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Gebrüht oder gefiltert? Kaffee-Zubereitungen im Vergleich


von Ulla Grall
Fotos: Frauke Bönsch

„Wenn Kaffee vor mehr als 10 Minuten gemahlen wurde, kann man ihn praktisch vergessen.“ Dieses harte Urteil stammt von Paul Bonna, Barista und Gründer der Kaffeekommune. Und was Paul über Kaffee weiß, haben sich die sensor-Kaffee-Tester nicht träumen lassen. Ort der Testveranstaltung ist die Kaffeebar des INSIDE, Laden für Designermöbel und Wohnaccesoires in der Klarastraße. Als Tester erklären sich sensor-Chef David Gutsche, Redakteurin Monica Bege und INSIDEChefin Silke Philipps-Deters bereit.

Vier verschiedene Brühkaffee-Zubereitungen gilt es zu vergleichen:

1) Klassisch handgefiltert mit Filterpapier,
2) zubereitet mit French Press, der „Drückkaffeekanne“
3) mit „Aero-Press“, dem 2005 erfundenen manuellen Kaffeebrühgerät,
4) und mit einer Standard „Haushalts-Kaffeemaschine“.

Um einen ehrlichen Vergleich zu ermöglichen, hat Paul für alle vier Zubereitungen den gleichen Kaffee gewählt. Seine Wahl fiel auf eine langsam geröstete Sorte aus Kenia. „Diese Sorte ist magenfreundlich“, erklärt er und weiter: „Brühkaffee enthält mehr Koffein als Espresso.“
Ein erstes Staunen in der Runde.
„Brühkaffee liegt absolut im Trend“, fährt der Kaffee-Experte fort. „Diese Art, Kaffee zuzubereiten, ist ein Teil der „slow-coffee-Bewegung“. Sie braucht Muße und man sollte sich für eine Tasse gebrühten Kaffees auch die entsprechende Zeit nehmen. Espresso dagegen ist ein schnelles Getränk, man trinkt ihn zwischen Tür und Angel. Gebrühter Kaffee ist dagegen mit dem Genießen von Rotwein zu vergleichen. Und Milchkaffee ist ein Cocktail.“

Klassisch: Der Handfilter

Während Paul erklärt, füllt er seinen Wasserkocher. Natürlich nicht mit gewöhnlichem Wasser, sondern mit Quellwasser aus dem Taunus. Sein „Kocher“ erhitzt das Wasser auf 90 bis 96 Grad. „Sprudelnd kochendes Wasser wäre zu heiß, jede Kaffeesorte braucht eine andere Temperatur“, behauptet Paul und wiegt vor dem Mahlen 24 Gramm Kaffeebohnen für jeweils 400 ml Wasser ab. „60 Gramm pro Liter sind ideal. Der Mahlgrad bestimmt die Intensität des Kaffees“, er gießt das heiße Wasser in die erste Brühkanne mit dem klassischen Handfilter. Natürlich nicht, ohne den Filter vorher mit Wasser zu benetzen: „…um den Papierstaub zu entfernen.“ Die braune Flüssigkeit tropft durch den Filter in die Kanne. „Je feiner der Mahlgrad, desto länger dauert der Filtervorgang. Ideal sind 2 bis 2 ½ Minuten.“ Vor dem Probieren sollte der Kaffee etwas abkühlen. Dann folgt die Verkostung mit einem speziellen Löffel und möglichst starkem Schlürfen, um alle Nuancen zu schmecken: „Cupping nennt man das professionelle Verkosten.“

