von Hendrik Jung und Samira Schulz (Fotos):
Weltweit wächst die Zahl der so genannten „Escape Rooms“. Mittlerweile hat der Trend auch das Rhein-Main-Gebiet erreicht. Zwei Anbieter in Wiesbaden und einer in Mainz sind erst der Anfang, weitere stehen schon in den Startlöchern. Wir waren dort.
Die Zeit rennt
77 Sekunden. Das ist exakt die Zeit, die übrig geblieben ist von der Stunde, die zur Verfügung steht, um aus einem kaputten Raumschiff, in dem wir stecken, den Rücktransport zur Erde zu schaffen. Wir, das ist ein Team aus drei jungen Damen, die ich vorher nicht kannte, und mir. Gemeinsam spielen wir den Escape-Room „Lost in Space“. Als einziger Mann an Bord bin ich der Lieutenant Uhura der Besatzung. Sogar der Bordcomputer ist weiblich.
Aber Maji, Grace, Kimana und ich wachsen schnell zu einem guten Team zusammen und wir stellen im Laufe der Zeit fest, wie kommunikativ und hilfreich ein Bordcomputer sein kann. Zunächst aber stehen wir orientierungslos herum und suchen nach einem Ansatz, das Problem zu lösen. Es besteht darin, mit diesem kaputten Raumschiff im All nicht verloren zu gehen. Auf der Brücke entdecken wir eine Vielzahl von Tabellen, Gleichungen und Gerätschaften. Die meisten davon können uns bei der Mission sicher behilflich sein.
Wir haben ja viel Zeit. Noch …
Auffällig sind viele Zahlenschlösser, deren Codes wir über das Lösen der Aufgaben ermitteln und hinter denen sich nicht selten zusätzliche Schlösser und weitere Rätsel verbergen. Es dauert also einen kleinen Moment, bis wir die ersten Hinweise zuordnen können. Aber wir haben ja auch viel Zeit. Noch. Umso mehr Verbindungen wir zwischen den im Raum installierten Objekten ziehen können, umso mehr verschwindet mein Zeitgefühl und ich gerate in den Sog der Story.
Wenn es doch mal hakt, gibt es ja noch den Bordcomputer, der ebenfalls Heimweh nach Mutter Erde hat und uns behilflich ist. Das ist gut so, denn der Zeitdruck nimmt zu und die Situation wird immer heißer. Die Aufgabe, das Belüftungssystem mit einem Fön frei zu blasen, überlasse ich den Mädels. Währenddessen versuche ich, durch die Befragung des Bordcomputers zu schnelleren Lösungen zu gelangen. Nicht umsonst ist Lieutnant Uhura Kommunikationsoffizier.
Am Ende wird es nochmal richtig hektisch. Doch als die Uhr bei 1:17 stehen bleibt, verlässt das gesamte Team mit einem zufriedenen Lächeln und leuchtenden Augen den Raum. Wir sind ihm und seinen Gefahren entkommen! Die Vielfalt der Welten, in die Teilnehmer eines „Live Escape Game“ eintauchen können, ist bunt und aufregend. Die Szenarien, oft mit Lokalkolorit, reichen von klassischen Kriminalgeschichten über historische Abenteuer oder Science-Fiction bis hin zur Verarbeitung literarischer Vorlagen.
TIXS – The Countdown Games Company
Luisenstraße 8 (Wiesbaden), Preise pro Spiel: 60 EUR (2 Personen), 81 EUR (3 Pers.), 100 EUR (4 Pers.), 115 EUR (5 Pers.)
Das Unternehmen ist der Pionier der Escape-Room-Anbieter in Mainz und Wiesbaden. Im Mai 2014 ist man hier mit „Enterbt“, einem Spiel rund um ein verlorenes Testament, gestartet. Zurzeit kann es noch gespielt werden. Geplant ist aber, Platz für ein neues Setting zu schaffen, das im kommenden Jahr an den Start gehen soll. Dabei möchte sich TIXSMitbegründer Shaun Shrubsall in Zukunft weg von den Zahlenschlössern hin zu automatisierten Systemen bewegen. Dennoch werde nach wie vor großer Wert darauf gelegt, dass jeder Raum von einem eigenen Operator betreut wird, da jede Gruppe ganz individuelle Unterstützung benötige.
