
Straußwirtschaften sind urige Gastbetriebe, in denen Winzer ihre eigenen Weine und kleine Speisen in familiärer Atmosphäre anbieten – oft auf Höfen, in Scheunen oder sogar im Wohnzimmer. Rund um Mainz laden zahlreiche solcher Betriebe zu entspannten Ausflügen, Weinverkostungen und regionaler Küche ein. Wer Lust auf gemütliche Innenhöfe, guten Wein und rheinische Gastfreundschaft hat, findet hier unzählige Einkehrmöglichkeiten.

What the fuck ist eigentlich eine Straußwirtschaft? Laut Wikipedia ist sie ein von Winzern und Weinbauern saisonal, manchmal auch nur tageweise geöffneter Gastbetrieb, in dem die Erzeuger zu bestimmten Zeiten ihren selbsterzeugten Wein direkt vermarkten. In Straußwirtschaften werden oft auch kleinere, zum Wein passende Tellergerichte gereicht: Spundekäs mit Brezelchen, Handkäs mit Musik und vieles mehr, wie der Klassiker „Weck, Worscht un Woi“.
Besuch im Wohnzimmer
Die Strauß-, Hecken- oder Besenwirtschaft, wie sie in Deutschland genannt wird, geht der Legende nach auf Karl den Großen zurück. Dieser erlaubte den Winzern, eigene Weine und kleine Speisen anzubieten. Dafür brauchten sie keine Erlaubnis oder Schankgenehmigung und mussten auch keine Abgaben zahlen. Die ersten Winzer öffneten ihre Tore, und es war nicht ungewöhnlich, dass der ein oder andere ins eigene Wohnzimmer einlud. Gästen gefiel das. Die Räumlichkeiten für eine Straußwirtschaft weisen inzwischen unterschiedlichen Charakter auf. Neben gaststättenähnlich eingerichteten Räumen findet sich zum Beispiel auch eine Scheune, die mit Sitzbänken hergerichtet wurde. Und wie kamen sie zu ihrem Namen? Traditionell hing früher immer einen Zweig, Kranz oder eben ein Strauß aus Weinlaub in der Tür und signalisierte, dass geöffnet ist. Die Straußwirtschaften funktionieren also nach der Devise „Wenn‘s Sträuß‘je hängt, wird ausgeschenkt!“ Oft findet man sie ländlich im Grünen – ideal für eine Pause, einen Wochenendausflug, einen Sundowner oder einfach zwischendurch.

Einkehr-Möglichkeiten
Am Stadtrand Richtung Stadion gelegen und trotzdem von der Straße abgeschirmt liegt die „Gutsschänke Weyer“ in Mainz-Bretzenheim. Bierbänke bieten viel Platz für Tagesausflügler und After-Work-Events. Früher am äußersten Rand von Mainz gelegen, inzwischen von der Stadt geschluckt, bietet der urige Landgasthof „Weingut Rebenhof“ in Mainz-Hechtsheim saisonale Gerichte und eigenen Wein an. Auch öffentliche Events werden regelmäßig organisiert. Direkt ums Eck liegt das „Weingut Heinz Lemb“, in dem Nachhaltigkeit und Qualität großgeschrieben werden – und das mit Tradition, denn den Weinkeller gibt es seit 1737. Zum Wein werden Appetithäppchen gereicht. Ein paar Straßen weiter wird das familiär geführte „Weingut Stenner“ in Mainz-Hechtsheim betrieben. Hier werden neben zahlreichen Events auch Weine mit stylischem Branding angeboten. Am 3. und 4. Mai findet hier Jahrgangspräsentation statt und vom 30. Mai bis 1. Juni die „Summer Wine Vol.1“ – Feierabend After Work und Weekend Vibes, auch für Kinder… Ebenfalls am Ortrand von Hechtsheim befindet sich der „Gutsausschank Leber“ des Georghofs. Im idyllischen Innenhof mit dekorativem alten Wagenrad und Holz-Traubenpresse können Weine und Speisen konsumiert werden. Die Straußwirtschaft ist gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, auch Parkplätze sind vorhanden. Das „Weingut Möhn“ in Laubenheim gibt es schon seit 1750. In der inzwischen achten Generation wird hier Wein angebaut. Die etwas unscheinbare Winelounge öffnet für öffentliche Veranstaltungen und ist auch als private Eventlocation buchbar. Vor dem Besuch unbedingt die Öffnungszeiten checken! Auf der Laubenheimer Höhe gelegen und daher sicher kein Geheimtipp ist der Weinverkauf und die Straußwirtschaft der Winzerfamilie „Peter Dhom“; von der Terrasse hat man einen super Ausblick auf und über die Reben. Und der „Draisberghof“ ist nicht nur für sein Stadtgemüse-Projekt bekannt, sondern bietet neben Events auch einen offenen Ausschank von selbst angebauten Bioweinen und kleine Speisen in familiärer Atmosphäre. Und das nur 15 Minuten mit dem Bus von der Stadt entfernt.
