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Der König der Boxer – Hollywood-Regisseur Uwe Boll hört auf

boll boxt
FBI-Agenten fliegen scharenweise durch die Luft, traktiert von Sprengfallen, Maschinenpistolen und Flammenwerfern. Die Männer sterben unbeholfen wie die Fliegen, massakriert von einem einzigen Mann, der in einem Wald haust und für die Gerechtigkeit mordet. Es ist das blutige Finale von „Rampage 3“, dem letzten Film von Uwe Boll, in dem unter anderem der US-Präsident, Mark Zuckerberg und Britney Spears das Zeitliche segnen.

Ein letztes cineastisches „Fuck You“ an den Rest der Welt. Er hat den Film mit eigenen Mitteln finanziert: „Es ist mein radikalster, zynischster Film. Die Gewalt ist verstörend, aber wenn man für die richtige Sache kämpft, dann ist sie in Ordnung.“ Nicht weniger als 34 Filme hat Uwe Boll, der mit seiner Frau Natalia Tudge samt Sohnemann sowohl in Mainz als auch in Vancouver / Kanada lebt, in den letzten 25 Jahren gedreht. Ab sofort hängt er das Filmemachen jedoch an den Nagel, mit 51 Jahren. Nicht, weil er keine Lust mehr hätte. Die Branche ist schuld: „Es lohnt sich einfach nicht mehr, sich den Arsch aufzureißen.“

Ein Mann geht seinen Weg

Uwe Boll wurde in Wermelskirchen bei Leverkusen geboren. Schon in seiner Jugend produzierte er Kurzfilme. Später war er Gasthörer an den Filmhochschulen in München und Wien und studierte Literatur, Film und Sozialwissenschaft in Köln und Siegen. Hier promovierte er 1994 im Fach Literaturwissenschaft mit der Arbeit „Die Gattung Serie und ihre Genres“ zum Doktor der Philosophie. Zu seinen ersten Regiearbeiten zählen die Filme „German Fried Movie“ und „Barschel – Mord in Genf?“ Von 1994 bis 2000 war er Produzent und Regisseur bei der „Taunusfilm“ und Geschäftsführer von „TaunusFilm International“ in Wiesbaden – sein Sprungbrett in die Staaten: „Zu der Zeit gab es die Filmfonds. Ich habe mich mit ein paar Anlageberatern zusammengetan und bin nach Amerika, um meine Projekte zu verwirklichen.“

Aus der Wiesbaden-Zeit folgte auch eine Villa in Mainz-Weisenau, die er heute noch hin und wieder bewohnt. Seit 2000 führte Boll in seinen Filmen meistens selbst Regie und übernahm auch die Produktion. Aufgrund finanzieller Vorteile wurde häufig in Kanada gedreht, aber auch in Südafrika, Kroatien, Bulgarien und Rumänien. Nach Filmen in verschiedenen Genres spezialisierte er sich auf die Adaption von Videospielen, wie Alone in the Dark oder Far Cry. Nachdem er sich auf Fantasy-Festivals und im Ausland einen Namen gemacht hatte, konnte er sogar Stars wie Christian Slater, Jason Statham, Ben Kingsley und Kristanna Loken verpflichten.

Verschmäht und verspottet

Die Kritiker schreiben seine Filme dennoch seit Jahren mit routinierter Gehässigkeit nieder. Er sei der schlechteste Regisseur der Welt, der deutsche Ed Wood, rufen sie ihm nach. Sogar die goldene Himbeere für sein Lebenswerk wurde ihm verliehen, Hollywoods Spottpreis. Boll reagierte mit Humor und schickte eine Grußbotschaft per Video. Einmal lud der passionierte Boxer sogar seine ärgsten Kritiker zu einem Show-Kampf nach Vancouver ein. Manche kamen tatsächlich und wurden von ihm im Ring verdroschen. „Haben wohl nicht damit gerechnet, dass ich das ernst meine“, sagt er mit einem zufriedenen Lächeln. Eine typische Boll-Aktion. Der Meister schlägt zurück, selbstbewusst und humorvoll.

Finanziell erfolgreich war Boll trotzdem. Die wenigen Filme, die es in die Kinos schafften, floppten zwar an den Kassen, aber er holte das Geld fast immer über DVD- und Rechte-Verkäufe wieder rein. Heute undenkbar in Zeiten von Netflix & Co: „Ich habe keine Chance mehr, mit meinen Filmen Geld zu verdienen. Da ist dann halt irgendwann der Punkt, wo man sagen muss: Es macht keinen Sinn mehr.“ Er sagt das mit der Nüchternheit eines Insolvenzverwalters, der das Aus einer Firma verkündet. Dabei war das Filme machen, Schreiben und Drehen, die Premieren, ja sein Lebenswerk – auch wenn es die Kritiker nie zu würdigen wussten.

„Natürlich waren einige meiner Videoverfilmungen Grütze, aber was danach kam, wurde gar nicht mehr beachtet. Jeder Film bekam sofort einen Stempel.“ Trotzdem ist er sich sicher: „Es gibt niemanden in Deutschland, der Actionszenen besser inszeniert als ich“, und vergleicht sich gerne mit Hollywood-Legenden wie Michael Mann und Martin Scorsese. Gerne würde er mal einen Tatort drehen, um den Deutschen zu zeigen, wie gute Action aussieht. Es meldet sich nur keiner.

Zukunft in der Gastronomie?

Also meldet Boll sich jetzt ab. Aber nicht ohne einen lauten Knall. Ein letztes Mal lässt er in Rampage 3 den Terroristen Brendan Fletcher zuschlagen und gibt dabei viel von seiner Weltsicht preis: Die Eliten aus Wirtschaft und Politik bescheißen die einfachen Leute, also greift zu den Waffen und wehrt euch! Aktuell ist er es, der sich mit einem neuen Projekt durchboxt: ein eigenes Restaurant namens „Bauhaus“ in Vancouver. Die Kritik meine es dieses Mal gut mit ihm, es kämen aber noch zu wenige Leute, meint Boll. Gott sei Dank habe er es im Blut, Budgets zusammenzustreichen. Das habe er beim Film gelernt.

Das Lokal bietet u.a. deutsche Küche: german backhendl, Schnitzel, Sauerbraten, Königsberger Klopse, Kassler, Spätzle, Stampfkartoffeln und natürlich Sauerkraut. Eine Rückkehr zum Film will er dann doch nicht komplett ausschließen. Wenn Netflix bei ihm anklopfen und ein faires Angebot unterbreiten würde, er wäre sofort dabei. Die Chancen hierfür stehen allerdings nicht gut, das weiß er selbst. Aber Boll wäre nicht Boll, wenn er nicht noch einen Gruß an seine Gegner hätte. „Ich hab genug Geld verdient, um Golf zu spielen, bis ich tot bin.“

von Florian Barz und Katharina Dubno (Fotos)