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Neue Ausstellung in der Kunsthalle ab 3. Februar


Eröffnung der Ausstellungen:

Elly Strik. Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke

Eva Weingärtner. we are one

Trabant: Peter Sauerer

Kunsthalle Mainz, 3.2. – 22.4.2012

Elly Strik. Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke

Elly Strik (*1961, lebt in Brüssel) schafft ausschließlich Arbeiten auf Papier, darunter viele großformatige Arbeiten mit einer Höhe ­von bis zu 320 Zentimetern. Allein die Dimension dieser Werke verleiht ihnen eine unausweichliche Präsenz. Die Vorgehensweise und Motivfindung von Elly Strik sind so komplex wie die Bilder selbst und die Bezüge, die sie aufweisen. Das übergroße menschliche Antlitz, maskenhafte, mythisch erscheinende Gesichter oder schonungslos offene Darstellungen von Nacktheit und Verletzlichkeit tauchen immer wieder auf. Stets erschafft sie in ihren Bildern, die meist in einer Mischtechnik aus Öl, Lack und Graphit entstehen, ambivalente Situationen, in denen eine geschlechtliche Bipolarität ebenso angedeutet sein kann wie die Vieldeutigkeit einer Persönlichkeitsstruktur. Ausgehend von der eigenen Person und der Beschäftigung mit Vorbildern wie u.a. Marcel Duchamp, Francisco de Goya oder auch Personen wie Charles Darwin und deren Theorien, geht es im Werk der Künstlerin immer wieder um die Frage nach der Identität und der Verortung des Künstlers in einer Gesell­schaft. Gemeint ist der Künstler, genauer die Künstlerin, als Arche­typ und Seismograph innerhalb des Gesellschaftskörpers. Auf emotional-assoziative Weise und gleichsam kontextuell vorgehend, schafft Elly Strik Werke, die ein komplexes Referenzsystem zu den „Vorbildern“ herstellen. Die Referenzen entstehen unter anderem durch die Titel. Aber auch innerhalb der Werke, die zugleich als völlig eigenständige Bildfindungen funktionieren, ergeben sich häufig Querverweise. Immer wieder tauchen Masken oder Schleier auf, die verdecken, verunklären oder den Figuren eine mehrdeutige Identität und Geschlechtlichkeit sowie etwas Archetypisches verleihen. Die Zeichnungen sind virtuos, voller Intensität und dennoch „aus dem Wunsch entstanden, keine Eitelkeit zuzulassen“ (Elly Strik). So arbeitet die Künstlerin immer wieder mit Mitteln, die der Schönheit einer Zeichnung eine aufputschende Irritation verleihen. Ihre Bilder erlangen etwas Drängendes, bisweilen ­Unheilvolles, dem sich der Betrachter kaum entziehen kann. Elly Striks Werk ist ein permanentes Ausloten von Körperlichkeit, ­Begehren, Schmerz, Schrecken, Lust und Tod. Sie geht dabei anarchisch und zugleich methodisch vor.

Die Ausstellung gibt einen umfassenden Einblick in das Schaffen der Künstlerin. Die Präsentation der Arbeiten folgt einer von Elly Strik konzipierten Dramaturgie, die für die Räume der Kunsthalle Mainz erarbeitet wurde.

 

 

