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Das sensor 2×5 Interview mit Lea Hieronymus

Sängerin, Comedian und Musicaldarstellerin: Lea Hieronymus ist vieles und tritt nur bedingt in die Fußstapfen ihres bekannten Vaters.

BERUF

Wie hast du zu deinem „Beruf“ gefunden?
Ich habe immer gern gesungen und wusste nach dem Abi nicht genau, was ich machen sollte. Dann hat mein Vater mich auf die Musicalschule „Dance & Arts“ in Mainz aufmerksam gemacht. Dort habe ich dann meine Ausbildung gemacht und es war die beste Zeit meines Lebens. Als ich danach auf Auditions war, habe ich aber schnell gemerkt, dass es in der Realität nicht so behütet zugeht. Mein Vater (Sven Hieronymus), der ja auch Comedian ist, hat mir dann vorgeschlagen, es auch mal mit Comedy zu versuchen. Beides war somit eine spontane Entscheidung, nichts war langfristig geplant.

Gab es eine Schlüsselsituation für deinen Wechsel zur Comedy?
Ja, ich bin fünf Stunden zu einem Vorsingen nach Bremen gefahren und wurde beim Casting nach nicht einmal einer Minute abgebrochen. Da hieß es dann, für mich geht’s leider nicht weiter, und ich musste wieder fünf Stunden nach Hause fahren. Das war der Moment, wo ich gemerkt habe, dass mir das zu stressig ist. Ich liebe Musicals, aber du brauchst echt ein dickes Fell dafür.

Der Gedanke, Comedian zu werden, kam dir da noch nicht in den Sinn?
Ich hatte zuerst eine Blockade, weil ich nicht das Gleiche machen wollte wie mein Vater. Er hat trotz allem versucht, mich dazu zu ermutigen, und ich habe dann angefangen, ein eigenes Programm zu schreiben, was im Nachhinein ein falscher Weg war. Normalerweise rennst du in der Stand-Up-Szene erstmal auf Open Mics, um dein Zeug zu testen. Ich bin stattdessen direkt mit einem eigenen Programm gekommen, und dann wurde alles wegen Corona abgesagt. Um die Zeit zu nutzen, habe ich dann damit angefangen zu studieren, Erziehungswissenschaften und Strafrecht, was mir auch echt Spaß macht. Und jetzt versuche ich das alles unter einen Hut zu bekommen.

Woran arbeitest du gerade?
Ich habe gerade drei neue Songs herausgebracht, zwei sind Fastnachtssongs, in denen es um die Liebe zu Mainz geht. Meinen ersten Auftritt damit hatte ich am 11.11. auf dem Schillerplatz vor 9.000 Menschen. Ich war unfassbar aufgeregt, aber es ist genauso gelaufen, wie ich es mir erhofft hatte. Im Sommer war ich das Julchen im Musical „Der Schinderhannes“. Das war richtig cool. Jetzt trete ich zum ersten Mal im Quatsch Comedy Club in Berlin auf. Dafür habe ich meine Texte vorab in Open Mics getestet, u.a. im Café Wallenstein in Mainz und auch in Frankfurt.

Wie beurteilst du die Comedy-Szene in Mainz?
Es passiert was in Mainz, du hast mittlerweile die Chance, deine Sachen zu testen und aufzutreten, wie beim Scusi oder „Risky Comedy“. Klar ist es noch kein Vergleich zu Berlin, wo man vier Mal am Abend auftreten kann, aber es tut sich einiges.

MENSCH

Wie bist du aufgewachsen?
Ich habe einen jüngeren Bruder und bin dörflich in Bodenheim aufgewachsen. Das fand ich gut, man kannte sich untereinander. Mit einem Comedian als Vater aufzuwachsen war auch lustig, meine Freunde konnten ihn zwar nicht immer gleich einordnen, weil er öfter direkt sagt, was er denkt, aber durch ihn habe ich gelernt, über mich selbst lachen zu können, wofür ich dankbar bin.

Hast du schon immer alle zum Lachen gebracht?
Ich erzähle jetzt nicht den ganzen Tag Witze, wie man vielleicht denken könnte. Ich glaube, es ist wichtig, mit einer gewissen Leichtigkeit durchs Leben zu gehen. Ich rede gern und bin extrovertiert, aber im Inneren war ich auch ziemlich unsicher, besonders in der Schulzeit. In der Ausbildung habe ich das dann weitestgehend ablegen können. Doch dieses Muster von früher, wenn du keine Leistung erbringst, bist du nicht gut genug, hat sich bis ins Erwachsenenalter durchgezogen.

Wie kommst du mit Kritik zurecht?
Man braucht ein gesundes Mindset. Alle, die so bekloppt sind, sich auf die Bühne zu stellen, machen das auch, um Anerkennung zu bekommen, weil einem selbst etwas fehlt. Wenn du Applaus und Lacher bekommst, hast du das Gefühl, du bist in dem Moment gut genug und das ist etwas, das ich mir selbst manchmal nicht geben kann. Soziale Medien sehe ich etwas kritisch und habe mir abgewöhnt, irgendwelche unsachlichen Kommentare über mich zu lesen. Ich denke, dass jemand, der so einen Hate-Kommentar verfasst, einfach unzufrieden mit seinem eigenen Leben ist.

Was reizt dich an Mainz?
Mainz ist für mich Heimat. Wenn ich über die Theodor-Heuss-Brücke nach Mainz fahre, dann weiß ich: Hier bin ich richtig. Ich liebe auch die Straßenfastnacht. Da fühlt es sich an, als wären wir alle miteinander verbunden. Im Sommer mag ich es, einen Eiskaffee im „Bootshaus“ zu trinken. Sozial engagiere ich mich hier als Mitglied im Verein meines Vaters „Nicht reden. Machen!“, in dem wir Flüchtlinge aus der Ukraine unterstützen.

Was machst du sonst noch in deiner Freizeit?
Ich brauche viel Zeit für mich zum Runterkommen, da lese ich oder male Mandalas, das hat für mich etwas Meditatives. Ich genieße manchmal auch einfach nur die Stille, weil ich oft so reizüberflutet bin. Aber dennoch: Wenn ich könnte, würde ich den Beruf auch noch machen, wenn ich 80 bin, so lange die Leute mich sehen wollen.

Interview Christin Heim Foto Jana Kay