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Posse um Mainzelmännchen – Verkehrsminister Wissing hält Ampel für gesetzeswidrig


ampelAus der Allgemeinen Zeitung von Monika Nellessen

Det geht, und Det steht: So leuchtet die Mainzelmännchen-Ampel an der Großen Bleiche mal Grün, mal Rot. Entsprechend laufen die Passanten über die Straße – oder sie warten. Alles in Ordnung also? Nein, denn in Deutschland geht nur das, was im Gesetz steht. Und von Det steht nun mal, Gudn Aaaabend, nichts in der Straßenverkehrsordnung – eine Mainzelmännchen-Ampel geht also nicht. Zumindest so ähnlich liest sich nach AZ-Informationen ein Brief des rheinland-pfälzischen Verkehrsministers Volker Wissing (FDP) an Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD). Demnach war es ein Akt purer Anarchie, als Ebling – Hand in Hand mit einem überlebensgroßen Det und begleitet von ZDF-Intendant Thomas Bellut – das mainzigartige Lichtsignal in Betrieb nahm.

Ob Wissing bloß neidisch ist, weil am Übergang ausschließlich Rot und Grün als Farben der Ampelkoalition von Land und Stadt blinken, nicht aber liberales Gelb, wobei Letzteres ja wirklich zu Wankelmut bei Richtungsentscheidungen verleiten könnte? Nein, das ist nicht die Ursache, wie die AZ aus dem Ministerium erfuhr. Sprecherin Susanne Keeding erklärt: „Natürlich ist das Mainzelmännchen in der bundeseinheitlichen Richtlinie für Lichtsignalanlagen nicht ausdrücklich zugelassen. Darauf hat das Ministerium die Stadt auch förmlich hingewiesen. Der Oberbürgermeister hat in eigener Zuständigkeit entschieden, die Ampel dennoch aufzustellen.“

„Sinnbild des schreitenden Fußgängers“

Das Land schiebt der Stadt die Haftungsfrage zu: Denn was wäre, falls ein Unfall passiert, und der Rotlicht-Sünder zu Fuß gibt an, Det mit seinen warnend (oder weit?) geöffneten Armen sei für ihn kein ernst zu nehmendes Stoppzeichen?

„Das Ministerium wird noch mal klarstellen, dass die Aussagekraft der Fußgängersymbole entsprechend der bundeseinheitlichen Richtlinie vollständig gewährleistet sein muss. Die Verantwortung dafür liegt zunächst beim Oberbürgermeister der Stadt Mainz“, bekräftigt Keeding. Wie das gelingen soll, lässt die Sprecherin offen. Sie signalisiert aber, Wissing sei nicht daran gelegen, Det gänzlich aus dem Ampelkasten zurück in die Flimmerkiste zu verbannen. Es könnte also an Dets Performance auf der individuell gestalteten Ampelscheibe gearbeitet werden, oder an der Rechtsgrundlage – indem das Land als Kontrollinstanz den Mainzelmann in der Ampel durchwinkt. Ähnliches ist bereits in anderen Städten geschehen.

Individualisierte Ampelmännchen bereits in anderen Städten

Wörtlich heißt es in der Straßenverkehrsordnung: „Im Lichtzeichen für Fußgänger muss das rote Sinnbild einen stehenden, das grüne einen schreitenden Fußgänger zeigen.“ Bundesweit zugelassen sind das westdeutsche Ampelmännchen sowie das von der EU in die Mitgliedsstaaten entsandte Euromännchen. Nach der Wiedervereinigung wurde auch der 1961 aus der Taufe gehobene Ost-Ampelmann in die Richtlinien für Lichtsignalanlagen aufgenommen –­ lustigerweise ist der kecke Kerl mit Hut nur in Bayern nicht zugelassen.

Lockerer scheinen die Amtskollegen im Freistaat Thüringen drauf zu sein, die grünes Licht für über ein Dutzend individualisierter Ampelmännchen in Erfurt gaben. Umgestaltet werden in der Mainzer Partnerstadt übrigens tatsächlich nur grüne Ampelmänner. Aus Sicherheitsgründen, vermeldet die Thüringer Allgemeine. Per Scherenschnitt in die Alufolie, die dem Ampelmännchen zu DDR-Zeiten seine Form gab, entstanden bereits in den 1980er Jahren ein Bäckergeselle, ein Wanderer mit Stock und Rucksack oder eine elegante Ampeldame mit Hut und Handtasche. Ampelfrauen gibt es inzwischen – meist auf Initiative von Gleichstellungsbeauftragten – auch in Dresden, Bremen, Leipzig, Köln oder Kassel.

„Mainzelmännchen-Ampel grundsätzlich zulässig“

Das Mainzelmännchen ist also in guter Gesellschaft, findet Marc André Glöckner. Der Sprecher der Stadt äußert sich auf AZ-Anfrage im Namen seines Chefs: „Wir sind der Auffassung, dass die Mainzelmännchen-Ampel nach Straßenverkehrsordnung grundsätzlich zulässig ist.“ Auch wenn die Verwaltungsvorschriften nur zwei Formen von Ampelmännchen kennen (West und Ost), so seien „ja die Funktionsweise und die Wirksamkeit der neuen Ampel gegeben“. Glöckner: „Die Farben „grün“ und „rot“ sind identisch mit den gängigen Ampeln, damit wird der Warn-und Zeichencharakter vollumfänglich erfüllt. Auch ist ausreichend Lichtstärke gegeben, das wurde vorab sogar mehrfach erprobt.“

Im Übrigen versucht der Sprecher, die Verkehrsbürokraten des Landes mit Mainzelmann-typischem Esprit zu überrollen: „Die derzeitigen Vorschriften können unsere neue, innovative, beliebte und sympathische Ampel ja auch noch nicht kennen, da sie vor Kurzem ja erst erfunden und installiert wurde. Wir sind überzeugt, dass selbst die Landes- und Bundesbehörden sich dem Charme der Mainzelmännchen nicht entziehen können und die Ampel weiterhin ihren Dienst machen darf“, so Glöckner.