Der erste Eindruck trügt. Wenn man das Haus in der Frauenlobstraße betritt und der knarrenden Holztreppe entlang bunter, bleiverglaster Fenster in den 3. Stock folgt, erwartet man eine typische Altbauwohnung. „Das Haus wurde 1890 fertig gestellt, im 2. Weltkrieg von einer Phosphorbombe bis auf die unteren drei Stockwerke zerstört und zunächst mit einem Flachdach versehen. Zwischen 2008 und 2010 wurde es mit einem Neubau aufgestockt und ist seitdem wieder 5-geschossig“, weiß Leo zu berichten. Er ist einer der fünf Mieter, die die Topetage(n) zurzeit bewohnen.
Auf die Mischung kommt es an
Das hübsche Domizil erstreckt sich auf etwa 140 qm über drei Stockwerke. Zwei davon sind neu gebaut. Im ersten befinden sich die offene Küche, zwei Zimmer, ein Bad und die Gästetoilette. Drei weitere Zimmer und ein Bad sind auf der zweiten Etage untergebracht. Hier beginnt der eigentliche Neubau, von dem aus eine steile Holztreppe in den dritten Stock führt: Wohnzimmer, kleines Gästezimmer und herrliche Dachterrasse mit Blick über den Gartenfeldplatz. Mit Leo teilen sich aktuell Caroline, Milena, Simon und Paul die Wohnung inmitten der Neustadt. „Die Mischung aus Alt- und Neubau und die Verteilung auf mehreren Etagen ist das Besondere“, bestätigen sie alle. Und auch „die jetzige Kombination von zwei Frauen und drei Männern hat sich als perfekt erwiesen, auch wenn es das erste Mal ist, dass hier mehr Männer, als Frauen wohnen“, stellt Simon augenzwinkernd fest. Der einzige nicht mehr Studierende des „Clans“ spricht aus Erfahrung. Er wohnt hier seit vier Jahren und erklärt sich somit scherzhaft zum „WG-Chef“.
Gemeinsam im Sattel
Die Bewohner schätzen ihre Gemeinschaft und profitieren davon. „Auch wenn nicht immer alle da sind, findet man jederzeit jemanden, mit dem man sich unterhalten kann“, sagt Caroline. „Wir sind alle sozial und offen eingestellt, haben Lust auf Gesellschaft, sind sportlich und zudem Freunde“, fügt Milena hinzu. Jeder hat so seine Rolle oder Stärken. Leo ist der „Haustechniker“, Caroline und Milena die Expertinnen in Sachen Sport, Simon ist Kletter- / Boulderfachmann und Paul, das neueste Mitglied der WG, war Leistungssportler und ist Hobbyfotograf. Gemeinsame Interessen verbinden auch über den ge teilten Wohnraum hinaus. Hier ist vor allem das Faible aller fürs Rennrad(-fahren) zu nennen. In fast jedem Zimmer hängt ein ebensolches Rad an der Wand. Leo hat dafür spezielle Halterungen konstruiert. Nicht selten sitzt die komplette WG zur sportlichen Feierabendrunde in der Umgebung gemeinsam im Sattel.
Treffpunkt Küche
Zentraler Treffpunkt aber ist die offene Küche in der ersten Etage der Wohnung. Hier wird geklönt, sich ausgetauscht, zusammen gekocht und gegessen. Jeder bringt sich mit seinem Kochstil ein. So wechselt man sich in lockerer Reihenfolge ab. Einen festen Plan gibt es nicht und auch keinen Zwang, die gesamte WG zu bekochen oder gemeinsam zu essen. „Alles geht, nichts muss“, so formuliert Simon die Philosophie des Zusammenlebens. Das scheint auch in punkto Verpflichtungen wie Aufräumen oder Putzen bestens zu funktionieren. Ein Blickfang in der Küche ist die umfangreiche Postkartensammlung, die eine komplette Wand ziert. Die WG hat es sich zur Tradition gemacht, die Karten von Freunden, Familie und auch untereinander aus aller Welt schicken zu lassen. „Die Sammlung soll noch ausgebaut werden, wir haben ja noch zwei Etagen“, bemerkt Simon.
Der Ausblick macht’s
Im Winter verwaist der oberste Stock ein wenig. Selbst das Wohnzimmer in der Dachschräge wird dann (außer zum gemeinsamem „Tatort“ schauen) eher selten genutzt. „Vielleicht auch, weil der Kühlschrank zu weit weg ist“, scherzt Leo. Doch sobald es wärmer wird, verlagert sich das Gemeinschaftsleben auf die Dachterrasse, dem buchstäblichen „Highlight“ der Wohnung. „Beim Blick von oben in die dichten Baumkronen des Gartenfeldplatzes, glaubt man fast gar nicht, dass man im Zentrum wohnt“, schwärmt Caro. „Dennoch sind wir mitten in der Neustadt und wenn man hier mal alleine ist, ist mit Sicherheit auf der Straße was los.“ Gerade fangen die Bäume an zu blühen und alle fiebern weiteren warmen Tagen und einem Drink auf ihrer Terrasse über den Dächern der Neustadt entgegen. Das Leben auf dem Platz haben sie bis dahin fest im Blick.
Text Tina Jackmuth Fotos Frauke Bönsch
Bei so einer Lage und einer so schönen Wohnung würde mich die Kaltmiete dann allerdings doch mal interessieren.