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Stadt Mainz will härter gegen unangemeldete Demos vorgehen

Die Fronten verhärten sich. Die Stadt will schärfer auf die Demos reagieren, die auch in vielen anderen deutschen Städten stattfinden, zumeist Samstag nachmittags. In Mainz versammeln sich dabei auf dem Gutenbergplatz meistens um die 100 Menschen, die zum weiten Teil gegen Einschnitte in Grundrechte / Corona-Beschränkungen (friedlich) demonstrieren. Zu den Versammlungen wird über diverse Internetseiten aufgerufen, weshalb es in vielen Städten keinen direkten „Versammlungsleiter“ gibt.
Die Polizei war letzten Samstag mit etwa 30 Kräften vor Ort. Nach der Aufforderung den Platz zu verlassen, kamen fast alle Personen dieser Aufforderung nach. Ziel der Einsatzkräfte ist es, „die Versammlungsfreiheit zu gewährleisten, auch bei mehreren Versammlungen. Es gilt u.a. Störungen, die auf diese Versammlungen einwirken können, zu erkennen und zu unterbinden. Auch wenn diese möglicherweise aus einer anderen Versammlung heraus geschehen“, so Polizei Pressesprecher Rinaldo Roberto.
„Als problematisch erwies sich, das vor Ort kein erkennbarer Versammlungsleiter für die stattfindende Demonstration, zu der zuvor auf Messengerdiensten und im Netz aufgerufen wurde, auszumachen war, mit dem wir die Situation hätten besprechen und klären können“, sagt der Leiter des Rechts- und Ordnungsamtes, Ulrich Helleberg.

Es gehe bei Gesprächen mit einem Versammlungsleiter oder einer Versammlungsleiterin in keiner Weise um eine Be- oder Einschränkung der Versammlungsfreiheit, sondern im Gegenteil um deren Stärkung.

Eine angemeldete Versammlung steht unter dem besonderen Schutz der Ordnungsbehörden; es wird beispielsweise darauf geachtet, dass Störer ferngehalten werden und dass die Versammlung grundsätzlich auf dem angemeldeten Platz zu der angemeldeten Uhrzeit stattfinden kann. Natürlich gebe es auch Spielregeln, an die sich die Anmelder von Demonstrationen zu halten hätten, um die Versammlungsfreiheit im öffentlichen Raum zu ermöglichen.

Derartige „Versammlungen“ oder Spaziergänge ohne Einhaltung gültiger Normen und ohne Vorabstimmung mit den Behörden will man nun nicht mehr ohne Weiteres dulden, so der Leiter des Rechts- und Ordnungsamtes. Ordnungsdezernentin Manuela Matz ergänzt: „Die Behörden werden zukünftig weniger duldsam agieren. Dabei wissen wir die Polizei an unserer Seite.“

Hohes Gut Versammlungsfreiheit
Artikel 8 des Grundgesetzes gewährt allen Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Das Problem aktuell: Wegen Corona sind Veranstaltungen und Ansammlungen grundsätzlich verboten, auch Versammlungen zählen hierunter. Versammlungen unter freiem Himmel können – und werden – jedoch unter Auflagen von der Versammlungsbehörde nur genehmigt, wenn dies infektionsschutzrechtlich vertretbar ist. Zudem soll die Versammlungssfreiheit bald wieder hergestellt werden.
Von der Anmeldepflicht sind lediglich sogenannte  „Spontanversammlungen“ ausgenommen. Hierbei handelt es sich um Versammlungen, bei denen der Entschluss, die Versammlung durchzuführen und deren Durchführung selbst nahezu zusammenfallen –  etwa aus einem aktuellen Anlass heraus, sodass diese nicht über einen längeren Zeitraum „geplant und vorbereitet“ werden können,  – sondern die Entscheidung hierzu eben zeitnah und „spontan“ entsteht. Keine Spontanversammlungen sind aber Veranstaltungen mit Überraschungseffekt, die vorher von den Initiatoren abgesprochen sind, auch wenn sich nach Veranstaltungsbeginn weitere Personen spontan der Veranstaltung anschließen. Es handele sich hierbei um vorgetäuschte Spontanaktionen, die als absichtlich nicht angemeldete Versammlung zu behandeln sind.

Die infektionsschutzrechtliche Vertretbarkeit und insbesondere die zulässige Teilnehmerzahl im Einzelfall hängt von mehreren Faktoren ab. Diese sind unter anderem

– der Versammlungsort,

– der Wochentag,

– die Uhrzeit sowie

– die Art der Versammlung.

Als Auflagen werden hierbei regelmäßig u.a. erlassen:

– eine Begrenzung der Teilnehmerzahl ;

– alle Teilnehmer haben untereinander den notwendigen Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten ;

– während der gesamten Dauer der Versammlung sind durch die Versammlungsteilnehmer Mund-Nasen-Bedeckungen (MNB) zu tragen ;

– Personen mit Symptomen wie Husten, Fieber oder Atembeschwerden dürfen nicht an der Versammlung teilnehmen,

– die Abgabe/Verteilung von Informationsmaterial ist nicht zulässig, dies gilt auch für die Auslegung zur Mitnahme ;

– die Einhaltung der Auflagen ist durch die mit der Versammlungsleitung beauftragte Person zu überwachen.

Die unangemeldete Versammlung am 9. Mai habe diese Schutzmaßnahmen ignoriert.

Helleberg: „Es gibt in unserer demokratischen Verfassung vielfältige Möglichkeiten, mit Versammlungen eigene Sichtweisen mit Nachdruck zu vertreten. Dies begleiten und unterstützen wir stets gern, da das Versammlungsrecht eines der höchsten Güter in unserer Verfassung ist. Wir legen als Ordnungsbehörde – in enger Abstimmung mit der Polizei – aber auch klar dar, dass die Landeshauptstadt Mainz bewusst widerrechtliche Auslegungen der Versammlungsfreiheit dauerhaft nicht hinnehmen wird“, so Manuela Matz abschließend.