In Mainz herrscht die nackte Wohnungsnot. Daraus machen die Experten keinen Hehl. Von Sozialdezernent Kurt Merkator (SPD) über Makler und Mieterbund bis zur Wohnbau – die Rede ist von Tausenden fehlenden preiswerten Wohnungen. Die Gruppe, die es am meisten trifft:Familien mit Kindern.
Not bedeutet nicht, dass man keine Wohnungen finden würde – doch was auf dem Markt ist, kostet schlicht zu viel Geld, Luxus wie am Winterhafen ist keine Mangelware. Mainz ist die zehntteuerste deutsche Stadt bei den Mieten, so das aktuelle Ranking des Unternehmens Empirica aus dem zweiten Quartal 2012. Zugleich sind auch die Nettokaltmieten überdurchschnittlich angezogen: Um 9,7 Prozent legten sie seit 2007 zu, bundesweit waren es 4,8 Prozent.
Merkator sagt, wo es fehlt: So gehörten in Mainz gerade sieben Prozent aller Wohnungen – rund 5.000 – zum öffentlich geförderten Sozialwohnungsbestand. Und es werden immer weniger:Bis 2020 sinkt der Anteil auf fünf Prozent – gebraucht würde das Doppelte. Das Sozialdezernat erarbeitet derzeit ein Konzept, bei dem etwa daran gedacht wird, dass ein Anteil eines Gebiets geförderter Wohnraum sein muss. Etwa am Zollhafen. Leider hätten solche Wohnungen bei Privatinvestoren kein gutes Image. Dabei hätten auch Polizisten, Erzieherinnen oder Facharbeiter Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein.
„Es kommen acht Suchende auf ein Angebot.“
Thomas Will, Geschäftsführer der Wohnbau Mainz GmbH, der 10.300 der 10.1000 Wohnungen in der Stadt gehören, kann sich vor Anfragen kaum retten: „Es kommen acht Suchende auf ein Angebot.“ Neben mehrköpfigen Familien haben vor allem Senioren und Studenten derzeit zu leiden. Während sich für Letztere die Lage durch rege Bautätigkeit bald entspannen könnte, ist das Defizit bei seniorengerechten und barrierefreien Wohnungen enorm.
„In Mainz fehlen bereits mindestens 1.000 seniorengerechte Wohnungen“, so Thomas Will, zumal ein Trend erkennbar sei, den auch der Immobilienverband Deutschland bestätigt: Senioren, die einst aufs Land gezogen sind, wollen in die Stadt zurück. Belastbare Zahlen gibt es noch nicht, aber die „Landflucht“ hat nachvollziehbare Gründe: bessere Infrastruktur, nicht zuletzt mehr Ärzte und Kliniken. Es gibt auch Familien, die zurück wollen, so die Makler:Ihnen wird die Pendelei in die Stadt zu teuer.
Sie alle drängen auf den Mainzer Markt, aber selbst wer derzeit in einer günstigen Wohnung lebt, darf sich alles andere als sicher fühlen. Der Mieterverein warnt vor der massiven Verdrängung von Alt-Mietern durch die Energie-Sanierung von Gebäuden:„Da kostet dann eine 60- bis 70-Quadratmeter-Wohnung 100 oder 150 Euro mehr – das können sich die Leute oft nicht mehr leisten.“