Die Römer waren es…
Spätestens hier sind wir endgültig im Weinanbaugebiet angelangt und es wird klar, dass das Rheinland das ultimative Weinland ist. Die Römer waren es, die die Weinrebe um 150 nach der Zeitenwende nach Germanien brachten, genauer an die Mosel und an den Rhein. Seitdem wird auch in der Region um das antike Mogontiacum – heute als Mainz bekannt – Wein angebaut. Rheinhessen ist mit über 25.000 Hektar Rebfläche noch immer das größte Weinanbaugebiet Deutschlands. Beispiele gefällig? Das Weingut „Johann Gauer“ beispielsweise bietet einen überragenden Blick auf das malerisch gelegene Weindorf Bodenheim. Hier gibt es eine gemütliche Weinstube, eine Sonnenterrasse mit Ausblick und immer wieder auch öffentliche Events wie das „Schorlegewitter“, bei dem neben Weinen auch Essen und Live-Musik geboten werden. Mit schönem Ambiente und einer klassischen, gut-bürgerlichen Küche wartet der Gutsausschank „Zur Dutt“ des Weinguts Duttenhöfer in Bodenheim auf. Im Innenhof lassen sich hauseigene Weine und deftige Speisen verkosten. Auch das Weingut Wagner in Essenheim ist eine gemütliche Straußwirtschaft in einem alten Fachwerk-Bauernhaus, in dem neben leckerem Essen auch Bioweine verkostet werden können. Fun Fact: Der Besitzer ist nebenberuflicher Krimiautor und liefert den passenden Schmöker zur Einstimmung auf den Gutsbesuch: „Vine Crime“ at its best. Auch das Weingut „Fasanenhof“ in Ebersheim bietet deftige Speisen und gute Weine inmitten der Natur. Der „Laurentiushof“ des Weinguts Eckert liegt in der Nähe, im Ortskern von Ebersheim, und verfügt über einen schmucken Innenhof. Neben selbst angebauten Weinen kann man hier auch einen Kartoffelsalat mit Kartoffeln aus eigenem Anbau probieren. In Ober-Olm dagegen befindet sich das „Weingut Bär“ mit eigener Straußwirtschaft. Hier kann man rheinhessische Hausmannskost genießen, während man in gemütlicher Atmosphäre Weine probiert. Die Straußwirtschaft „Oma Lotte & die Jungs“ in Klein-Winternheim besticht durch reichhaltiges Essen und das Flair der Gartenterrasse. Über den Rhein, das Weingut „Römerhof – Johann Wann“ in Mainz-Kastel, ist stadtnah gelegen und gut zu erreichen. Parkmöglichkeiten, die Speisekarte mit warmen Gerichten und die Sonnenterrasse machen die nicht ganz so idyllische Lage mehr als wett. Neben Wein wird hier auch Obst angebaut. Ebenso auf der Ebsch Seit, in Kostheim gelegen, ist das Weingut Karl Frosch. Mit dem kleinen, aber feinen Innenhof lädt das wunderschöne alte Gutshaus zur Einkehr ein. Idyllisch lässt es sich hier in der Sonne sitzen und in die Reben blicken. Unscheinbar und etwas versteckt, aber direkt ums Eck, befindet sich das „Weingut Schilling“, in dem der Winzer neben eigenen Weinen auch Speisen anbietet. Wie man sieht, sind die Möglichkeiten schier endlos. Erkundet gerne weitere Straußwirtschaften und unterstützt die regionale Wein- und Landwirtschaft!
Text: Julian Hienstorfer