Es gibt Menschen in Mainz, die laufen einem immer wieder über den Weg. Ob man will oder nicht: Man kann ihnen nicht entkommen, sie gehören zur Stadt wie Rhein und Dom. Eines dieser Mainzer Originale ist der Mainzer Rosenmann – ihn möchten wir vorstellen.
Ob im Weinhaus, der Kneipe nebenan, Restaurant oder Club, aus dem Mainzer Nachtleben ist er nicht mehr wegzudenken. Jeden Tag, meist zwischen 18 und 24 Uhr, streift er in Lederjacke, Kappe und Jeans durch die Gastronomie, um Rosen unters Volk zu bringen. Doch kaum eine verkauft der Rosenmann – die meisten verschenkt er einfach. Was steckt dahinter? Eine Frage, die nicht leicht zu beantworten ist.
Dass er Hussain heißt und aus Pakistan stammt, weiß sogar der ein oder andere. Als Bauarbeiter habe er dort gearbeitet, sagt er, nun sei er politischer Flüchtling. Seinen Wohnsitz lokalisiert er in Rüsselsheim, davor Bischofsheim. In Mainz sei er seit mittlerweile acht Jahren als Rosenverkäufer tätig. Sein Alter beziffert er uns gegenüber auf 26, später dann auf 35 Jahre. Die Arbeit, sagt Hussain, lasse ihn älter wirken.
Wenn Hussain doch mal eine Rose verkauft, bekommt er zwischen fünfzig Cent und zwei Euro dafür – je nachdem, was die Leute zu geben bereit sind. Bei einem gemeinsamen Streifzug durch die Mainzer Altstadt erleben wir jedoch, dass er das Geld, das ihm die Leute geben wollen, nicht annimmt. Wir sind verwirrt: Kann er es nicht oder will er nicht? Wie kann er dann von seiner Arbeit leben? Man möchte es förmlich herauskitzeln aus Hussain, doch die deutsch-pakistanische Sprachbarriere, seine sehr leise Stimme und seine zurückhaltende Art, die Kommunikation überhaupt nicht gewohnt zu sein scheint, lassen uns weiter im dunkeln tappen. Er sei eben ein trauriger Mensch, sagt Hussain schlicht, besonders nach dem Tod seiner Mutter. Er habe Heimweh, doch Deutschland sei schon besser. Trotzdem hofft er, über Weihnachten nach Pakistan reisen zu können.
Er sei nicht nach Deutschland gekommen, um hier Geld zu verdienen, sagt Hussain dann später doch. Er wolle die Menschen glücklich machen. Und das geht mit Blumen, die mehr sagen als tausend Worte, natürlich am besten. Ist das wirklich der wahre Grund? Wir sind skeptisch. Es gibt böse Zungen, die behaupten, er könne seine Rosen gar nicht verkaufen – aufgrund ihres Geruchs. Schwefelhaltig sei dieser, möglicherweise aus Gründen der Konservierung. Wird er seine Blumen also gar nicht los? Oder stecken hinter dem Rosenverkauf ganz andere Geschäfte?
Sicher ist nur das: Die Blumen stammen von der Firma Bloomways, eines der größten international operierenden Unternehmen im Bereich Import, Export und Großhandel von Schnittblumen und Schnittgrün mit Sitz unter anderem in Kelsterbach. Die Vertriebswege werden kurz gehalten, damit die Blumen nicht unnötig leiden. Dennoch sind viele Rosen nicht mehr ansehnlich, wenn sie verkauft werden sollen. Im Winter ist es ihnen zu kalt, im Sommer zu heiß – für Rosenverkäufer ein schweres Geschäft.
Hussain zieht von dannen. Die geheimnisvolle Aura, die den traurigen Rosenverkäufer umgibt, nimmt er mit sich, uns dagegen hinterlässt er ratlos. Viel Licht ins Dunkel konnten wir nicht bringen, aber vielleicht ist das auch manchmal besser so – in den schummrigen Gassen von Mainz.
Text: David Gutsche
Foto: Ramon Haindl
Idee: Sebastian Zimmerhackl
Wer doch mehr über den geheimnisvollen Rosenverkäufer weiß, kann uns eine Mail mit Betreff „Rosenmann“ an hallo@sensormagazin.de schreiben – oder ihr postet die ganze Wahrheit hier auf unserem Blog. Die besten Geschichten über und mit dem Rosenmann erscheinen im nächsten sensor.
Ein schlechter, nichtssagender Artikel. Danke, dass ihr mir 3 Minuten meines Lebens geklaut habt…
bitte, gern geschehen.
🙂 Schöne Antwort. Was den Artikel betrifft: DER Brüller! Als ich Eure Zeitschrift das erste Mal aufschlug und dem breit grinsenden Blumenverkäufer ins Gesicht blickte, der mir schon seit fast 10 Jahren in Mainz ständig über den Weg läuft, hab ich Tränen gelacht! Das war blanker Hohn, ein echter Mainzer Running-Gag, der es endlich mal in die Medien geschafft hat 😉 Wer auch immer entschieden hat, das Foto ganzseitig abzudrucken: es war genau die richtige Entscheidung! Seitdem halte ich überall vergeblich nach der nächsten Ausgabe Eures Magazins ausschau – wo liegen die denn? Oder heißts demnächst: „Wolle Sensor?“
hi rico, danke dir. der sensor liegt eigentlich in allen möglichen geschäften, restaurants, bars, frisören usw. in der stadt rum. insgesamt 1.000 plätze haben wir da in mainz und vororte. wo hältst du dich denn so auf, dann könnte ich dir ein geschäft in deiner nähe sagen.