeinschaftsaktivitäten zu. Der Sporttreff, derzeit größtes Mainzer Fitness-Studio, bot vor gut zehn Jahren den ersten Yogakurs an und hat heute an jedem Wochentag einen Yogatermin auf dem Plan. Die große Mehrzahl der Yogaübenden sind auch hier Frauen, wie Senka Freitag, Kursleiterkoordinatorin und selbst Yogalehrerin dort, berichtet. Bei den Yogakursen für Betriebe allerdings sei der männliche Zuspruch groß.
Mainz ist in den letzten Jahren um viele Yoga-Anbieter reicher geworden. Neu – im April 2010 eröffnet – sind beispielsweise Balance und Yogaplus. „Als wir in Frankfurt anfingen, war der Frauenanteil noch deutlich höher als heute“, erzählt Timo Wahl, Leiter des Mainzer Balance-Studios. Die erste Begegnung mit der Yoga-Szene sei für ihn selbst befremdlich gewesen. Aber in seinem Ursprungsland Indien habe er Yoga ganz anders erlebt: locker, lebendig, Lachen und Reden gehörten dazu. Bei Balance so wie anderswo in Mainz bringen Frauen ihre Männer mit. Die sehen dann schnell, dass Yoga herausfordernd ist und Spaß macht. „Männer sind sogar schneller zu begeistern als Frauen, weil sie oft ein besseres Köpergefühl haben“, sagt Susanne Weisheit, Gründerin von Yogaplus. Auch sie kennt die Berührungsängste der Männer. Doch zu Privatstunden kommen mehr Männer als Frauen.
Yoga-Männer wissen, was sie wollen
Dirk (45) ist einer der wenigen tapferen Asana-Krieger. Ein bisschen seltsam komme er sich manchmal vor unter lauter Frauen. Dass Yoga „schwuchtelig“ sei, habe er schon zu hören bekommen. Doch dem Controller geht es weniger um die Meinung anderer als um den Weg zu sich selbst und „ein sehr gutes Ganzkörper-Workout“.
„Yoga hat den Ruf, für Frauen zu sein. Es gibt zu viele Eso-Zirkel, das Flair ist zu emotional“, sagt Steffen Seitz, Diplom-Sportwissenschaftler, Personal Trainer und seit drei Jahren Yogalehrer. Auch er hatte Yoga vorher belächelt. Für Laien sei es schwer, bei den vielen Angeboten durchzublicken, zumal die Bezeichnung Yogalehrer nicht geschützt ist. Für Steffen hat Yoga sehr viel mit Spaß und Kraft zu tun und fühlt sich einfach gut an. „Yoga ist für mich auch Persönlichkeitsentwicklung.“
„Vielleicht trauen sich Männer die extremen Dehnungen nicht zu“, meint Markus (30), der Yoga seit zweieinhalb Jahren für seinen Rücken und zur Entspannung übt – zusammen mit seiner Frau. „Yoga macht mir Spaß. Ich kann loslassen“, sagt der Historiker. „Männer müssen erkennen, wie gut ihnen das tut, und den Mut haben, durchzuhalten!“ Er selbst hat schnell an Beweglichkeit gewonnen.
André hat in Yoga „eine herrliche Bewegungsform“ gefunden. Der 41-jährige Verleger übt seit eineinhalb Jahren sanftes Yoga im Fitness-Studio und zusätzlich alleine nach DVDs. Den Impuls gab seine Frau, die lieber Power-Yoga macht. Und Jan (31) hat „tierischen Bock auf Entspannung“. Der Bank-Controller und zweifache Vater ist seit einem Jahr überzeugter Yogi: „Ich denke, Männer kriegt man nur über die Entspannung zum Yoga.“
Fußballstars kicken das Klischee vom soften Yogi weg. Der ehemalige Mainzer Spieler Markus Feulner verriet 2009 im Spox-Interview sein Erfolgsgeheimnis: „Extrem fit dank Yoga“. Zwar hatte Mainz 05 bei sensor-Nachfrage weder Yogalehrer noch Auskünfte zum Thema, doch die Nationalmannschaft macht es vor. Sie profitiert vom selben Yogalehrer, der auch schon die Popstars Madonna und Sting unterrichtet hat: Patrick Broome. Sein Buch „Yoga für den Mann“ zieht weite Kreise.
Yoga für alle
Männer entsprechen ebenso wenig Klischees wie Yoga. Es wurde in Indien von Männern entwickelt und ist dort bis heute größtenteils ihnen vorbehalten. Doch schon bei alten indischen Meistern hieß es: „ Nicht der Mensch muss sich dem Yoga anpassen, sondern der Yoga dem Menschen.“ Yoga wird – auch in Mainz – in großer Vielfalt angeboten. In guten Yogakursen haben die Einzelnen wiederum Raum für ihr individuelles Yoga. Yoga ist nicht an Dogmen, Religion oder Geschlecht gebunden, sondern offen und verbindend.
„Ich war die erste Yogalehrerin in Mainz“, sagt Gertrud Diehl, die schon in den 1970er Jahren unterrichtete, nachdem sie 1957 mit ihrem Mann Karl-Heinz das erste Mainzer Sportstudio eröffnet hatte. Überwiegend waren ihre Kurse von Frauen belegt. Aber sie hat – vor allem im Business-Yoga – so manchem Mann geholfen, Atmung, Körpergefühl und Haltung und damit auch das Selbstbewusstsein zu verbessern. 1988 gründeten die Diehls das heutige Bewegungszentrum in der Rheinallee, wo inzwischen unter Leitung der neuen Generation fünf Yogakurse von sanft bis intensiv auf dem Wochenplan stehen.
Wie längst in den USA, so denken viele Kenner der Yoga-Szene, werden auch bei uns allmählich die Männer Yoga für sich entdecken – vor allem um Stress zu bewältigen, Ruhe zu finden, im Hier und Jetzt anzukommen. Im Yoga kann man(n) alles finden: Sport, Spaß, Training, Energie, Entspannung, Ruhe, Meditation, sich selbst – wer will, auch Spiritualität, seinen Weg, sogar Religion oder einen Guru … Mann, o Mann!
Yoga in Mainz suchen, finden und üben:
• Yoga-Institute (Studios, Zentren etc.)
• Fitness-Studios, Sportvereine
• Volkshochschule, Tanz- und Bewegungsschulen
• Yogalehrer/innen, Personal Trainer, Yogalehrer-Ausbildung
• Yogagruppen, Vereine
• Coaching, Therapie-/Gesundheits-/Wellnessbereich
• (eigene) Arbeitgeber oder Bildungseinrichtungen, Krankenkassen, soziale Einrichtungen, Veranstalter
• Yoga-Wochenenden, Yoga-Workshops, Yoga-Specials, Yoga-Retreats, Yoga-Reisen, Yoga-Events
• Yoga-Bücher, DVDs, Videos, Online-Angebote: Neulingen wird zunächst Einzel- oder Gruppenunterricht bei einem/r Yogalehrer/in empfohlen.
• Ausrüstung: bequeme Kleidung, Socken, Decke und Yogamatte
Text: Doris Niersberger
Fotos: Isabel Jasnau
Wir verlosen 3 Probekarten bei Yoga Vidya für den Besuch der Offenen
Stunden. Sie sind gültig bis Ende März 2011. Mail an losi@sensor-magazin.de mit Betreff Yoga.
1 response to “Von tapfren Kriegern und wahren Helden”