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Der Blick aufs Ende – Gedanken zu Allerheiligen am 1. November

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von Ejo Eckerle, Illustration: Lisa Lorenz

Zum zehnten Mal findet an Allerheiligen (1.11.) in Mainz der „Tag des Friedhofs“ statt. Der gibt überraschende Einsichten in die Formen der Bestattungskultur.
Das Lebensende ist nicht umsonst. Ein Sarg schlägt in seiner kostspieligsten Variante mit bis zu 6.000 Euro zu Buche. Dazu summieren sich jede Menge Gebühren für Leichenschau, Trauerfeier, Grabstein usw. Die Liste der Ausgaben für den Aufwand, mit dem der Mensch, oder was von ihm übrig bleibt, in die Grube fährt, ist lang und bestätigt: Richtig teuer wird es auf die letzten Meter. „Da es in der Bestattungsbranche keinen transparenten Preis-Leistungs- Wettbewerb gibt, ist die breite Öffentlichkeit kaum oder gar nicht informiert“, wissen Jörg und Susanne Wiedenmann. Das Ehepaar hat 2006 ihr Unternehmen Novis Bestattungen gegründet und bietet seither seine Dienste in Mainz und Rheinhessen an. Mit Kostentransparenz wollen sie Licht ins Dunkle bringen und listen ihren Kunden akribisch auf, was alles auf sie zukommt. Die natürliche Scheu vor dem Tod bringt viele Menschen dazu, lieber nicht so genau hinzuschauen, was mit einer Beerdigung alles verbunden ist oder gar Kostenvergleiche anzustellen. Es ist daher eine sehr pragmatische und unsentimentale Herangehensweise an den Tod, die das Bestatter-Ehepaar an den Tag legt.

Sterben in all seinen Facetten
Die Vielfalt der modernen Bestattungskultur zeigt sich auch auf den Mainzer Friedhöfen. Neben dem traditionellen Reihen- oder Wahlgrab finden sich dort so genannte Kolumbarien: gemauerte Wände mit Kammern, in die die Urnen der Verstorbenen hineingestellt und mit einer Steinplatte verschlossen werden. Eine Bestattungsform, die ihren Ursprung bereits in der Antike hat. Ein besonderer Ort des Erinnerns sind die Baumgräber auf dem Gonsenheimer und Mombacher Friedhof. Jeder Baum ist umgeben von bis zu 16 Urnenplätzen. Und wer, aus welchen Gründen auch immer, ohne sichtbare Zeichen für die Nachwelt von dieser Erde gehen will, kann auch das tun: in einem Rasengrab auf dem Mombacher Waldfriedhof. Ebenfalls aus dem Rahmen fallen der „Sternengarten“ auf dem Mainzer Hauptfriedhof und das „Kindernetz“ im Mombach. Hier finden Kinder ihre letzte Ruhe, die im Alter bis zu fünf Jahren verstarben und unter die so genannte „Bestattungspflicht“ fielen. Der Sternengarten ist ein kreisförmig angelegtes, separates Grabfeld. Dort findet zweimal im Jahr eine gemeinsame Beisetzungsfeier für die Kinder statt. An einem gemeinschaftlichen Grabmal können sternenförmige Namensschilder angebracht werden.

Marketing rund um den Friedhof
Sich im Leben bereits bewusst zu machen was es heißt, diese Erde verlassen zu müssen, kann helfen den Schrecken davor zu bannen. Eine gute Gelegenheit bietet dafür der „Tag des Friedhofs“ am 1. November. Bereits zum zehnten Mal findet er dieses Jahr in Mainz statt, trotz anfänglicher Bedenken. „Schließlich konnte damals niemand wissen, ob und wie die Mainzer diese Idee annehmen würden“, so Dezernentin Katrin Eder bei der Vorstellung des Veranstaltungsprogramms. Dahinter verbirgt sich eine Art Tag der offenen Tür, verbunden mit dem Werben für eine Begräbniskultur. Nebenbei erhalten die Besucher aber auch Einblicke in die Mainzer Geschichte. In der Ausstellung „Zwischen gestern und heute: Zehn Jahre Tag des Friedhofs“ wird die Geschichte der Veranstaltung erzählt. Die Exponate zeigen Höhepunkte, besondere Momente und Emotionen. Mit dem „Netzwerk Trauer“ wird ein Gemeinschaftsprojekt vorgestellt, an dem Organisationen und Initiativen beteilig sind, die rund um das Themenfeld Sterben, Tod und Trauer aktiv sind. Und schließlich stellen die Veranstalter eine Neuerung vor: Das „Gärtnerbetreute Grabfeld“, eine Zusammenarbeit des Mainzer Wirtschaftsbetriebs und der Arbeitsgemeinschaft Mainzer Friedhofsgärtner e.V. Besinnen schließt einen unterhaltsamen Ansatz nicht unbedingt aus. Den Beweis dafür tritt das Projekt des Vereins Geografie für Alle e.V. in Zusammenarbeit mit der Schauspielschule Mainz an. Die Akteure bieten am Tag des Friedhofs Führungen zu Gräbern bedeutender Mainzer Persönlichkeiten auf dem „Aureus“, dem Mainzer Hauptfriedhof, an. Dort werden sie dann wieder lebendig: Männer wie der Komponist Peter von Cornelius, der 1874 starb oder der Begründer der Sektkellerei Kupferberg, Christian Adalbert Kupferberg. Der hatte übrigens schon sehr früh eine ziemlich nahe Berührung mit dem Tod. Im Alter von 21 Jahren duellierte er sich mit einem preußischen Offizier, der Kupferbergs Braut beleidigt hatte. Der Soldat bezahlte das mit seinem Leben. Kupferberg kam für seine Tat ein Jahr in Festungshaft und starb nach einem Leben als erfolgreicher Unternehmer 1876 mit 52 Jahren.
Nähe Informationen zum „Tag des Friedhofs“ unter: www.wirtschaftsbetrieb.mainz.de