Interview David Gutsche
Foto Jana Kay
Thomas Richartz (59) ist Künstler & neuer Vorsitzender vom Peng
Was ist das Peng?
Das Peng ist ein Verein zur Förderung von Design, Kunst und Kommunikation. Er wurde vor mehreren Jahren von einigen Studenten der Fachrichtung Kommunikations-, Mediendesign und Kunst gegründet. Über die Jahre hinweg hat er sich dahin gehend entwickelt, ein Forum für jeden zu sein, der sich im kreativen Bereich ausleben und mit dem Ergebnis an die Öffentlichkeit möchte. Es gibt die Dienstagsrunden, zu denen jeder kommen kann, um sich oder sein Projekt vorstellen. Jeder ist bei uns willkommen.
Du bist vor Kurzem zum neuen Vorsitzenden gewählt worden, in einem sonst eher jungen Verein. Wie kam es dazu?
Ich bin ziemlich früh zum Peng gekommen und wollte meine eigene Kunst ausstellen. Mir hat gefallen, dass es ein so breites Publikum gibt. Ich war zwar schon eine ältere Generation, wurde aber von Anfang an akzeptiert. Dass ich jetzt als Vorsitzender gewählt wurde, hat sich so ergeben. Der alte Vorstand hat aus unterschiedlichen Gründen aufgehört und es gab nicht so viele, die sich angeboten hätten.
Welche Aktionen sind in Zukunft geplant?
Der Mai und Juni werden sehr veranstaltungsintensiv. Am 1. Mai geht es los mit einer Ausstellung des Frankfurter Künstlers Max Weinberg. Zwei Wochen später, am 15. Mai, eröffnet der Kunst- Container an der Planke Nord. Dort wird es hauptsächlich Film, Video und Lichtinstallationen geben. Nur einen Tag später, am 16. Mai, eröffnet dann das Allianzhaus auf der Bleiche mit einem umfangreichen „Pop-Up“-Programm. Und zu guter Letzt sind wir auch bei der Museumsnacht am 30. Mai mit dabei, u.a. mit einer Street-Art Ausstellung.
Ihr müsst im Oktober raus aus eurer derzeitigen Bleibe (Peter-Jordan-Schule Hartenberg), weil dort gebaut wird. Wohin geht es als nächstes?
Das wissen wir noch nicht so genau. Wir haben ein paar vage Ideen und ich hoffe, dass wir nahtlos übergehen können. Es ist eine große Herausforderung, bis zum Herbst etwas Neues zu finden. Wir hatten bei vielen Umzügen bisher immer Glück mit unseren Locations. Das Autohaus zuvor war schon ein Highlight und direkt danach die Schule zu bekommen war auch Glück. Wir müssen damit rechnen, dass es auf diesem Niveau nicht unbedingt weitergeht. Aber wir freuen uns über jeden Hinweis.
Wie beurteilst du die hiesige Kunstszene? Hat sich etwas verbessert in den letzten Jahren?
Ich würde definitiv sagen, dass sich was verbessert hat. Mainz ist auf einem guten Weg, gerade auch durch die Kunsthalle. Leider wird Kunst nicht immer wie gewünscht angenommen. Das PENG bemüht sich, Defizite auszugleichen. Ich glaube, wir haben da eine ganz gute Bilanz.
Mensch
Du selbst bist Künstler und hast in Mainz Design studiert. Wovon lässt du dich inspirieren?
Ich arbeite in zwei Richtungen. Einmal abstrakt, rein kompositorisch. Und einmal figürlich mit irgendwelchen Objekten, die irgendeine Bedeutung haben können. Inspiriert haben mich vor allem die klassische Kunst, die Renaissance und die Surrealisten. Aber auch von zeitgenössischer Kunst wie Gerhard Richter bin ich fasziniert.
Wie empfindest du das Leben hier?
Ich bin in der Mainzer Neustadt aufgewachsen, damals ein Sozial-Ghetto. Da war, oder ist eigentlich noch, alles kleinlich, kleinkariert und hässlich, vor allem die Häuser, die man nach dem Krieg gebaut hat. Daher hat sich bei mir ein starker Fluchtimpuls entwickelt, den ich bis heute durch meine Kunst zu befriedigen versuche. Aber in Mainz ist das große Plus die Geisteshaltung der Menschen und die Vernetzung. Man ist hier sehr tolerant und irgendwie ist die ganze Stadt wie eine große Familie, bei der man sich auch oft gegenseitig auf die Nerven geht. Mainz ist eine Stadt, die antreibt, den Status Quo zu verbessern. Aber es ist schon vieles besser geworden. Nur die Herausforderung ist wesentlich größer.
Du hast dich dazu entschieden, keine Familie zu gründen. Bereust du es, alleine zu sein?
Nein, weil es schon immer in mir veranlagt war. Ich bin der Typ Einzelgänger und Eigenbrötler. Und ich möchte auch nicht zu viel Verantwortung für andere übernehmen. Die Verwirklichung meiner Kunst war schon immer das Primäre. Ich muss nicht in meinen fortbestehenden Genen weiterleben, das übernimmt meine Kunst.
Du gehst auf die sechzig zu. Wie setzt du dich mit Tod und Sterben auseinander?
Das ist schon ein Angstthema. Man weiß nicht, was da auf einen zukommt. Ich habe dabei mehr Angst vor dem Siechtum, als vor dem Dahinscheiden. Bis vor etwa 15 Jahren war ich auf Heroin, da hab ich Elend im Überfluss kennen gelernt. Und da wünschst du dir eigentlich nur noch, nicht mehr zu sein. Irgendwie ist es mir aber gelungen, damit aufzuhören, und seitdem betrachte ich mein Leben wie eine unverdiente Dreingabe und versuche bis zum Ende, noch alles Mögliche auszuprobieren. Wenn man dann das Glück hat, dass der Film irgendwann einfach stehen bleibt, dann ist das sicher ein Segen.
Wie war das mit den Drogen?
Drogen haben früher eine wichtige Rolle in meinem Leben gespielt. Man kann sich damit wunderbar die Zeit vertreiben, wenn man glaubt, dass man zu viel davon hat. Damals habe ich gedacht, um gute Bilder zu malen, muss ich gute Drogen nehmen. Das war ziemlicher Blödsinn. Man kann natürlich seinen Erfahrungshorizont erweitern, aber um sein Leben und die Kunst einigermaßen realistisch zu beurteilen, empfiehlt es sich, nüchtern zu bleiben.