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Fliegerbombe in Weisenau entschärft – 8.500 Menschen können in Häuser und Wohnungen zurück

27112014 Foto Bombe Weisenau  Artikel von allgemeine-zeitung.de (von Michael Bermeitinger und Frank Schmidt-Wyk)

Entwarnung in Weisenau: Die Fliegerbombe aus dem zweiten Weltkrieg, die bei Bauarbeiten entdeckt wurde, ist entschärft. Der Kampfmittelräumdienst hat den 500-Kilo-Sprengkörper unschädlich gemacht.

Um 12.30 Uhr hatte Lenz für die entscheidende Phase grünes Licht bekommen. Alle Einsatz- und Organisationsleiter von Polizei, Stadt, Rettungsdiensten hatten das Gebiet als frei gemeldet. Deutsche Flugsicherung, Bahn und Schiffsführer waren informiert, die Straßen gesperrt.

Besonders hatte Lenz zu schaffen gemacht, dass sämtliche außenstehenden Teile des Zündmechanismus am Heck der Bombe weggerissen waren. Dadurch war noch mehr Aufwand und noch mehr Umsicht beim Entschärfen vonnöten als ohnehin schon. Schlimmstenfalls hätte man die Bombe in den nächsten Tagen vor Ort kontrolliert sprengen müsse, hatte Lenz befürchtet.
In den frühen Morgenstunden lief vor der Entschärfung eine der größten, wenn nicht sogar die größte Evakuierungsaktion der Nachkriegszeit in Mainz. Im Stadtteil Weisenau mussten rund 8.500 Einwohner ihre Häuser verlassen.

Die Situation am Morgen

Am Morgen ist ganz Weisenau auf den Beinen, dazu sind hunderte Helfer von Polizei, Feuerwehr, Stadt, THW und Rettungsdiensten im Sperrgebiet unterwegs.

Um acht Uhr geht es zwischen Rhein und Rosengarten noch beschaulich zu, aber schon zwanzig Minuten später ähnelt der Morgen des Ersten Advent hier einem normalen Arbeitstag. Alle Fenster an den Häusern sind warm erleuchtet, auf der Göttelmannstraße reiht sich Auto an Auto, an den Bushaltestellen drängen sich die Leute. Die Evakuierung läuft jetzt auf vollen Touren.

Am Altenheim holen Familien Senioren ab

Am Altenheim an der Göttelmannstraße fahren an einem Abholpunkt Familien vor, um den Großvater oder die Großmutter abzuholen, während die schwer Pflegebedürftigen von den Rettungsdiensten zu anderen Enrichtungen gebracht werden. Viele der Senioren sind auch am Sammelpunkt in der Stresemannschule.

Es ist der große Tag der Rettungsdienste, die sich aufopferungsvoll um die Senioren kümmern, sie abholen und betreuen. 140 Sanitätskräfte aller Organisationen sind im Einsatz, darunter viele Ehrenamtliche. Überhaupt sind viele Helfer unterwegs. 40 vom THW, 70 von der Feuerwehr, und die Polizei ist mit mehr als 150 Frauen und Männern dabei.

Um kurz nach neun Uhr ist auch das Favorite Parkhotel schon fast leer. Ein paar Gäste verstauen noch die Koffer im Auto, hasten zur Rezeption, um zu zahlen. Das wars mit dem schönen Sonntag in Mainz, „aber unsere Gäste haben Verständnis, sie wissen ja, um was es geht“, sagt Hotel-Chef Christian Barth. Gleich wird er zuschließen, noch eine Runde ums Haus drehen, dann geht auch er: „Ein total komisches Gefühl“, bekennt er. „Das Haus ist ja das ganze Jahr über nie komplett zu und jetzt muss ich es für ein paar Stunden allein lassen.“

Polizei und Stadtmitarbeiter gehen von Haus zu Haus

Als vor ein paar Jahrzehnten an der Göttelmannstraße eine Bombe gefunden wurde, „da durften wir noch in den unteren Räumen bleiben“, so Barth. Nun musste er den geschäftsreichen Adventssonntag zumindest für die Mittagszeit abblasen.

Um viertel nach Zehn ist das Gebiet weitestgehend geräumt. Polizei und MItarbeiter der Stadt gehen noch von Haus zu Haus, klingeln, klopfen, um vielleicht noch Langschläfer aus dem Bett zu holen. Widersetzen darf sich keiner. Macht aber auch niemand. Die Gefahr ist den Menschen bewusst, nicht nur den Älteren, die die Bombennächte noch miterlebt hatte. Damals, als zwischen März 1944 und dem furchtbaren 27. Februar 1945, dem Untergang von Mainz, Weisenau allein fünf Mal schwer von Bomben getroffen wurde.

Wenn dies beendet ist, werden gegen 12 Uhr die beiden Bahnstrecken über den Rhein und am Strom entlang gesperrt, wird die Schifffahrt gestoppt. Dann verlassen auch alle Helfer die Sperrzone – nur Horst Lenz und sein Team bleiben vor Ort.

Horst Lenz ist Chef des rheinland-pfälzischen Kampfmittelräumdienst, ein erfahrener, in sich ruhender Spezialist, der schon unzählige Sprengkörmper entschärft hat. Im Sommer 2013 ganz in der Nähe, am Heiligkreuzweg, eine 250-Kilo-Bombe. Damals mussten 2500 Weisenauer ihre Wohnungen verlassen. Aber keine Bombe ist gleich, es gibt die unterschiedlichsten Zünder, die dann auch in schlechtem Zustand sein können.