Die französische Variante

Als zweite Zubereitung folgt die „French Press“, auch „Drückkaffeekanne“ genannt. Das Kaffeemehl wird zuerst überbrüht und dann, wenn der Kaffee lange genug – etwa vier Minuten – gezogen hat, umgerührt und mit dem Filterstempel nach unten gedrückt.
„Das ist“, so Paul, „die gleiche Methode wie beim traditionellen „übergebrühten Kaffee“, mit dem Unterschied, dass dort der Kaffee länger auf dem Kaffeemehl steht und die Inhaltsstoffe weiter ausgezogen werden.“ Der Kaffee aus der „French Press“ sei darum vorzuziehen.
Das Verkostungsritual wird wiederholt, alles schlürft – und die Meinungen gehen auseinander. Schon optisch gibt es Unterschiede: Der handgefilterte Kaffee ist klarer als der aus der French Press. „Logisch“, meint Paul. „denn das Filterpapier hält die Schwebstoffe Sedimente) besser zurück.“
Ist der Kaffee aus der „French Press“ somit bitterer als Filterkaffee? Schmeckt man andere Aromen? „Durchaus“, bestätigt Bonna, „denn der Papierfilter fängt auch einen Teil der Fette auf, und Fett ist Geschmacksträger.“

Der Amerikaner: Die Aeropress

Die Aeropress besteht aus einem Brühzylinder mit Presskolben und Filteraufsatz. Wahlweise kann eine Edelstahl-Filterscheibe oder ein runder Papierfilter verwendet werden. Je nachdem schmeckt das Ergebnis mehr nach Filterkaffee oder French Press.
Aeropress funktioniert denkbar einfach: Der Kaffee kommt in den Zylinder, wird mit Wasser überbrüht und gut umgerührt. Dann wird der Filter drauf geschraubt. Nach 45 bis 50 Sekunden stülpt man die Aeropress um und drückt den Kaffee ins Kännchen oder in die Tasse. Das erfordert beim Stahlfilter mehr Kraft als beim Papier. „Durch die kurze Brühzeit werden weniger Bitterstoffe aus dem Kaffe gelöst“, bemerkt unser Experte.
Und zum dritten Male wird geschlürft und verglichen. David sagt: „Mir sind diese Kaffees eigentlich alle zu bitter und ich finde sie auch etwas wässrig. Allerdings“, so schränkt er ein, „bin ich auch Straßencafé-Kaffee gewöhnt.“ Paul rümpft die Nase. Nun ja, auch Kaffeetrinken will gelernt sein.

Standard: Die Kaffeemaschine

Als letzte Zubereitungsart folgt die Kaffeemaschine. Wir benutzen eine gewöhnliche Haushalts-Kaffeemaschine, wie sie in vielen Küchen und Büros steht. Kaffee und Wasser werden exakt abgemessen, der Kaffee ist ebenfalls frisch gemahlen im Papierfilter, der genau wie beim „handgefilterten“ vorher ausgespült wurde. Bald ertönt das typische Blubbergeräusch: Kaffee ist fertig. Und hier ist die Meinung der Tester einhellig: „Dieser Kaffee schmeckt nicht.“ Das Gebräu riecht auch schon anders und hat ein deutliches Plastikaroma. War die Maschine noch zu neu? Heute jedenfalls kriegt der Kaffee aus der Kaffeemaschine nur Minuspunkte.

Das Urteil

Und wie sieht es mit dem Gesamt-Urteil aus? Monicas Favorit ist klar: „Filterkaffee, handgebrüht“. David kann sich durchringen: „Nr. 1: Aeropress mit Metallfilter, Nr. 2: French Press, Nr. 3: Filterkaffee. Kaffeemaschine – vergiss es.“ Silke dagegen ist unentschieden: „Ich finde es aber interessant, dass das frische Mahlen so wichtig ist.“
Und was sagt Paul? „Die perfekte Brühkaffee-Variante gibt es nicht. Geschmack ist relativ und jeder entscheidet selbst, welche Zubereitungsart ihm am besten schmeckt. Aber ob ein Kaffee gut ist oder schlecht, das kann jeder beurteilen.“

Vom 4. Februar bis 10. März öffnet Paul Bonna die KaffeekommuneEins in der Breitenbacher Straße 9. Mehr auf www.kaffeekommune.de