Dammweg 7a sowie In der Dalheimer Wiese 20 (Mainz-Laubenheim und Mainz-Mombach) Preise pro Person: 33 EUR (bei 2 Pers.), 29 EUR (3 Pers.), 25 EUR (4 Pers.), 22 EUR (5 Pers.), 20 EUR (6 Pers.)
Mit sechs verschiedenen Escape Rooms, darunter auch ein Atombunker-Szenario, aktuell der größte Anbieter in der Region. Derzeit plant Inhaber Julien Sotir drei weitere Räume. Die sollen nach literarischen Vorlagen gestaltet werden, so wie die bisherigen Räume bereits Willy Wonka oder dem großen Gatsby gewidmet sind. Bei der Umsetzung wurde großer Wert auf den Einsatz sensorisch-reaktiver Technik gelegt. Die Spieler können zum Beispiel sogar Wände verschieben. Auch die Musik ist der Handlung angepasst und Hinweise werden der Situation entsprechend akustisch übermittelt. Durch die Veränderung der Lichtstimmung ergeben sich neue Welten.
Friedrich-Bergius-Straße 17 (Wiesbaden-Biebrich) Preise pro Person: 29 EUR (2-3 Pers.), 25 EUR (4-5 Pers.), 20 EUR (6-8 Pers.)
Geschäftsführer Ladislau Balasz hat große Pläne. Mit Hilfe eines Investors soll ein Gebäude entstehen, in dem zehn bis 15 Szenarien parallel gespielt werden können. Dennoch soll jeder Raum von einem eigenen Operator betreut werden und über ein Setting verfügen, das sich im Laufe der Handlung verändern kann. Im Moment werden zwei Escape Rooms zu den Themen „Mord am Rhein“ und „Casino Royal“ angeboten.
Ein dritter Raum mit dem Titel „Alice in Wonderland“ ist in Vorbereitung. Wichtig ist, dass alle Team-Mitglieder in den Lösungsprozess eingebunden werden sollen. International gehe der Trend dahin, dass die Handlung der Geschichte nicht auf einen einzigen Raum beschränkt bleibe, was man im neuen Haus nun ebenfalls realisieren wolle.
Badhaus Skurrilum
(ab 2017) Häfnergasse 3, Wiesbaden
Für 2017 ist ein neues Escape-Room-Angebot im Obergeschoss der Badhaus-Bar vorgesehen. Wie Christian Liffers berichtet, haben sich die Betreiber dafür Corny Littmann vom Hamburger Schmidt- Theater ins Boot geholt. Geplant ist, eine Außenstelle des in der Hansestadt ansässigen Escape- Rooms „Skurrilum“ zu installieren. Dabei soll es sich keinesfalls um eine Kopie des Originals handeln.
Durchaus aber soll auch bei den drei geplanten Räumen des Wiesbadener Ablegers deutlich werden, dass es sich bei den Betreibern um Theater- Macher handelt. Versprochen wird jede Menge Musik, zahlreiche Details und eine Herangehensweise, bei der alle Sinne der Spielenden angesprochen werden. Exit Games können blutige Anfänger wie auch echte Rätselprofis herausfordern.
Die Gruppen- Dynamik steht im Vordergrund. Jeder kann sich in das Team und das Rätsellösen einbringen – unabhängig von Erfahrungen und Kenntnissen. Der Ehrgeiz, ein nicht geschafftes Spiel zu lösen oder immer neue Szenarien zu spielen, schafft eine hohe Wieder-Spielbarkeit. Spaß, Zusammenhalt und Abenteuer auf kleinem Raum. Ein netter und lustiger Zeitvertreib.