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It’s a kind of magic: Der magische Zirkel Mainz / Wiesbaden

Früher Bäckerei, heute Zaubersalon: das „Zeitensprung“ in Ingelheim

Das kleine Seniorencafé am Andreasplatz in Klein-Winternheim ist ein Ort der Magie. Zumindest an jedem ersten und dritten Mittwochabend im Monat. Denn derzeit treffen sich dort die Mitglieder des „Magischen Zirkels Mainz/Wiesbaden“. Stammsitz des Ortszirkels ist eigentlich das „Haus der Heimat“ in der Wiesbadener Friedrichstraße. Auf das kleine Café in Klein-Winternheim ist der Verein jedoch zuletzt immer wieder ausgewichen – auch weil sie sich die Mitglieder dort ohne zeitliche Vorgabe bis in den späten Abend hinein über ihre große Leidenschaft austauschen können: die Zauberkunst.

Profi-Zauberer Christoph Demian gehört seit 2008 dem Magischen Zirkel an

Zauberhafte Unterhaltung
An diesem Abend sitzen Sven, Peter, Tim, Andrea, Sebastian, Torsten, Mario, Max, Sebastian und Thomas um einen großen Tisch. Vor einigen von ihnen liegen verschiedene Utensilien wie kleine schwarze Filzmatten und Spielkarten. Zirkelleiter Torsten Rau eröffnet den Abend mit einer Neuigkeit: Ein kürzlich verstorbenes Mitglied hat den Verein in seinem Testament bedacht. Den Nachlass, bestehend aus Requisiten für die Zauberkunst, habe man mittlerweile genauer betrachtet. Bis zum nächsten Treffen sei zu überlegen, wie weiter damit zu verfahren sei. Im Verlauf des Abends geht es um Roadshows, Messen und ein Historiker-Treffen in Luxemburg, bei dem zwei Mitglieder aus dem Ortszirkel zu Gast waren. Sebastian und Tim erzählen von ihrer Zaubershow in der Rangierbar in Flörsheim. Für Tim war es der erste Auftritt vor Publikum. Niemals habe er daran gedacht, selbst auf die Bühne zu gehen, doch jetzt habe er „Blut geleckt“, erzählt Tim, der sonst in den Shows der Mitglieder die Technik regelt. Die Auftritte der Zirkel-Mitglieder reichen von kleinen Auftritten bis zu abendfüllenden Programmen. Manche schlüpfen dabei in eigens kreierte Rollen. Andrea etwa tritt zum einen in klassischer Stand-Up-Manier und zum anderen in einer mittelalterlichen Rolle auf. Für ihr historisches Alter Ego nutzt sie unter anderem Tarotkarten. Einen kleinen Auszug führt sie am Abend vor: Die Karten mischt sie mit flinken Handbewegungen durch, ehe sie ihrem Gegenüber die Frage stellt, was ihm eigentlich wichtiger sei: „Geld oder Freundschaft?“ Es folgt ein kurzer Dialog an dessen Ende Andrea die Karten in zwei Reihen auslegt und wieder aufgedeckt. Und siehe da: Alle Karten liegen geordnet nach ihren Symbolen vor. Applaus am Tisch. Was zeichnet einen so gelungen Bluff aus? Ablenkung? Geschick? Storytelling? Eine Mischung aus allem, resümiert die Zirkel- Runde. Die Zauberei diene in erster Linie der Unterhaltung und habe unterschiedliche Ausprägungen: Manche Künstler sind mehr im Bereich Comedy unterwegs, andere wiederum setzen auf Theatralik. „Ich persönlich glaube, dass es keine andere Kunstform gibt, die so umfassend ist wie die Zauberei“, meint Zirkelleiter Torsten. Jeder finde irgendwann seine persönliche Note und könne diese in alle Richtungen weiterentwickeln: ob schauspielerisch oder technisch. Diese Entwicklung unterstützt der „Magische Zirkel“ in Form von regelmäßigen Treffen, Seminaren und mit einem großen Netzwerk. Wer aufgenommen werden will, absolviert eine einjährige Anwärterphase, auf die eine theoretische und praktische Prüfung folgen, die vom „Magischen Zirkel von Deutschland“ abgenommen werden.

Verwirklichte seinen Lebenstraum:
Dr. Andreas Thelen

Traumberuf Zauberkünstler
Dass der Zauberkasten ein vielversprechendes Mittel für eine große Karriere sein kann, zeigt Andreas Thelen, der ebenfalls über diesen klassischen Weg seine Leidenschaft für die Zauberkunst entdeckte. Der stellvertretende Vorsitzende des Zirkels unterhält gemeinsam mit seinem Ehemann Jürgen das Zaubertheater „Zeitensprung“ in Ingelheim. Ein Lebenstraum sei damit in Erfüllung gegangen, sagt der promovierte Psychologe, der für diesen Traum seine Beschäftigung in der Wirtschaft an den Nagel hängte. Im Jahr 2020 erwarb das Paar ein Gebäude im Ortskern, das ursprünglich eine Bäckerei war. Nach einjähriger Sanierung stand das Kleinkunsttheater, das den Charme eines Wiener Kaffeehauses mit dem eines Irish Pub verbindet. Neben Zaubershows mit Dinner bietet das Programm auch jede Menge Konzertabende. Vom Dachverband des „Magischen Zirkels“ wurde das „Zeitensprung“ im Februar als „Magischer Ort“ ausgezeichnet. Eine hohe Nachfrage erleben auch die Auftritte von Hannes Freytag und Vincente Noguera, die ebenfalls dem Ortszirkel angehören. Im Wiesbadener Restaurant „Sombrero Latino“ laden die beiden regelmäßig zu ihrer Show „Noche Mágica“. Ihre Close-Up-Vorführungen (nah am Publikum) sorgen für Aufsehen und das auch international: Freytag und Noguera sind Vize-Weltmeister der Kartenzauberkunst. Viel habe er von dem Duo lernen können, sagt auch Profi-Zauberer Christoph Demian, der seit vielen Jahren über die Stadtgrenzen von Mainz bekannt ist und im gesamten deutschsprachigen Raum und auf Kreuzfahrtschiffen auftritt. Seine Show „Poesie und Wahnsinn“ hat seit 2018 auch einen festen Platz im Unterhaus: Zauberei trifft dabei unter Mithilfe von Acts aus dem ganzen Land auf Comedy, Poetry Slam, Artistik und Kabarett.

Nun auch bis 22 Uhr geöffnet: das
Café „Zaubersalon“ in der Altstadt

Genuss und Magie
Auch der „Zaubersalon“ in der Mainzer Altstadt plant sein weiteres Programm: Genuss und Magie verbinden in der Badergasse Bianca Koch und Oliver de Luca. „Zauberkunst für jedermann niederschwellig mitten in der Stadt erlebbar machen“, bringt de Luca das Konzept auf den Punkt. Neben dem Zauberprogramm „Galerie der Wunder“ sind für Herbst eine Familienshow am Nachmittag, Close-Up-Zauberei am Tisch sowie Gastspiele von Kollegen für Kinder geplant. Hinzu kommt ab Herbst de Lucas neue monatliche Veranstaltungsreihe „Vinomagicum“ mit der Verbindung von Wein und Zauberkunst in der Vinothek des Weinguts „Braunewell“ in Essenheim. Der Zaubersalon in der Altstadt darf nun auch endlich bis 22 Uhr öffnen. An einigen Abenden im Monat hat Mainz nun also auch endlich ein Zauber-Café.

Text Alexander Weiß Fotos Jana Kay

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