„In einer Stadt, die auf eine reiche Geschichte und kulturelle Tradition zurückblickt, vollzieht sich ein bemerkenswerter Wandel. Vom Gutenberg- Museum bis zum LEIZA – überall wird modernisiert, erweitert und umgedacht. Diese Entwicklungen spiegeln nicht nur den Wunsch wider, das kulturelle Erbe der Stadt zu bewahren, sondern auch die Vision, Mainz zu einem Ort zu machen, der den Herausforderungen und Bedürfnissen einer modernen Gesellschaft gerecht wird. Doch was bedeutet dieser Umbruch für die Stadt und ihre Bewohner? Ein Blick hinter die Kulissen der vier bedeutendsten Museen der Stadt zeigt, wie Tradition und Moderne zu einer neuen Einheit verschmelzen.
Gutenberg Museum
Mehr als 60 Jahre nach der Errichtung des sogenannten „Schellbaus“ bedarf das Gutenberg-Museum sowohl baulich als auch inhaltlich einer Modernisierung und Neuausrichtung, um als erfolgreiches „Weltmuseum der Druckkunst“ heutigen Ansprüchen an ein modernes Museum weiterhin zu entsprechen. Sowohl Ausstattung als auch baulicher Zustand genügen derzeit nicht mehr den aktuellen Standards.
Die Planungen zur Neugestaltung für den Gebäudekomplex sehen einen Ersatzneubau des „Schellbaus“ und eine Kernsanierung samt Umbau des Erweiterungsbaus (Seilergasse) vor. Um die massiven Umbauten zu realisieren, wird das Museum ab dem 7. Oktober schließen und ab dem 22. November seinen „Interimsbetrieb“ im Naturhistorischen Museum aufnehmen, um sich weiter präsentieren zu können. Hier wird dann die neue Ausstellung „Gutenberg-Museum MOVED“ eröffnet. Die Finanzierung für das Gesamtprojekt stottert allerdings. Wie kürzlich bekannt wurde, wird das Museum nun etwas kleiner als geplant und die angedachte „Schatzkammer“ mit den Gutenberg- Bibeln nicht so ganz freischwebend wie angedacht.
Das Bauvorhaben (82 Mio.) inklusive Szenografiekonzept (15 Mio.), Interimsunterbringung (9 Mio.) und Erwerb Hotel Schwan (3 Mio.) ist aktuell mit Kosten von rund 108 / 109 Mio. Euro taxiert, ähnlich wie das Rathaus. Finanzdezernent Beck: „Seit Monaten laufen die Gespräche zwischen Bau- und Kulturdezernentin Grosse und mir in enger Abstimmung, denn ein solch großes und bedeutendes Projekt stemmt man nicht einfach mal so nebenher.“ Vor diesem Hintergrund wurden auch Gespräche mit dem Land Rheinland- Pfalz geführt, insbesondere mit Hinblick auf eine Förderung aus dem sogenannten Landeshauptstadtansatz. Anfang März konnte mit dem Innenministerium abgestimmt werden, dass der Neubau grundsätzlich gefördert werden könne. „Hier sind wir optimistisch“, so Beck. Die Planung sieht vor, dass eine Förderung in Höhe von insgesamt 25 Mio. Euro aus diesem Topf zur Finanzierung herangezogen werden soll. Doch mit der offiziellen Bescheidung durch das Innenministerium ist frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2026 zu rechnen. „Die restliche Finanzierung wird über Investitionskredite erfolgen“, so Finanzdezernent Beck. Und Bau- und Kulturdezernentin Grosse erläuterte, dass sich die Stadt zudem beim Bundesförderprogramm „KulturInvest“ beworben habe für das „Szenografiekonzept“ für 7,5 Mio. Euro, die Ende September auch bewilligt wurden.
