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Belastung für Einzelhandel durch Baumaßnahmen (an der Binger Straße) kaum haltbar

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion, aber auch Mainz City Management und die Werbegemeinschaft Mainz schlagen Alarm: Die aktuellen und anderthalb Jahre anhaltenden Baumaßnahmen an der Binger Straße bringen den ohnehin schon stark belasteten Einzelhandel an seine Grenzen. Die Situation sei für viele Geschäfte kaum noch tragbar. Durch die parallele Sperrung der Windmühlenstraße ist die Innenstadt zum teil dicht. Es werden Maßnahmen zur Unterstützung des Einzelhandels gefordert sowie ein durchdachtes Baustellen-Management seitens der Stadtverwaltung.

„Die derzeitigen Bauarbeiten belasten nicht nur die Geschäftsinhaber, sondern auch die Kundenfrequenz in der Innenstadt massiv. Wir müssen verhindern, dass der Einzelhandel weiter darunter leidet“, so der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Mainz Philipp Breiner. „Ein kluges Baustellen-Management ist jetzt unerlässlich.“

Torsten Rohe, MIT-Vorstandsmitglied und wiedergewähltes Stadtratsmitglied fordert Unterstützung für den Einzelhandel. „Der Mainzer Einzelhandel hat durch die geopolitische Lage mit Inflation und schwachem Wirtschaftsumfeld bereits ein herausforderndes Umfeld. Daher dürfen wir die Mainzer Geschäftsinhaber nicht weiter mit einer abgeriegelten Innenstadt belasten, sondern müssen sie unterstützen. Verkaufsoffene Sonntage und ein kostenfreier ÖPNV an einem Samstag im Monat sind ein guter Anfang. Vielmehr fordern wir auch eine gute Erreichbarkeit der Einzelhändler mit dem Auto und ein kostengünstiges Parken am Wochenende. Dafür müssen wir die Baustellen in den Griff bekommen.“

Baustellen in Mainz – Sorge um den Mainzer Einzelhandel
Bereits bei den Vorbesprechungen, seit über 2 Jahren, wurde das Thema des Baustellenmarketings wiederholt angesprochen. Zuletzt bei einem Netzwerk-Cityfrühstück am 5. Mai, bei welchem über den Planungsstand der Straßenbahnprojekte informiert wurde. Mainz Citymanagement hat bereits beim Umbau der Boppstrasse und der Großen Langgasse auf die Notwendigkeit eines Baustellenmarketings verwiesen, was darauf hin auch teilweise umgesetzt werden konnte. „Unser Mainz in Rheinhessen e.V.“ hat bereits 2017 eine Veranstaltungsreihe mit dem Fachmann für Baustellenmarketing Herrn André Haußmann ins Leben gerufen. Im Zuge dessen sagte die damalige Verkehrsdezernentin Frau Eder: „Wir haben aus den Fehlern vergangener Bauprojekte gelernt und wollen es nun gemeinsam besser machen!“.

Leider sei diesbezüglich nichts passiert, obwohl man sogar auf Banner von damals hätte zurückgreifen könnte. Trotz frühzeitiger Anfrage sei immer noch nicht klar, was aus den seinerzeit so erheiternden Plakatwänden mit Playmobil-Figuren geworden ist. Die Mainzer Straßenverkehrsbehörde hatte schon angekündigt, die Situation zu beobachten und gegebenenfalls zu regulieren. Einiges war aber schon im Vorfeld ersichtlich. So zeigte die Wegweisungen sowohl für die Parkhäuser als auch die Straßenführung am Aliceberg nur in Richtung Binger Straße, die ja schon gesperrt war. Hier habe der Abteilungsleiter der Straßenverkehrsbehörde am 26. Juni zumindest pragmatisch eigegriffen. Aber wenn man die Anlieger vorher involviert hätte, die Wegweisung mit ihnen besprochen hätte, wären Anregungen gekommen, die man in die Planung hätte aufnehmen können, so Mainz City Management und bringt zwei Beispiele:

