Direkt zum Inhalt wechseln
|

Wird Stadtbibliothek dreigeteilt? Stadt will Gebäude verkaufen

vom 19.10. aus der Allgemeinen Zeitung Mainz:

Von Michael Jacobs (Foto: Sascha Kopp)

Seit längerer Zeit kursieren Gerüchte, inwieweit auch die Wissenschaftliche Stadtbibliothek von den Sparüberlegungen der Ampelkoalition betroffen sein könnte. Nach AZ-Informationen gibt es nun Planungen, die traditionsreiche Einrichtung an der Rheinallee zu schließen und von Grund auf umzustrukturieren: Das knapp 100-jährige, sanierungsbedürftige Jugendstilgebäude soll verkauft und die Bestände der Wissenschaftlichen Bibliothek auf drei Standorte aufgeteilt werden.

Das Stadtarchiv, dessen Bestand das Landesarchivgesetz garantiert, wird auf jeden Fall erhalten bleiben und könnte, so die Überlegungen, als eine Art historisches Zentrum für die Stadtgeschichtsforschung in eine der auslaufenden Grund- oder Hauptschulen im Stadtgebiet ziehen. Hierhin sollen auch Altbestände der Wissenschaftlichen Bibliothek mit archivarischem Charakter verlagert werden. Dieses erweiterte Stadtarchiv soll weiterhin für Jedermann öffentlich zugänglich sein.

Kooperation mit der Universität

Andere Teile der Wissenschaftlichen Bibliothek, wie etwa Handschriften oder Inkunabeln, sollen ins Gutenberg-Museum wandern, das lange Zeit Teil der Stadtbibliothek war und 1927 ins Haus zum Römischen Kaiser ausgegründet wurde. Die restlichen Bestände könnten, nach Vorstellungen der Ampel-Koalition, in dem künftigen Neubau der Universitätsbibliothek zusammengeführt werden.

Die dadurch entstehenden Synergieeffekte bedeuten aber auch, dass die Wissenschaftliche Stadtbibliothek keine neuen Anschaffungen – Bücher und Zeitschriften schlagen jährlich mit 130.000 Euro zu Buche – mehr tätigen könnte, die Bestände würden auf dem aktuellen Stand eingefroren.
Nach AZ-Informationen soll durch die geplante Neustrukturierung keiner der derzeit 37 Mitarbeiter entlassen werden. Allerdings würde das Personal auf die unterschiedlichen Standorte verteilt werden. Das personell chronisch klamme Gutenberg-Museum etwa würde so mehr Mitarbeiter für die Betreuung der Alt- und künftigen Neubestände erhalten.

Durch die Aufsplittung der Wissenschaftlichen Bibliothek, die – anders als das Stadtarchiv, das Landeszuschüsse erhält – über freiwillige Leistungen finanziert wird, rechnet man mit jährlichen Einsparungen zwischen 1 Million und 1,5 Millionen Euro. Falls diese Pläne in die Tat umgesetzt werden, könnte der Umstrukturierungsprozess dem Vernehmen nach bis 2020 dauern.

Anna-Seghers-Bücherei bleibt erhalten

Laut Finanzdezernent Günter Beck (Grüne) beträgt der Gesamtetat für alle Mainzer Bibliotheken – also auch die Anna-Seghers-Bücherei in den Bonfaziustürmen und die Stadtteilbibliotheken, die allesamt erhalten bleiben –, zirka 15 Millionen Euro. Zu den Plänen über die Zukunft der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek wollte sich Beck auf AZ-Anfrage nicht konkret äußern. Man denke schon seit längerem in alle Richtungen nach. Die Überlegungen zur Neuordnung der Einrichtung, etwa durch eine engere Kooperation mit der Universitätsbibliothek, seien aber nicht unrealistisch.

Auch Bau- und Kulturdezernentin Marianne Grosse (SPD) hielt sich am Dienstag zu den möglichen Plänen bedeckt. Bei den Beratungen der Ampelkoalition sei noch alles im Fluß und nichts entschieden.