Das alte Museum wird nach Fastnacht im März 2025 abgerissen. Dann erfolge der Aushub der Baugrube sowie die Arbeit der Archäologen. Wenn der Neubau Ende 2025 beginnen könnte, wird er etwa drei Jahre benötigen, so dass in einer Optimal-Planung Ende 2028 Eröffnung gefeiert werden könnte – ein Jahr nach dem Einzug ins neue Rathaus, dem zweiten aktuell teuersten Bauprojekt der Stadt Mainz.
Naturhistorisches Museum Mainz (NHM)
Das NHM hat bereits vor einigen Jahren ein neues zeitgemäßes Konzept erhalten. Museumsdirektor Bernd Herkner ist an weiteren Neuerungen interessiert, muss nun jedoch erst einmal ein Interim für das Gutenberg-Museum während der Bauzeit schaffen. Denn: Wenn am angestammten Standort am Liebfrauenplatz der aus den 1960er- Jahren stammende Schellbau niedergelegt und an gleicher Stelle ein Neubau errichtet wird, findet das Gutenberg-Museum mit seinen wichtigsten Exponaten im NHM einen Unterschlupf. DAS NHM wird vorläufig auf rund 50 Prozent seiner ursprünglichen Ausstellungsfläche verzichten. Die Ausstellungsflächen zur heimischen Tierwelt, der Vogelsaal und die Evolutionsausstellung, in der auch die berühmten Quaggas zu sehen waren, werden dann durch die Gutenberg- Kollegen belegt. Der 2019 neu gestaltete Rundgang durch die Erdgeschichte bleibt dagegen bestehen und wird 2025 um den Themenraum „Urpferdchen am Vulkansee“ erweitert.
Um die Themen der rückgebauten Ausstellungen trotzdem weiter anbieten zu können, wurden die beiden Emporen im Hauptgebäude neu gestaltet. Auf der ersten Empore dreht sich alles um Domestikation. Auf der zweiten Empore geht es um die Evolution des Menschen und nächste Verwandten. Daneben möchte das Museum in der Interimszeit mit attraktiven Sonderausstellungen und einem Ausbau seiner Programme punkten. Nach dem Interim werden rund 1.000 qm Ausstellungsfläche neu bespielt. Die Gäste werden dann die wichtigsten Naturräume mit all ihren Besonderheiten erleben können, darunter der Rhein und die Rheinauen, der Pfälzerwald, die Hochmoore der Eifel, Wiesentypen verschiedener Regionen und der Mainzer Sand.
Die Gutenberg-Bibeln werden aber auch in der Interimszeit zu sehen sein, und zwar im sogenannten Refektorium. Im einstigen Speisesaal des Reichklaraklosters wird unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen und konservatorischen Vorgaben die „Schatzkammer“ mit den ältesten und wertvollsten Exponaten untergebracht. Generell wird das Gutenberg-Museum in Erdgeschoss des Kirchenschiffs seine Ausstellungsfläche haben, die Werkstatt mit Vorführungen an der Druckerpresse und Druckladen werden im Stockwerk darüber untergebracht. Das Szenografiekonzept wurde vom Museumsteam in Zusammenarbeit mit dem Stuttgarter Atelier Brückner erarbeitet, die auch das Konzept des Landesmuseums überarbeiten: Die Besucher werden sich, nach einer kurzen Einführung in das Leben und Werk Johannes Gutenbergs, entlang von Themeninseln Inhalten und Exponaten nähern, die die Medieninnovation Gutenbergs in die Gegenwart holen. Sämtliche für das Gutenberg- Museum ertüchtigten Räume im Interim wird das NHM weiter nutzen, wenn das Gutenberg-Museum wieder ausgezogen ist. Außerdem ist eine Weiternutzung von Vitrinen und Einbauten geplant, die im Museumsbetrieb auch über die Interimsphase hinaus Verwendung finden sollen.