  1. Die Große Bleiche zwischen Umbach und Münsterplatz weist eine Verengung der Fahrspur auf. So sollte man dem ÖPNV, der wiederholt die Umbach-Kreuzung für den querenden Verkehr blockiert, die rechte Spur von der Großen Bleiche kommend bis zum Münsterplatz als „Busspur“ exklusiv anbieten, denn die Busse wollen alle in die Bahnhofstraße.
  1. Die stadteinwärts führende Situation aus Richtung Saarstraße sollte schon ab der Agentur für Arbeit in drei Spuren aufgeteilt werden – eine in Richtung Am Linsenberg / Langenbeckstraße, die anderen beiden für die Innenstadt. Spätestens beim „Me and All-Hotel“ sollte nur noch eine Spur stadteinwärts ausgewiesen werden. So könnte der Verkehr von der Hochbrücke einwandfrei einfädeln und die Chance für die Parkhausnutzer City-Port ist höher, diesen Bereich zu verlassen.

An allen Stellen, von Agentur für Arbeit, vom Aliceberg, von der Parcusstraße, am Aliceplatz, am Münsterplatz usw. gäbe es genügend Möglichkeiten ein freundliches Baustellenmarketing und eine sinnvolle graphisch ergänzende Verkehrsleitplanung zu betreiben.

„Die reinen „U“-Schilder seien bis zur „U7“ ein nicht mehr annehmbares „Irrwegethema“, so Thomas A. Klann und Ulrich H. Drechsler, die Vorsitzenden von „Unser Mainz in Rheinhessen e.V.“. „Eindeutig, sympathisch und frühzeitig muss eine Verkehrsleitplanung Besucher informieren und abholen“, sagt Klann, der berufliche Parallelen zur Organisation von eigenen Baustellen als Architekt zieht. Das vorhandene Parkleitsystem zeige nur an, wie die Auslastung in den Parkhäusern aussieht. Die Stadt Mainz benötige dringend – wenn auch nur analog – im Baustellenfall ein Verkehrsleitsystem, das die Autofahrer durch die Stadt geleitet.

Die Behinderung des ÖPNV, insbesondere der Straßenbahn, durch einfahrende PKWs sind ein tägliches Ärgernis am Münsterplatz. Auch dieses Thema sei durch eine entsprechende Plakatierung im Großformat freundlich darstellbar.

Am Samstag, 29.6., stellten Händler der Innenstadt fest, dass gar keine Autos mehr auf der Großen Bleiche fuhren. Ein Händler stieg auf sein Fahrrad und fand die Ursache in der Bauhofstraße, die kurzerhand ab der hinteren Bleiche als gesperrt, bzw. für Anlieger frei, deklariert wurde. Kein Fahrzeug konnte die Parkhäuser Kaufhof, Commerzbank, Volksbank, Klarastraße, Emmeransstraße und indirekt auch Schillerplatz mit Kronberger Hof erreichen.
Die Sperrung wurde aufgrund der SWR-Veranstaltung durchgeführt. Doch Kunden müssten reibungslos die Parkhäuser erreichen. Wenn nicht, dann müsse der Veranstalter die gesamte Innenstadt mit einem Verkehrsleitverfahren an diesem Samstag ausstatten, mit dem die Kunden die passenden Parkhäuser erreichen.

Die Händler sind fassungslos bis verzweifelt, wie viele Umsatzhemmnisse sie noch erleiden müssen. Nach wie vor fehle die Kommunikation der Stadt an die Besuchenden und Kunden. Außer den Umleitungsschildern sehe man nichts. „Schlecht gelauntem Publikum etwas zu verkaufen ist Königsdisziplin“, sagt ein Händler aus dem Markt-Quartier. „Es wird auf jeden Fall eine große Herausforderung, die Kunden wieder in Kauflaune zu bekommen, wenn sie denn uns Händler als Einkaufziel irgendwann erreicht haben.“

