Text Felix Monsees
Fotos Daniel Rettig
Hefeflocken rieseln aus der Verpackung auf die Nudelplatten. Zutaten für eine vegane Lasagne. „Die sorgen dafür, dass alles knusprig wird“, erklärt Moe, während sie die beiden Auflaufformen in den Ofen schiebt. Für acht Personen soll das Essen reichen, die die Verwaltungsangestellte über die Facebook-Gruppe „Meet2Eat“ eingeladen hat.
Weil ihre Küche noch nicht fertig ist, findet das gemeinsame Mahl bei Gruppengründer Johannes Haas statt. Die beiden Mittzwanziger kennen sich seit drei Stunden – solange dauern bereits die Vorbereitungen für Moes fleischloses Dreigänge-Menü. Es ist ein ungleiches Paar. Dort die Vegetarierin mit den auffälligen Piercings im Gesicht, da der an den jungen Christian Lindner erinnernde VWL-Student im blassrosa Hemd, der hauptberuflich mit seinem Bruder Michael eine Internetplattform betreibt. Aber aus seinem Milieu auszubrechen und neue Leute kennen zu lernen, ist eines der Motive hinter „Meet2eat“.
Moderner Stammtisch
Ihre Computerarbeit betreiben die Brüder in Heimarbeit in der Neubrunnenstraße, weshalb beide einsame Mittagspausen in den Restaurants der Umgebung verbrachten. Um das zu ändern, gründeten sie eine Gruppe im sozialen Netzwerk: Mitesser gesucht! Der Ablauf ist einfach: Wer Gastgeber sein möchte, stellt eine Veranstaltung online, gibt an, wie viele Gäste kommen können und wie hoch der Unkostenbeitrag ist. Wer zuerst klickt, isst zuerst. Ihre Gemeinschaft sieht Johannes als modernen Stammtisch. In der Neubrunnenstraße herrscht hingegen eher WG-Atmosphäre. Ausnahmslos U-30-Gäste bedienen sich am ersten Gang: Einem bunten Gemüsesalat mit improvisiertem Senfdressing, stellt Köchin Moe vor. Da sie heute nicht die einzige Veganerin am Tisch ist, lässt alleine das komplexe Thema „Ernährung ohne tierische Produkte“ keine peinlichen Gesprächspausen zwischen den Fremden entstehen. Ein Glas Supermarkt- Rotwein begleitet das „Woher kommst du?“ und „Was machst du so?“ der Tischgesellschaft. Kein Gast vergisst die servierte Linsen-Lasagne – nicht nur vegan, sondern auch vollwertig. Bald sind alle Portionen der geschichteten Pasta-Platten mit Fleischersatz zu loben. „Dabei hatte ich doch die doppelte Menge gemacht“, sagt die Köchin und stellt zum Nachtisch eine Schüssel mit selbst gemachtem Apfelkompott auf den Tisch.
Social Food
Das sozial vernetzte Essen befriedigt augenscheinlich ein dringendes Bedürfnis. Geschickt haben die beiden Plattformbetreiber Michael und Johannes Haas ihre Veranstaltungen in die regionalen Medien gebracht: „Wir haben jetzt innerhalb von wenigen Wochen mehr als 1.000 Likes bekommen“, sagt Johannes, „das heißt, wir brauchen mehr Gastgeber.“ In den ersten vier Wochen fanden bereits 24 Veranstaltungen statt – über die Stadtgrenzen hinweg mittlerweile im ganzen Rhein-Main- Gebiet. In der temporären WG-Küche in der Neubrunnenstraße herrscht währenddessen Aufbruchs- stimmung. Köchin Moe sammelt den Unkostenbeitrag von zehn Euro ein. Auf dem Weg runter durch das Treppenhaus mahnt ein Nachbar per Aushang zur Einhaltung der Nachtruhe und man ist doch froh, dass der eigene Name nicht auf dem WG-Putzplan steht.
Rezept
Linsenlasagne (für vier Personen)
Zutaten: 200 g rote Linsen, 3 Zwiebeln gewürfelt, 2 Knoblauchzehen fein gehackt, 3 EL Olivenöl, 700 g passierte Tomaten, Salz, Pfeffer, frische Gewürze (Rosmarin, Thymian, Oregano), 1 EL Gemüsebrühe, 80 g Reis, 5-7 EL Wasser, 2 TL Cashew-Mus, 1 Packung Lasagne-Platten, 1 EL Hefeflocken
Linsen mit der doppelten Wassermenge aufkochen, dann bei kleiner Hitzezufuhr zehn bis zwölf Minuten garen. Olivenöl in der Pfanne heiß werden lassen, Zwiebel- und Knoblauchwürfel anschwitzen. Tomaten und fein gehackte Kräuter dazu geben. Reis fein mahlen, mit Wasser anrühren und mitköcheln. Cashew- Mus unter die Sauce rühren, Linsen dazugeben und gar kochen. Nacheinander Lasagne-Blätter und Linsen- Tomaten-Sauce in eine gefettet feuerfeste Auflaufform schichten. Mit Hefeflocken bestreuen. Ofen auf 180 Grad Celsius vorheizen und die Lasagne etwa eine Stunde backen. Mit grünem Salat servieren.