Mainz verzeichnet im zweiten Jahr in Folge unerwartet hohe Gewerbesteuereinnahmen (wir berichteten). Es geht um Milliarden, doch nach Abzug der Kosten bleibt immer noch ein dickes Plus von jährlich aktuell um die 600 bis 700 Mio. Euro. Jetzt hat die Stadt erste Investitionsfelder bekannt gegeben, um etwas an die Bürger zurückzugeben. 50 Mio. Euro gehen erstmal in die Pensionskasse der städtischen Beamten. Ein weiteres Paket aber – von ebenfalls 50 Mio. Euro – geht an die Bürger und wird am 1. Juni im Stadtrat verabschiedet.
Wie genau sehen die geplanten Maßnahmen im Jahr 2022 aus?
Belastungen der Zukunft nehmen, Schulden tilgen:
– Schuldentilgung von rund 480 Mio. EUR (Liquiditätskredite)
– Einzahlung in den Pensionsfonds in Höhe von 50 Mio. EUR
Klimaschutz und Mobilität:
– Mainzer Verkehrsgesellschaft:
o Zuschuss zum Kauf von 23 Elektrobussen, rd. 10,4 Mio. EUR
o Betriebskostenzuschuss von rd. 10 Mio. EUR
o Einbau von Rasengleisen, rd. 5,4 Mio. EUR
o Zuschuss zur Grunderneuerung der Straßenbahnstrecken, rd. 4 Mio. EUR
o Die MVG wird befähigt, das 365 EUR-Ticket für Schüler:innen und Auszubildende ab September 2022 einzuführen und das Sozialticket zu verbessern
– Mainzer Stadtwerke:
o Städtischer Zuschuss in Höhe von 3 Mio. EUR an die „Mainzer Stiftung für Klimaschutz und Energieeffizienz“
o 1,5 Mio. EUR Zuschuss in obengenannte Stiftung von den Stadtwerken
o Aus diesen Zuschüssen ergeben sich u.a. Fördermöglichkeiten für die Bürger:innen sowie städtische Gebäude für die Ausstattung von Dächern mit Photovoltaikanlagen, für den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur, für Maßnahmen zur Entsiegelung und Begrünung der Stadt sowie für Dach- und Fassadenbegrünungen
Umwelt und Grün:
– Bau einer Bewässerungsanlage für die Grünanlage an der Nordmole, rd. 500 TEUR
– Anschaffung von mobilen Grünelementen, rd. 250 TEUR
– Wasserzapfstellen zur Grünbewässerung, rd. 100 TEUR
– Ausstattung von Grünflächen mit Sport- und Fitnessgeräten, rd. 150 TEUR
– Planungsmittel für Entsiegelungsmaßnahmen öffentlicher Flächen, rd. 200 TEUR
Sport:
– Taubertsbergbad, rd. 2,4 Mio. EUR allein in 2022
o Investitionszuschuss zur Sanierung (insgesamt 19,2 Mio. EUR in den nächsten Jahren)
o Zuschuss zu Investitionen zur Optimierung eines energie- und ressourcen-sparenden Betriebs (reduzierter Wasserverbrauch, innovative Technologien im Bereich Wärme und Kälte, Photovoltaik und Solarthermie) in Höhe von insgesamt 4 Mio. EUR in den kommenden Jahren
– Neues Kunstrasengroßspielfeld auf der BSA Hechtsheim, rd. 1,26 Mio EUR
– Kauf von zwei mobilen Ein-Feld-Hallen, rd. 2,39 Mio EUR
– Zuschüsse an Vereine und Anschaffung neuer und weiterer Sportgeräte im öffentlichen Raum, rd. 160 TEUR
Schulen:
– rd. 1,6 Mio. EUR für (Fachraum-)Ausstattung und Digitalisierung
Jugendhilfe:
– Investitionskostenzuschüsse für Kitas für pädagogische Ausstattung, Mobiliar
– Stärkung des Jugendförderplans und des Sozialförderplans
– Bessere Ausstattung für die offene Jungend- und Kinderarbeit (Anschaffungen von bspw. Lastenrädern, Mobiliar, Instrumenten, Kickern, Konsolen, Darts)
Insgesamt rd. 4,7 Mio. EUR
Kultur:
– Förderung der Öffentlichen Bücherei (Mobiliar und RFID-System)
– Förderung des Mainzer unterhauses
– Erhöhung der Projektförderung der freien Kulturszene
– Mehr Kunst und Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum
– Stärkung des Gutenbergmuseums, insbesondere im Zuge des Umzugs und Neubaus, rd. 3,5 Mio. EUR
Insgesamt rd. 4,1 Mio. EUR
Die genannten Vorhaben sind eine Auswahl der mannigfaltigen Aktionen und Investitionen, die aus vielen Gesprächen mit Bürgern, mit Mitarbeitenden und mit den politischen Akteuren entstanden sind. Das Gesamtvolumen der Maßnahmen für das Jahr 2022 beläuft sich auf rund 50 Mio. EUR. Bei der Auswahl hat sich Stadt leiten lassen von Maßnahmen, die zu den Schwerpunktthemen der Stadt passen und auch in diesem Jahr umgesetzt werden können. Mittelfristige Linien bleiben natürlich der Haushaltsberatung 2023/24 vorbehalten.
