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Interview zu den Mainzer Fantagen vom 6. bis 13.9.


von Felix Monsees
Foto: Maximilian Wulf

Vom 6. bis 13. September finden im Stadion am Europakreisel die Mainzer Fantage statt. Zum ersten Mal organisiert die Mainzer Fan- und Ultraszene eine Woche im Zeichen der Fankultur. Diskussionsrunden und Workshops sollen eine Plattform für alle interessierten Nullfünfer bieten, sich über fanrelevante Themen wie Stimmung im Stadion oder Kommerzialisierung im Fußball zu informieren und mitzudiskutieren. Christian Viering und Michael Grüber – selbst früherer Vorsänger der Ultras – vom Fanclub Handkäsmafia, die die Fantage mitorganisiert haben, sprachen mit uns über die Fantage und die Szene bei Mainz 05.

sensor: Was ist das Ziel der Fantage?

Michael Grüber: Es ist uns ganz wichtig Leute an den Tisch zu holen, mit denen man ansonsten nicht im Gespräch ist. Wir wollen, dass sich jeder, der sich Mainz 05-Fan nennt und ist, kommt und seine Meinung sagt. Ruhig, aber auch kritisch.
Christian Viering: Früher gab es eine bessere Diskussionskultur zwischen Ultras, Fanclubs und den anderen Fans. Da hat man sich gegenseitig gesagt, wenn etwas schlecht gelaufen ist: „Das war doch Mist, guckt mal, ob ihr das das nächste Mal nicht anders macht.“ Diese Diskussionskultur hat die Fans in der Vergangenheit stark gemacht.

Welche konkreten Verbesserungen wollt ihr denn erreichen?

Viering:Zum einen wollen wir Aufklärung leisten. Es ist nicht immer alles so, wie es die Medien präsentieren. Zum anderen wollen wir auch präventiv arbeiten und diese Entwicklung vom Fußball als Volkssport darstellen. Da hat sich viel verändert in den letzten Jahren. Stichwort: erhöhte Eintrittspreise und Kommerzialisierung. Das Wichtigste ist aber für uns miteinander ins Gespräch zu kommen und zu diskutieren.

In bestimmten Themen scheinen die Differenzen zwischen Fans, Politik und Fans unüberbrückbar. Welche Zugeständnisse können die organsierten Fans z. B. beim ewigen Streitthema Pyrotechnik überhaupt bieten?

Viering: Bei der deutschlandweiten Kampagne „Pyrotechnik legalisieren“ haben wir gesagt: „Lass uns für bengalische Feuer einen Bereich festlegen, in dem wir unter Aufsicht und mit Sicherheitsvorkehrungen Bengalos abbrennen können.“ Da sind die Grenzlinien von uns selbst schon gezogen worden. Letztes Jahr hat es an den ersten drei Spieltagen in den Stadien nicht gebrannt. Ich denke, das war ein starkes Zeichen der deutschen Ultraszene, dass sie in der Lage ist, sich selbst zu regulieren.

Der DFB ist da anderer Meinung. Eine Legalisierung sei nicht möglich. Der Verband setzt weiterhin auf Null-Toleranz gegenüber Pyrotechnik.

Viering: Der Dialog mit dem DFB ist mehr oder weniger gescheitert letztes Jahr und es sieht nicht so aus, als würden die Verhandlungen wieder aufgenommen werden. Wir würden uns das sehr wünschen. Dass der DFB nach diesem Zeichen die ausgestreckte Hand wegzieht, ist umso trauriger.

In diese Debatte haben sich die Fans stark zu Wort gemeldet. Vorsänger Vincent hat sich für ein Interview zur Verfügung gestellt und in der FAZ gab es ein ganzseitiges Porträt der Mainzer Ultraszene. Haben die Ultras ihre Scheu vor den Medien verloren?

Viering: Wenn man verstanden werden will, muss man aufhören in seiner eigenen Welt zu leben und stattdessen versuchen, die Leute zu erreichen. Dieser Gedanke ist auch Grundlage der Fantage. Es gibt daher vermehrt Kontakte zu Zeitungen, Verbänden und Politik.

Teil der Berichterstattung war ein Angriff von FCK-Ultras auf mehrere Busse mit Mainzer Fans, die von einem Spiel aus Wolfsburg kamen.

Grüber: Gewalt ist ein Teil der Ultrakultur, der die meiste Aufmerksamkeit kriegt. Aber letztendlich liegt für mich und viele andere keine Priorität bei der Geschichte. Im Endeffekt fährt man auf 40 Spiele im Jahr und es passiert einmal was. Wenn jemand Steine auf einen Bus schmeißt, dann hat das mit meiner Ultra-Kultur nichts zu tun und da distanziere ich mich auch. Letztendseilich fällt es durch die medialen Gegebenheiten auf alle zurück und wir alle müssen darunter leiden.

Können wir uns trotzdem auf friedliche Fantage freuen?

Grüber: Da muss niemand Angst vor Übergriffen haben. Es gab sogar schon Anfragen aus Kaiserslautern, ob nicht welche von denen kommen und sich das angucken können. Grundsätzlich ist es auch in unserem Sinne, wenn Leute aus anderen Szenen Einblick erhalten. Wenn etwas Gutes passiert, fällt das ja vielleicht auch auf die Ultraszene als Ganzes zurück.