Eva Weingärtner. we are one

Eva Weingärtner (*1978, lebt in Frankfurt/Main) tritt in ihren bisherigen Videofilmen bzw. Videoperformances ausnahmslos selbst als Akteurin auf. Es sind kammerspielartige Aufführungen, in denen die Künstlerin in verschiedene Rollen schlüpft oder sich ein Alter Ego schafft, wie in dem Video „2me“, in dem sie ihr eigenes Spiegelbild küsst, liebkost oder mit ihm ins Sehnen gerät. In einem anderen Video wird der Betrachter Zeuge eines Dialogs, in dem die Beteiligten (beide von Weingärtner gespielt) um die Möglichkeit oder Unmöglichkeit von (richtiger) Liebe ringen. Das Individuum, insbesondere das weibliche, kreative Individuum muss hier­bei sein Verhältnis zur unmittelbaren Umgebung, aber auch zur Gesel­l­schaft ausloten, einen Standpunkt finden und ­bis­weilen aufgeben. Immer wieder wird die Problematik von Fremd- und Eigenwahr­nehmung gestreift sowie existenziell ­bedeutsame oder tragikomi­sche Verhaltensweisen, die sich daraus ergeben können, insbesondere wenn es um das Zeigen oder Verbergen von Stärke und Schwäche geht. Der Betrachter wird mit intimen zwischen­menschlichen Szenen konfrontiert, in denen das Misslingen von Vertrauen, Kommunikation und Anerkennung wieder­kehrend auftaucht. Er ist in der Rolle des Beobachters, der zwangsläufig zum Voyeur des Geschehens wird, ohne der Schaulust frönen zu können. Höchst intime Momente, die Gedanken an alltägliche ­Begebenheiten hervorrufen, transformiert die Künstlerin mit Mitteln des darstellerischen Spiels in äußerst präzise Artefakte, die die Ebene des Persönlichen verlassen und die Protagonistin zur Mittlerin von unausweichlichen Fragestellungen macht, in die das gesellschaftlich-kommuni­kative Individuum verstrickt und in denen es meistens sogar gefangen ist. Das intensive Spiel der Künstlerin macht alle Arbeiten zu starken Erlebnissen, die das Potenzial haben zu verstören.

Ausgehend von der Arbeit an den Videofilmen entstanden in jüngster Zeit Texte, die in der Ausstellung „we are one“ erstmals als eigenständige hörbare Textarbeiten und in installativer Form gezeigt werden.

 

 

Trabant: Peter Sauerer

Der in München geborene Künstler Peter Sauerer (*1958) wurde bekannt mit Schnurarchitekturen, bei denen er Gebäude wie den Kölner Dom oder den Deutschen Reichstag detailliert und im verkleinerten Maßstab nachschnitzt, sie dann in viele Teile zersägt und die Teile mit Schnüren wieder zusammenflickt, um das fragil gewordene „Monument“ kopfüber an die Wand zu hängen. Schöpfung und Zerstörung, Stabilität und Unsicherheit fließen in den Werken von Peter Sauerer stets ineinander wie zwei sich ­gegenseitig bedingende Kräfte. Machart und Ästhetik seiner ­mini­­aturhaften Arbeiten lassen zunächst an Spielzeug oder harmlose Modelle denken. Auf den zweiten Blick eröffnen sie einen Kosmos, der sich durch das Aufgreifen von prägenden Bildern als eine komplexe ­Erfahrungsumkreisung entpuppt. Unaufgeregt und kommentarhaft wirken die bildhauerischen Miniaturen, die vom eigenen Erleben, von Phantasien und von geschichtsträchtigen Ereignissen ausgehen, deren Bilder sich tief ins kollektive Gedächtnis eingeschrieben haben. Die hier gezeigte Werkgruppe von weiblichen Masken wurde durch die Legende um die „Vril-Gesellschaft“ angeregt, einen Geheimbund, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts exis­tiert haben soll und dessen Mitglieder kraft ihres Geheimwissens das NS-Regime angeblich mit Plänen für die bis heute unbestätigten „Reichsflugscheiben“ versorgt haben. Die Titel der Masken sind die Vornamen der sogenannten Vril-Frauen Gudrun, Sigrun und Traute. Das Spiel um Fiktion und Wahrheit findet in den Masken seine geradezu unheimliche Wiederkehr in den doppelt geschnitzten Augenpaaren, die eine ständige Bewegung vortäuschen und die man unmöglich fixieren kann. Als tragbare Masken konzipiert, bieten sie bewusst die Möglichkeit, die Frage nach Wahrheit oder Lüge situativ zu ­erproben. Wer eine der Masken trägt, nimmt ­unweigerlich ihre Identität an. Das geschnitzte „Ich“, eine Selbstporträt-Maske des Künstlers, ermöglicht Peter Sauerer ein Alter Ego, mit dem er sich selbst wiederholt und zugleich verunklärt. Und der Betrachter könnte mittels dieser Maske die Identität des Künstlers annehmen, zumindest für einen kurzen Moment.