von Felix Monsees
Illustration: Hendrik Schneider
Eine umstrittene EU-Richtlinie will die Wasserversorgung stärker privatisieren. In Mainz ist Wasser auch so schon teuer.
Beim Pendeln zwischen Mainz und Wiesbaden lässt sich von der Kaiserbrücke aus ein schneller Blick auf die Petersaue werfen. Dank dem späten Schneefall liegt die Rheininsel Mitte März ganz in Weiß im Rhein. Viel näher als beim Blick aus dem Zugfenster wird man der Insel aber nicht kommen. Unbefugten ist der Zutritt verboten! Zwar ist hier kein militärisches Sperrgebiet wie vor 100 Jahren, als noch eine Befestigungsanlage auf der Petersaue stand, doch ist die größte Binneninsel im Rhein ein Trinkwasserschutzgebiet. Es ist die einzige Trinkwasserquelle im Mainzer Stadtgebiet. Von hier aus werden die Innenstadt, AKK und der Ostteil von Mombach mit dem kostbaren Nass versorgt.
Unterschriften gegen umstrittene Richtlinie
Die Quelle Petersaue wird von den Stadtwerken betrieben, so wie die gesamte Wasserversorgung der Stadt. Oder genauer gesagt von der Stadtwerke Mainz Netze GmbH, einer 100-prozentigen Tochterfirma. Dies könnte sich nach dem Willen der EU (zumindest theoretisch) ändern. 2011 legte die Europäische Kommission die „Richtlinie zur Konzessionsvergabe” vor. Sollte sie in Kraft treten, müssen Kommunen die Trinkwasserversorgung europaweit ausschreiben. Tatsächlich gab es in manchen EU-Staaten gravierende Fälle von Korruption bei der Vergabe kommunaler Aufträge. Die neue Richtlinie soll das Handaufhalten verhindern. Die Kampagne „right2water“, die unter anderem von der Gewerkschaft ver.di initiiert wurde, macht jetzt gegen die umstrittene Richtlinie mobil. Die Erfahrung zeige, dass Privatisierungen „zu steigenden Preisen und zu einer schlechteren Dienstleistungsqualität führt“, so „right2water“ auf ihrer Homepage. Letztlich würde die Bevölkerung die Rechnung zahlen und insbesondere für weniger Begüterte wird diese Rechnung hoch sein. Durch das Internet, soziale Netzwerke und nicht zuletzt Medienberichte, hat die europaweite Initiative bereits über 1,2 Mio. Unterschriften gesammelt. Wenn „right2water“ bis September 2 Mio. Unterzeichner aufweisen kann, muss sich die EU-Kommission erneut mit der Richtlinie befassen.
Teures Wasser in Mainz
Auch der Deutsche Städtetag, der Verband der deutschen Städte und Kommunen, in dem Mainz Mitglied ist, sieht eine Privatisierung der Wasserversorgung kritisch. Qualitätseinbußen seien nicht ausgeschlossen, meint Städtetags-Präsident Christian Ude, seit 1993 Oberbürgermeister von München. Negativbeispiele gibt es genug: Nachdem die Wasserversorgung in Potsdam privatisiert wurde, stiegen die Preise in die Höhe. Ähnliches geschah in Grenoble, verbunden mit gesunkener Qualität.
EU zwingt nicht zur Privatisierung
Grund, in Panik zu verfallen, gibt es aber erst mal nicht. Ein Zwang zur Privatisierung besteht mit der neuen Richtlinie nicht. Allerdings müsste sich OB Ebling bei einer Ausschreibung der Wasserversorgung ein paar Tricks einfallen lassen. Beispielsweise könnten soziale und ökologische Kriterien in die Ausschreibung integriert werden, welche private Anbieter eher abhalten. Doch auch wenn die Wasserversorgung in öffentlicher Hand bleibt, muss Wasser nicht unbedingt günstig sein. Derzeit spart die Stadt Mainz und stellte letzten Sommer beispielsweise öffentlichen Brunnen das teure Wasser ab. Und auch wir Mainzer müssen für Wasser tief in die Tasche greifen. Grund für die hohen Kosten sei die hohe Bevölkerungsdichte im Stadtgebiet und der Transportweg. Denn: Die Petersaue ist die einzige Wasserquelle in Mainz. Das Wasserwerk Eich, welches ebenfalls zu den Stadtwerken Mainz gehört, liegt fast 100 Kilometer entfernt. Doch weil es beim Wasser bisher keinen Wettbewerb gibt, können die Stadtwerke theoretisch Preise verlangen, wie sie wollen. Der Bretzenheimer Anwalt Jochen Zindel wirft ihnen daher Abzocke vor, sie hätten in den letzten Jahren überzogene Gebühren verlangt. Tatsächlich zwang das Bundeskartellamt die Mainzer Stadtwerke, die Preise Anfang des Jahres zu senken. Zindel geht das nicht weit genug. Wenn es nach ihm geht, sollen den Mainzern zu hohe Gebühren rückwirkend bis 2010 zurückerstattet werden. Er will die Stadtwerke jetzt auf Schadensersatz verklagen. Die wiederum halten dagegen und bestreiten die Vorwürfe. Die Stadtwerke sehen sich allerdings im Recht und der Klage gelassen entgegen.