Annette Plachetka, Vorsitzende der Werbegemeinschaft, teilte mit, dass Kunden die Beschilderung zu kompliziert sei. Diese wendeten und fuhren wieder nach Hause. „Die Innenstadt ist im Wettbewerb mit Onlinehändlern, Einkaufszentren, „Grüne Wiese“-Standorten, rheinhessischen und rechtsrheinischen Geschäftszentren. Der Einzelhandel kann nicht nur durch Mainzer Kunden überleben. Der Handel braucht einen ausreichend großen Einzugsbereich, benötigt zum langfristigen Überleben die einzelhandelsrelevante Kaufkraft im Rheinhessischen Einzugsgebiet“, so Jan Sebastian, stellvertretender Vorsitzender von Mainz City Management e.V. und Präsident des Handelsverbandes Rheinland-Pfalz. „Handel ist Wandel und viele Einzelhändler können schnell auf Veränderungen reagieren,“ ergänzt Sandra Klima, Citymanagerin, „aber diese Situation stellt den Handel vor nicht alleine lösbare Probleme. Hier müsse die Stadtverwaltung dringend schnell reagieren. Baustellen dürfen nicht genutzt werden, um die Autos aus der Innenstadt zu halten. Viele Vereine und Organisationen geben sich Mühe, um die Innenstadt von Mainz zu erhalten – es sei wichtig, dass diese auch erreichbar bleibt.

Auch Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger war bei der Sitzung der Einzelhändler dabei. Bemerkte sie noch zur Baustellen-Eröffnung an der Binger Straße, sie hätte die Baustelle am liebsten komplett fürs Autos gesperrt, zeigte sie sich nun nachdenklich und sagt: „dass die Krisenkommunikation der Stadt an ihre Grenzen stößt. Anscheinend haben wir zu wenige oder nicht die richtigen erreicht“. Nun will sie sich mit den Vereinen über mögliche Maßnahmen austauschen. Eine steht bereits fest: Die Stadt will mit Unterstützung der Polizei dafür sorgen, die Kreuzung am Münsterplatz freizuhalten. Denn durch den ständigen Zustrom an Autos, kommt auch der Busverkehr hier teilweise zum erliegen.

 Die Forderungen an die Stadtpolitik der Mittelstands- und Wirtschaftsunion sind:

  1. Notwendigkeit und Zeitkritikalität abwägen:

Baustellen sollten nur dann errichtet werden, wenn sie wirklich notwendig und zeitkritisch sind. Es darf keine unnötigen Einschränkungen geben, die den Einzelhandel zusätzlich belasten.

  1. Alternative Routen und erprobte Lösungen:

Vor Beginn einer Baustelle müssen alternative Verkehrswege geplant und getestet sein. Dies verhindert Verkehrschaos und erleichtert den Zugang zur Innenstadt. Erprobungsphasen sollten weiterhin in Ferienzeiten durchgeführt werden, um besser gegensteuern zu können.

  1. Transparente Kommunikation:

Die Stadt Mainz muss frühzeitig und umfassend über geplante Baumaßnahmen informieren. Eine transparente Kommunikation ermöglicht es den Einzelhändlern und Pendlern, sich auf die Situation einzustellen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

  1. Vermeidung von Mehrfachbelastungen:

Mehrere Großbaustellen oder Absperrungen zur gleichen Zeit sind Gift für den innerstädtischen Einzelhandel und alle Pendlerinnen und Pendler. Hier muss ein koordinierter Ansatz verfolgt werden, um die Belastungen zu minimieren.

„Die aktuelle Situation zeigt, dass wir dringend ein Umdenken in der Planung und Durchführung von Baumaßnahmen in unserer Stadt brauchen. Ein durchdachtes und gut kommuniziertes Baustellen-Management ist unerlässlich, um die Existenz unseres Einzelhandels zu sichern und die Lebensqualität in Mainz zu erhalten“, betonen Breiner und Rohe abschließend. Dabei wurde die aktuelle Situation bereits Anfang des Jahres von der Stadt kommuniziert (wir berichteten).

Foto: Stephan Dinges

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