OB Ebling hält fest: „Unsere ambitionierten Vorhaben werden zunächst den bekannten Gremienlauf nehmen, in der zweiten Jahreshälfte wird die Verwaltung intensiv mit der Umsetzung beschäftigt sein. Die Maßnahmen unter unserem Motto „Giving back“ motivieren unsere Mitarbeiter:innen, denn sie und alle Mainzer:innen profitieren von den genannten Vorhaben.“
Auch Bürgermeister Günter Beck ist überzeugt, dass „unsere Maßnahmen zur richtigen Zeit kommen, dass wir damit Zeichen in unserer Stadt und für unsere Stadtgesellschaft setzen, die uns in den nächsten Jahren positiv begleiten werden. Wir freuen uns auf die daraus resultierenden Aufgaben und gehen mit viel Motivation ans Werk.“
ÖDP kritisiert Vorgehen beim 50-Millionen-Euro-Paket: Bürgerschaft und alle Ratsfraktionen stärker einbinden
Die ÖDP-Stadtratsfraktion bedauert, dass die Verwaltung ausschließlich die Ampel-Fraktionen bei der Erstellung des „50-Millionen-Euro-Pakets“ eingebunden hat. „Aus meiner Sicht ist hier die Neutralität der Verwaltung nicht mehr gegeben, wenn nicht alle Ratsfraktionen eingebunden werden.“ Darüber hinaus hätten wir uns gefreut, wenn die Verwaltung bei der Verteilung eines Teils der zusätzlichen Haushaltsmittel dies im Rahmen einer öffentlichen Bürgerbeteiligung mit den Menschen unserer Stadt diskutiert und besprochen hätte“, kritisiert Fraktionsvorsitzender Dr. Claudius Moseler. Vor einigen Jahren gab es dazu in Mainz das Projekt des „Kommunalen Bürgerhaushalts“ – allerdings gab es damals kaum etwas zu verteilen. „Der Dialog mit der Bürgerschaft scheint unserem Oberbürgermeister und unserem Finanzdezernenten leider wohl nicht ganz geheuer zu sein“, so Moseler abschließend.
CDU sieht Nachbesserungsbedarf beim Investitionsprogramm: Maßnahmen greifen beim ÖPNV und im Sozialbereich zu kurz / Nicht alle Parteien beteiligt
Das Investitionsprogramm der Stadt Mainz stößt bei der CDU zum großen Teil auf Zustimmung, an einigen Stellen greife es jedoch zu kurz. Der Fraktionsvorsitzende der CDU Hannsgeorg Schönig macht deutlich, dass es richtig sei, den neuen finanziellen Spielraum für nachhaltige Investitionen zu nutzen. „Der Großteil der Maßnahmen sind sinnvoll und deckungsgleich mit vielen CDU-Überlegungen“, sagt Schönig. Er sei jedoch ebenfalls entsetzt darüber, dass das Investitionsprogramm im Vorfeld nur mit den Ampel-Parteien abgesprochen wurde und nicht alle Parteien in den Beratungsprozess eingebunden wurden, da es sich hierbei um Haushaltsangelegenheiten handle, über die abschließend der Stadtrat entscheide. Dieses Vorgehen zeige ein eigenartiges Demokratieverständnis der Stadtspitze um Oberbürgermeister Michael Ebling und Bürgermeister Günter Beck sowie der Ampel-Parteien. „Es erweckt den Anschein einer gewissen Arroganz der Macht, wenn man bei solchen Beratungen alle anderen Fraktionen ausschließt und ihnen so die Möglichkeit nimmt, dass sie ihre Ideen einbringen können“, so Schönig.
Für den Kreisvorsitzenden der CDU Thomas Gerster seien bei den Plänen der Stadt beispielsweise Investitionen in Schulgebäude und den Straßenbau hinten runtergefallen. „Die Infrastruktur in Mainz ist an vielen Stellen in die Jahre gekommen“, so Gerster. Es sei bitter nötig, in die Erneuerung von Schulen und Straßen zu investieren, denn eine gute Infrastruktur sei das Rückgrat einer modernen und erfolgreichen Stadt. Auch sei die Sanierung des Rheinufers nicht in den Investitionsplänen bedacht worden. „Das Projekt Rheinufer liegt in Mainz schon viel zu lange brach“, sagt Gerster. Das Rheinufer habe eine Menge Potential, das endlich genutzt werden müsse. Die geplanten Investitionen in das Taubertsbergbad begrüßt Gerster ausdrücklich.
Auch die sozialpolitische Sprecherin der CDU Claudia Siebner begrüßt die geplanten Investitionen. Insbesondere das 365-Euro-Ticket für Schüler und Azubis sei eine wichtige Maßnahme. Wenn Familien entlastet werden sollen, greife es allerdings zu kurz, da Familien mit mehreren Kindern trotzdem einen erheblichen Betrag zur Finanzierung aufbringen müssen. „Es muss ein Familienticket geschaffen werden, das zu einer umfassenden Entlastung bei den Kosten für den ÖPNV führt“, so Siebner. Hier seien Gespräche mit der Mainzer Mobilität für eine dauerhafte Lösung zu führen. „Zukunftsorientiert ist – wie bereits mehrfach von der Ampel in den Raum gestellt – ein 365-Euro-Ticket für jeden“, erklärt Siebner. Erfreulich sei auch die zusätzliche finanzielle Unterstützung der Freien Träger der Kindertageseinrichtungen. „Mit den Investitionskostenzuschüssen werden sie in die Lage versetzt, die Anforderungen des Kita-Zukunftsgesetzes zu erfüllen und die notwendigen Umbaumaßnahmen bzw. Erweiterungsmaßnahmen durchzuführen“, sagt Siebner. Dies sei dringend erforderlich, um den neuen Rechtsanspruch auf eine sieben Stunden Betreuung mit Mittagessen zu erfüllen und sichere den Erhalt der Betreuungsplätze.