von Kirsten Strasser (Artikel aus der Allgemeinen Zeitung) / Video: A. Coerper
Sie wollen für Frauenrechte einstehen – und das auch zeigen: Rund 50 Flüchtlinge, in der Mehrzahl junge Männer aus Syrien, haben am Montagmittag vorm Mainzer Hauptbahnhof gegen die gewalttätigen Übergriffe in der Silvesternacht in Köln demonstriert.
Die Geflüchteten, die in verschiedenen Unterkünften in Mainz wohnen, verteilten Rosen und Tulpen an Passantinnen und hielten Schilder mit Beschriftungen wie „Frieden“, „Respekt“ und „Frauenrechte“ in die Höhe.
„Wir möchten zeigen, dass wir Frauen sehr wohl respektieren“, sagt Khalil Amora, 22 Jahre alt, „die Blume, die wir vorbeigehenden Frauen in die Hand geben, soll dies zeigen.“
Die Aktion sei von den Flüchtlingen selbst angestoßen worden, betont Flüchtlings-Betreuer Behrouz Asadi. „Diese Menschen sind vor Krieg geflohen und suchen Frieden. Sie sind entsetzt über das, was in Köln geschehen ist, und distanzieren sich ausdrücklich von den Tätern. Sie entschuldigen sich für das, was andere getan haben.“
„Danke Mainz, dass ihr uns aufgenommen habt“, hat einer der Männer auf sein Schild geschrieben. „Und wir sind wirklich dankbar“, sagt auch Belan, 30 Jahre alt. „Die Menschen hier haben uns willkommen geheißen und viel für uns gemacht.“ Doch es gebe eben überall schlechte Menschen, auch unter Syrern. „Die haben Syrien kaputtgemacht. Und jetzt richten sie so etwas in Deutschland an.“
Die knapp 50 Männer, die an diesem nasskalten Montag im Nieselregen ausharren, stehen stellvertretend für Tausende und abertausende Flüchtlinge, die in Deutschland friedlich leben wollten, betont Behrouz Asadi, der auf eine jahrzehntelange Erfahrung in der Flüchtlingsarbeit zurückblicken kann.
Negative Folgen für ehrenamtliches Engagement befürchtet
Seine Kollegin Shideh Daghooghi, bei den Maltesern für die psychosoziale Betreuung der Flüchtlinge zuständig, ist besorgt – sie fürchtet, dass sich die Vorfälle von Köln negativ auf das Engagement Ehrenamtlicher ausüben könnte. „Und dabei sind wir so dringend darauf angewiesen.“
Die Aufgabe der professionellen Flüchtlingsbetreuer sei es, die Menschen auf ein Leben in Deutschland vorzubereiten – auch und gerade die Männer. „Es ist schon ein gutes Signal, wenn sie sehen, dass ich als Frau beruflich genauso viel Verantwortung trage wie meine männlichen Kollegen“, betont Shideh Daghooghi. „Es ist aber auch klar: Diese Menschen kommen aus einer ganz anderen Welt, in der eine gute Frau eine ist, die zu Hause bleibt und sich um die Kinder kümmert.“
In den von ihnen betreuten Flüchtlingsunterkünften wollen die Malteser spezielle Kurse und Gruppen für Männer anbieten, in denen sie sich mit neuen Rollenbildern von Männern und Frauen auseinandersetzen sollen. „Dabei geht es nicht nur darum, dass Frauen die gleichen Rechte haben und zum Beispiel arbeiten oder studieren dürfen“, sagt Shideh Daghooghi, „sondern auch darum, was das für Männer bedeutet – etwa, dass sie sich bei der Erziehung der Kinder einbringen.“ Die meisten der jungen Männer, weiß die Psychologin, seien dazu bereit. „In einer unserer Unterkünfte haben wir einen jungen Mann, der sogar das Baby der jungen Mutter im Nachbarzimmer gehütet hat, wenn diese im Deutschkurs war. Als seine Ehefrau nachkam, hat sie ihn kaum wiedererkannt.“