Text: Janina Zepter
Fotos: Roman Knie
Je tiefer man sich ins Innere des Ladens wagt, desto weiter entfernt man sich scheinbar vom Puls der Zeit. Auf den ersten Metern begegnen einem zwischen hohen Lautsprecher-Türmen antike Röhrenfernseher. Jeder Schritt weiter saugt einen in Richtung Technikgeschichte, vorbei an verstaubten Kassettendecks, uralten VHS-Rekordern und schicken Schallplattenspielern.
Erst hinter diesem schlauchartigen Gang befindet sich das Herz des Ladens, die Theke. Hinter dieser thront Inhaber Günter Schmidt. Und raucht. Ich soll ihn bitte nicht fragen, was es bei ihm gibt. Einfacher ist zu sagen, was es hier nicht gibt. Sein Sortiment ist im Laufe der Jahrzehnte gewachsen, aus Kundenwünschen und Erfahrungswerten. Seit 1973 existiert der Laden in der Neustadt, den er und seine Frau Gabriele gemeinsam führen. Sie halten auch Artikel, die kaufmännisch keinen Sinn machen. Doch hin und wieder brauche ein Kunde eben genau diese kleine besondere Platine.
Die Regale und Aufsteller ächzen unter dem Druck des umfangreichen Sortimentes. Die Wand hinter der Verkaufstheke: ein riesiges Schubladenregal für Kleinteile und in den Gängen reparierte oder gerade erst frisch reingekommene Artikel zur Reparatur. Es gibt wenig, was er nicht reparieren kann; von der Waschstraße bis hin zur alten Weinpresse. „Die Kunden kommen mit einem Problem und wir versuchen, es mit allen Mitteln zu lösen“, erklärt Schmidt seine Philosophie, die er auch zusammenfasst als „von der alten Schule“.
Offensichtlich trifft er damit den Geschmack vieler, denn so breit gefächert wie sein Sortiment ist auch seine Kundschaft. „Der Schüler, die Studentin, die ein Teil für ihren Physikversuch brauchen, Hausfrauen, Handwerker, Privatpersonen“, erzählt er, als plötzlich zwei Kunden im Blaumann in den Laden stapfen. Dem einen drückt Schmidt eine Sicherung in die Hand: „Geht aufs Haus, mach sie aber diesmal nicht kaputt.“ Der andere sucht ein Teil für seinen SCART-Anschluss zu Hause. Alles kein Problem in diesem riesigen Teilelager. Ein Griff, zwölf Euro fünfzig und einen schönen Tag noch.
Obwohl die Einrichtung des Ladens für Elektromarkt-Besucher der Gegenwart auf den ersten Blick veraltet, um nicht zu sagen skurril wirkt, führt Schmidt alles an Kleinteilen, was man heutzutage so braucht. Sogar zum Verleih steht das komplette Sortiment zur Verfügung. Ein Kernstück bleibt für Kunden jedoch zumeist verborgen: Über zwei weitere Etagen erstreckt sich ein riesiges Ersatzteillager. Gerne meckert er hier über aktuelle Elektrogeräte: „Die sind zum Wegwerfen produziert, kein Service, keine Ersatzteile. Da drüben, die zwei alten Plattenspieler von Dual, die kann ich einfach nicht auf den Wertstoffhof bringen. Die halten noch ewig.“ Vielleicht aber beschäftigt ihn dieses Thema auch so sehr, weil die Zukunft des Ladens noch offen steht. Schmidt sucht einen Nachfolger, der das Geschäft in seinem Sinn weiterführt. „Mein Nachfolger muss bereit sein zu arbeiten und etwas dazu zu lernen“, beschreibt er sein Stellenangebot. Selbst die Stammkunden sind schon auf der Suche, in der Hoffnung, dass es diese Service- und Ersatzteil-Oase auch zukünftig noch geben wird.
Ist Schmidt Electronic ein Relikt aus alten Zeiten oder ein Vorreiter für die kundenorientierten Elektroläden der Zukunft? Dies muss ein jeder für sich selbst entscheiden. Einen Besuch lohnt der Laden in jedem Fall.