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Trendsport Skat – Beim Grand spielt man Asse …

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von Julius Braun, Fotos: Daniel Rettig

Montag. Halb neun. Am Skattisch mit drei Senioren: Rolf, Wolfgang und Hanne. Vor uns angetrunkene Biergläser und leere Schnäpse. „Mehr spielen, weniger babbeln“, ermahnt mich der einundachtzigjährige Rolf, als ich ihn nach seiner Begeisterung für Skat frage, und wirft grummelnd eine Karte auf den Tisch. Wolfgang (78) sticht. Das Spiel ist verloren.
„Der hat gute Karten, sonst kann der nichts“, weiß Rolf. Hanne (63) schmunzelt. Um uns herum wird konzentriert geskatet. Ab und an lacht jemand laut auf. Jeden Montag trifft sich der Skat-Verein „Herz-Dame“ im Vereinsheim des TSG Kastel zum gemeinschaftlichen Skatspielen. Heute sind etwa 20 Leute gekommen. Die große Mehrzahl hat die 50er Jahre Marke längst geknackt. „Die Jungen sind wohl alle im Swinger Club“, mutmaßt einer und grinst.

20 Millionen Skatspieler
„Wenn dem Deutschen so recht wohl ums Herz ist, dann singt er nicht. Dann spielt er Skat.“ So beschrieb Schriftsteller Kurt Tucholsky 1920 das innige Verhältnis der Deutschen zu diesem Kartenspiel. Heute hat Skat ein Generationenproblem. Den Verbänden kommen die Mitglieder abhanden. „Die Kinder wissen gar nicht mehr, was Karten sind“, beklagt Jutta Volz, Präsidentin der Herz-Dame aus Mainz-Kastel. Trotzdem gibt es in Deutschland immer noch schätzungsweise 20 Millionen Skatspieler. Etwa eine Million davon sind Frauen. Doch unter Jugendlichen ist Skat, anders als etwa Poker, kaum bekannt. In Mainz-Kastel sind sich dennoch alle einig: „Skat ist einzigartig und wieder im Kommen!“ Aber was macht das Kartenspiel so besonders, frage ich: „Spiel eine Runde mit, dann weißt du es“, sagt Präsidentin Jutta Volz und eilt zurück zu ihrer Skatpartie.

Jubiläumsjahr
200 Jahre ist es her, dass fünf Männer im ostthüringischen Altenburg Skat erfunden haben. Das Jubiläum feierte die selbst ernannte Welthauptstadt des Skats diesen September. Das Altenburger Kartenspiel ist ein fast ausschließlich deutsches Phänomen. Auch die meisten Spieler im Ausland seien ausgewanderte Deutsche, heißt es aus dem deutschen Skatverband. Heute spielen immer mehr online am Computer. Allein beim Internet-Spiele-Anbieter Gameduell haben sich in den vergangenen Jahren mehr als eine halbe Million Menschen für Skat angemeldet, sagt Produktmanager Peter Mitschke. Da es ein komplexes Spiel sei, habe es allerdings nicht so großen Zulauf wie beispielsweise Poker. Es sei aber dennoch „eines unserer wichtigsten Spiele in Deutschland und gehört zu den Top Fünf.“

Skatmarathon
Für passionierte Zocker wie Jutta Volz gibt es nichts Schöneres: „Ich lebe Skat“, sagt sie. Auch ihr Mann und ihre Tochter sind infiziert. „Für uns gibt’s nur Skat. Wir sind eine Skatfamilie.“ Die Wochenenden plant man bei den Volz‘ nach anstehenden Skatturnieren und in die Ferien fahren alle drei in den Skaturlaub zum Beispiel nach Spanien (www.skaturlaub.de, www.skatreiseteam.de), wo mindestens dreimal die Woche für sechs Stunden gezockt wird. Wenn es mal 24 Stunden am Stück werden, heißt das „Skatmarathon“. Tochter Anna Volz (18) will kommendes Wochenende auf einen Halbmarathon, erzählt sie mir. Heißt: Zehn Stunden durchskaten. Bei ihren Altersgenossen findet sie dafür nicht immer Verständnis: „Wenn ich sage, dass ich skaten gehe, fragen mich die: Was gehst du? Skateboarden?“ Jugendliche würden eben lieber Computer oder Playstation spielen, meint Volz. Für Skat sei da kaum Zeit. „Wir sind hoffnungslos überaltert. Zum Glück haben wir drei Mädchen im Alter von 15 bis 18 im Verein. Die senken unseren Schnitt!“ Auch Karl-Heinz Kempf, Vorsitzender des Skatvereins „Rheingold Mainz“ sorgt sich um fehlenden Nachwuchs. „Im Grunde ist es bei allen Skatvereinen rückläufig“, sagt er. Rheingold Mainz (Spiellokal: Hechtsheimer Bürgerhaus) hat genau wie Herz-Dame etwa 30 Mitglieder. „Pik7 Mainz e.V.“, der dritte Skatverein in der Umgebung (Spiellokal: Fontana Stuben in Mainz-Finthen), sei besonders stark vom Mitgliederrückgang betroffen, sagt Volz. Ihren eigenen Verein sieht sie dagegen auf einem guten Weg. Auch Tochter Anna hofft auf eine baldige Renaissance des Skats unter Jugendlichen. „Heute bist du schon noch Exot, wenn du Skat spielst.“

Trendspiel Skat?
Im Vereinsheim in Mainz-Kastel ist es inzwischen kurz nach zehn. „18, 20, zwo“, murmelt Wolfgang. Ich schüttle den Kopf. „Weg.“ Das Spiel läuft mäßig. Das letzte Quäntchen Glück fehlt. Rede ich mir zumindest ein. Rolf bestellt eine Runde Schnaps für alle. Tradition bei der Herz-Dame. Er hatte Geburtstag. Ob Skat bald den großen Durchbruch erlebt, weiß ich nicht. Ein spannendes Spiel ist es in jedem Fall. Das Glück entscheide nur zu 30 Prozent über Sieg oder Niederlage, meint Volz. Der Rest sei Können. Meine persönliche Niederlage heute Abend macht das nicht gerade erträglicher. Doch so leicht gebe ich mich nicht geschlagen. „Auf Rolf“, ruft der Saal. „Auf Rolf“, rufe ich, leere den Schnaps in einem Zug und mische sofort wieder die Karten. Das Skatfieber, ich glaube es hat mich gepackt.

Was ist Skat?
Skat ist ein Kartenspiel (32 Karten) für drei Personen. Es spielt immer ein Alleinspieler gegen die beiden Mitspieler. Wer alleine spielen darf, wird durch das so genannte Reizen bestimmt. Wie hoch ein Spieler reizen kann, richtet sich nach dem jeweiligen Kartenblatt. Je nach Spielart (Farbspiel, Grand oder Nullspiel) geht es darum, möglichst viele bzw. keine Stiche zu machen. Am Ende zählen die Kontrahenten aus wer gewonnen hat, und notieren die Punkte.