Aus der Allgemeinen Zeitung von Maike Hessedenz Foto: J.K.
Es ist ein Kulttreff geworden, ein samstägliches Sehen und Gesehen werden, ein Pflichttermin vor den 05-Spielen. Das Marktfrühstück ist alles, nur kein Geheimtipp mehr. Jeden Samstag treffen sich tausende Mainzer und Gäste am unteren Ende des Wochenmarktes zum Weintrinken, Klönen, ersten oder zweiten Frühstück. Und es werden immer mehr:
Spielte sich das Marktfrühstück vor ein paar Jahren noch hauptsächlich in der Apsis des Liebfrauenplatzes, rund um den Weinstand der Mainzer Winzer ab, breiten sich die Weintrinker und Picknicker inzwischen längst in Richtung Fischtorstraße, Gutenberg-Museum und Blumenbeete aus. Je nach Wetter ist samstags am Liebfrauenplatz ab dem späten Vormittag kein Durchkommen mehr.
Es ist Tradition und vom Markt nicht wegzudenken, das findet ein Großteil der Besucher und Beschicker, die die AZ im samstäglichen Trubel ansprach. Dennoch macht sich bei dem einen oder anderen auch ein deutliches Stirnrunzeln ob der Masse der Menschen, die den Liebfrauenplatz bevölkern, breit. „Es ist aus dem Ruder gelaufen“, findet Anna-Maria Stahl, Inhaberin eines Gemüsestandes gegenüber der Dombuchhandlung und Sprecherin des Marktvereins.
Richtung Rhein verlagern?
Inzwischen aber seien die Marktbeschicker mit den Mainzer Winzern, die beim Marktfrühstück ihre Weine ausschenken, in gutem Kontakt. „Wir müssen miteinander reden und kooperieren“, sagt sie. Seit die Winzer für die Abfahrt der Lkws der anderen Markstände Helfer zur Verfügung stellten, klappe das Ausfahren recht gut, sagt sie. Dennoch könne man durchaus darüber nachdenken, das Marktfrühstück Richtung Rhein hin zu verlegen. Eventuell zum Fischtorplatz, wo demnächst der Weinprobierstand der Winzer eröffnen soll. Nach AZ-Informationen ist der Start des dortigen Weinprobierstandes noch im Mai geplant.
Auch Gemüsehändler Harald Reinheimer aus Ginsheim könnte sich vorstellen, das Marktfrühstück zum Rhein zu verlagern. „Die Beeinträchtigungen für uns Beschicker sind teilweise enorm. Die Stadt müsste hier ordnend eingreifen“, sagt er. Andere Beschicker fühlen sich dagegen überhaupt nicht gestört – unter anderem Marcus Patzig vom Stand der Thüringer Spezialitäten, Eva Oetken vom Gewürzstand an der Nagelsäule oder Nils Reinländer vom Stand des Obsthofs Werner. „Mal ehrlich, es kann hier jeder zufrieden sein. Der eine profitiert vom anderen“, sagt Ulrika Ehrenbach von „Spezialiäten Ehrenbach“, wo sich die Gäste mit Suppe, Brot oder Salaten eindecken. „Wir sollten zu schätzen wissen, dass wir hier Geld verdienen.“
Wartezeiten von bis zu 20 Minuten
Eine, die dazu beiträgt, ist die 39-jährige Rebekka aus Mainz. Regelmäßig kommt sie mit Freunden zum Marktfrühstück, sie haben Picknick dabei, Obst und Gemüse wird frisch gekauft. „Ich würde sonst eher nicht auf dem Markt einkaufen“, sagt sie. Anderen ist der Trubel am Winzerpavillon inzwischen zu viel; nicht selten muss man Wartezeiten von bis zu 20 Minuten oder länger einkalkulieren. „Deswegen bringen wir uns unseren Wein von zuhause mit“, sagen der 35-jährige Alex und die 33-jährige Maren, die zwischen Blumenbeet und Baumreihe ihren Samstagmittag verbringen. Verlagern? „Wohin denn?“ fragen sie. „Das hier ist doch der schönste Platz auf Erden.“ Aber einen zweiten Weinstand, den fänden sie durchaus sinnvoll. Sie sind nämlich nicht die einzigen, die ihren Wein schon im Gepäck haben.
Auch Marktkunden, die einfach nur einkaufen wollen, haben kein Problem mit dem Marktfrühstück: „Ich freue mich, dass das den Menschen so gefällt“, sagt eine Seniorin aus Mainz. Dass es schwieriger sei, sich durch die Masse zu kämpfen, nehme sie da in Kauf. Selbst die Läden direkt an der Apsis können nicht ausschließlich übers Marktfrühstück schimpfen. Marion Jung vom Möbelladen Jung findet es „wichtig und schön“, dass es das Marktfrühstück gibt. Nur, wenn die Massen sich bis in den Ladeneingang drängten, auf der Fensterbank oder der Straße vor dem Geschäft säßen, „nimmt es Überhand. Gemütlich ist das dann natürlich nicht mehr.“ David Dürlich vom „Optiker am Dom“ ist Fan der Veranstaltung. Auch er muss hin und wieder vor seinem Laden für Ordnung sorgen. „Aber der Kontakt zu den Winzern ist sehr gut“, betont er.