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Strausswirtschaft Tipp: Weingut Wagner (Essenheim)

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von Felix Monsees Fotos: Daniel Rettig

Essenheim verhält sich im Grunde  genommen zu Mainz, wie der noble  Elbvorort Blankenese zu Hamburg.  Im Ortskern der kleinen Weinbaugemeinde  reihen sich entlang der  Hauptstraße barocke Hofanlagen, die  so eng an der Straße stehen, dass sie  den Bürgersteig überspringen. Im  Allgemeinen besitzen die Essenheimer  einen strahlend weißen BMW  X3, den sie entweder in der Hofeinfahrt  (Ortskern) oder vor dem Einfamilienhaus  (Neubaugebiet) parken.

Täglich pendeln sie mit dem SUV wenige  Kilometer Landstraße in Richtung  Lerchenberg, wo sie in verantwortungsvoller  Position bei einem  öffentlich-rechtlichen Fernsehsender  arbeiten. Dementsprechend ist die  gastronomische Grundversorgung  gut in Essenheim. Bis Dirk Maus im  vergangenen Jahr den Domherrenhof  Richtung Heidesheim verließ, konnte  der Ort gar einen Michelin-Stern vorweisen.  Mit dem Weingut Braunewell  befindet sich eines der ambitioniertesten  Weingüter des Mainzer Speckgürtels  ebenfalls in Essenheim.  Seit 300 Jahren betreibt Familie  Wagner hier ein Weingut, seit immerhin  23 Jahren auch die Straußwirtschaft  in der Essenheimer Hauptstraße.  Nähert man sich dem Weingut  von der Rückseite, führt eine  dreistufige Terrasse hinunter zum  Gut. Die Wiesen neben den rosenbewachsenen  Mauern nutzt die Familie  für Weinproben. Durch den Gastraum  hindurch gelangen die Gäste in den  Innenhof des historischen Weinguts.  An den Bierbänken Platz genommen,  lohnt es sich, die frischen und süffigen  weißen Burgundersorten zu probieren,  die überaus freundlich kalkuliert  werden (circa 2,80 Euro). Die  Nachbarn prosten einem freundlich  zu, und plötzlich weiß man, warum  es eigentlich keinen Grund gibt, den  Sommer außerhalb Rheinhessens zu  verbringen.

Unter Brüdern 

Die drei Brüder Andreas, Ulrich und  Christian Wagner betreiben das  Weingut gemeinsam. Letzterer steht  während der Sommermonate in der  Küche der Straußwirtschaft – als  „ambitionierter Hobbykoch“ (Zitat  Ulrich). Seine Ambitionen reichen  von raffiniert, Käsemousse mit Radieschensalsa,  bis gewohnt bodenständig.  Bis auf den Handkäs sind  alle bekannten Klassiker aus dem  Angebot Mainzer Weinstuben gelistet.  Der laut Speisekarte sommerliche  Wurstsalat (sechs Euro) ist mit allerlei  Kräutern und knackigen Gemüsewürfeln  angemacht. Das leichte  Dressing bestätigt die Beschreibung  der Speisekarte. Deftiger hingegen  kommt das Wingertsknorzje: ein  Roggenbrötchen vom benachbarten Bäcker, belegt mit Spargel, gratiniert  mit Käse und Sauce Hollandaise  (6,50 Euro). Nach ein, zwei Schoppen  kommt einem der reichliche  Fettanteil der Winzersmahlzeit sehr  entgegen.  Wie viele Traditionen geht auch die  der Straußwirtschaften angeblich  auf Karl den Großen zurück, der in  einem Erlass aus dem Jahre 812 den  Winzern den Betrieb von „Kranzwirtschaften“  erlaubt haben soll. Aus  dem Erlass des mittelalterlichen  Herrschers ist heute die Landesverordnung  zur Ausführung des Gaststättengesetzes  geworden, welches  jeder Winzerfamilie – und nur diesen  – erlaubt, eine Straußwirtschaft zu  betreiben. Von Mitte Mai bis Mitte  September öffnet die Familie Wagner  von Freitag bis Samstag ihren  Hof für Gäste. Von Mitte Juli bis  Ende August ist wegen Urlaub geschlossen.  Neben Wein und Speisen  locken die Wagner mit einem Kulturprogramm,  regelmäßig finden Konzerte  und Lesungen statt. Denn im  Winter widmet sich Andreas Wagner  vegetationsbedingt überwiegend  dem Verfassen von Regionalkrimis,  die im gutseigenen Weinverkauf neben  Chardonnay und Sauvignon  blanc auf Käufer warten.

Wingertsknorzje (4 Portionen)  Zutaten: 2 extragroße Roggenbrötchen,  Butter zum Bestreichen, 8  Scheiben Kochschinken, 1 kg weißer  Spargel, 8 Scheiben Gouda, Sauce  Hollandaise (selbstverständlich  selbst gemacht), Schnittlauch  Den Spargel wie gewohnt schälen, im  kochenden Wasser bissfest garen und  im Eiswasser abschrecken. Den Ofen  auf 180 Grad Celsius Umluft vorheizen.  Brötchen in Hälften schneiden.  Die Brötchenhälften mit Butter bestreichen,  mit Spargel und Käse belegen  und im Ofen einige Minuten  goldgelb grillen. Mit etwas Sauce  Hollandaise nappieren und mit  Schnittlauch garniert servieren.