Neuerungen im Landesmuseum
Auch im Landesmuseum stehen Neuerungen an, nachdem lange über das Mobiliar des ehemaligen Landtags gestritten wurde. Innenminister Ebling hat mit Museumsdirektorin Dr. Birgit Heide erste Maßnahmen zur Neukonzeption vorgestellt. Mit modernen Formaten und einer noch stärkeren Öffnung hin zum städtischen Leben soll das Museum fit für die Zukunft werden und Besucher anlocken. Zentrale Elemente bei der Neukonzeption sind die Steinhalle, die wieder ganz dem kulturellen Erbe zur Verfügung steht, der Innenhof als Oase, neue Ausstellungsmodule mit digitalen Elementen sowie die Bespielung der Außenfassaden des Museums.
Während die Ausstellung zum jüdischen Erbe laufe, werde parallel der dauerhafte Umbau der Steinhalle geplant. Sie solle künftig wieder ohne Raumteiler erscheinen und multifunktionell nutzbar sein. Das jüdische Erbe und das UNESCO-Welterbe SchUM würden anschließend dauerhaft fester Bestandteil des Landesmuseums.
„Ab 2026 soll es dann im Marstall den neuen Ausstellungsteil ‚Mainz Kompakt‘ geben, der Highlights und Mainzer Funde schlaglichtartig präsentiert und damit nicht nur für Mainzer, sondern insbesondere auch für Tagestouristen und Gästeführungen mit eingeschränktem Zeitkontingent ein attraktives Angebot macht. Zudem wollen wir das beliebte ‚Schaufenster der GDKE‘ noch sichtbarer machen, mit dem wir aktuelle Neu-Funde der Archäologie und andere spannende Projekte aller Direktionen der GDKE präsentieren“, so Museumsdirektorin Dr. Birgit Heide. Man werde außerdem den Innenhof perspektivisch so umgestalten, dass er durch attraktive Angebote das Museum noch stärker zur Stadt hin öffne. Dafür werde das Schwerlastregal für die Steindenkmäler abgebaut und der Innenhof so hergerichtet, dass die Aufenthaltsqualität noch weiter steige. Durch eine Bespielung der Außenfassade – erst in der Weihnachtszeit mit einem ‚Adventskalender‘ und ab dem kommenden Jahr mit neuen Fahnen und Bannern, werde das Museum zudem sichtbarer.
LEIZA & Schifffahrtsmuseum
Das letzte Riesen-Projekt des Landes war das Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) hinter dem Cinestar. Als eines von acht Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft verbindet das LEIZA Wissenschaft mit Wissenstransfer. Es bietet Räume für Wissenschaft, Labore, eine Bibliothek und Ausstellungen und ist wohl derzeit das innovativste seiner Art. Auch das Schifffahrtsmuseum gehört dazu, hier hakt es jedoch aktuell erheblich. Nach einem Umbau soll eine neu konzipierte, umgestaltete und modernisierte Ausstellung zu sehen sein.
Doch dafür sind Maßnahmen für Brandschutz und Barrierefreiheit vonnöten. Nun entstehen, auch in Folge gestiegener Preise in der Baubranche, Mehrkosten, die das LEIZA alleine nicht tragen kann. Die Stadt Mainz hatte 2022 signalisiert, sich an den Kosten zu beteiligen. Vor dem Hintergrund, dass das Museumsgebäude noch nicht an die Stadt rückübertragen wurde und es für sogenannte freiwillige Leistungen wie die Mehrfinanzierung für Brandschutz und Barrierefreiheit eine Deckelung des städtischen Haushaltes gibt, ist derzeit unklar, ob und in welcher Höhe eine Beteiligung überhaupt möglich ist. Vor dem Hintergrund, dass das Land neben der neuen Ausstellung auch die aufwändigen Reparaturarbeiten am Dach des Museumsbaus finanziert hat, hofft das LEIZA, mit der Stadt zeitnah eine Lösung zu finden, so dass eine Eröffnung bis Ende 2025 realisiert werden kann. Aktuell sieht es jedoch nicht danach aus. Abgeleitet von diesen Rahmenbedingungen wird die Eröffnung des Museums nicht vor Ende 2026 möglich sein, möglicherweise sogar erst 2027.
Text: David Gutsche