von Tina Jackmuth
Foto Katharina Dubno
Anna Lilienstroem und Eckard Höbel sind kein Paar. Trotzdem verbindet sie ihre Leidenschaft zu Wein. Die Liebe verschlug Anna nach monatelanger Fernbeziehung vor einem Jahr an den Rhein. Die Liebe zu einem Mann und zum hiesigen Wein. Seit einiger Zeit ist sie mit diesem Mann verheiratet. Tim ist sein Name und er ist ein ehem. Studien- und Winzerkollege des anderen Mannes in Annas beruflichem Leben, mit dem sie kürzlich einen eigenen Weinladen in Mainz eröffnet hat: Eckard Höbel ist sein Name und der Name des Ladens lautet „Wilder Wein“.
Fast eine Ménage-àtrois könnte man meinen, doch alle verbindet hauptsächlich ihr Interesse zum Wein. Seit letztem Sommer ist sogar ein gemeinsamer Garten hinzu gekommen, in dem alle zusammen mit ihren Familien, Eckard mit Partnerin und drei Söhnen, Anna mit Ehemann Tim und in Kürze eigenem Nachwuchs, auch ihrer Experimentierfreude am eigenen Gemüseanbau freien Lauf lassen.
Hoch aus dem Norden
Anna kommt ursprünglich aus Schweden und hat in Göteborg Biomedizin und Weinwissenschaft studiert. Eine ungewöhnliche Wahl, gibt sie zu, vor allem in ihrer kühlen Heimat, in der der Weinbau eher die Ausnahme bildet. „Mich hat beides gleichermaßen interessiert, “ sagt Anna. „ Zum Wein bin ich über meine Ausbildung als Barmeisterin und Sommelier gekommen. Darüber wollte ich dann mehr wissen.“ Eckard Höbel dagegen kommt vom Rhein. Ihm wurde das Faible für Wein im elterlichen Winzerbetrieb in Rheinhessen in die Wiege gelegt. Dennoch hat auch er sich zunächst anders orientiert: Der studierte Politologe arbeitete längere Zeit für eine Kommunikationsagentur und als Weinsachverständiger und Verkoster für Fachzeitschriften. 2008 folgte dann der Bachelor in Weinbau und Oenologie in Geisenheim. Seitdem widmet er sich hauptsächlich eigenen Weinkreationen auf seinem Weingut in Mommenheim.
Austausch zwischen den Reben
Annas und Eckards Wege kreuzten sich über Eckards Freund Tim (Annas Ehemann) sozusagen im Weinberg. Als die Schwedin vor einem Jahr ohne konkrete Jobaussicht nach Mainz zog, half sie zunächst in Eckards Weingut aus. Bei der täglichen Zusammenarbeit wurde schnell klar, dass beide in puncto Wein auf einer Wellenlänge liegen. „Am Anfang habe ich das Deutsche mit rheinhessischem Akzent zwar nicht immer gleich verstanden“, erinnert sich Anna, doch Verständigungsschwierigkeiten sind heute passé. Ihr Deutsch klingt nahezu perfekt und Eckard betont: „Anna verfügt über Fachwissen, weiß wie man einen guten Wein macht und hat gleichzeitig einen gastronomisch-sommelierischen Hintergrund. Außerdem sind wir beide bereit, immer mal etwas Neues auszuprobieren.“ So kam es schließlich zu der Idee, gemeinsam ein Geschäft zu eröffnen.
Wilder Wein am Rhein
Vor drei Monaten eröffneten sie ihren Weinladen „Wilder Wein“ in der Mainzer Rheinallee zwischen Frauenlobstraße und Grüner Brücke. Beide möchten ihre Begeisterung für Weine mit ihren Kunden teilen. Das Sortiment stammt überwiegend aus Eckards „Weinschmiede“ und von Weinbetrieben aus der Region. Spanische oder griechische Weine und die ein oder andere exotische Rebsorte wie zum Beispiel die Orangentraube frischen das Angebot auf. Ein Schwerpunkt liegt auf ökologisch angebauten Weinen und Perlweinen, aber auch klassisch ausgebaute Weine sind vertreten. Ihr Konzept: „Alle unsere Weine stammen von eher kleineren Weinbetrieben oder Winzern, die wir persönlich kennen und denen wir ins Handwerk schauen können“, erklärt das Geschäftspaar. Und beide motiviert zudem die Möglichkeit, sich auf geistiger, kreativer, aber auch körperlicher Ebene zu betätigen, nämlich bei der Arbeit im Weinberg. „An der frischen Luft, in der Natur zwischen den Reben fühle ich mich sehr wohl“, schwärmt Anna und Eckard ergänzt: „Die meisten Kollegen mit Studium stehen nicht mehr selbst im Weinberg, sondern widmen sich dem Verkauf oder der Repräsentation. Mir macht die manchmal körperliche Arbeit allerdings ebenso Spaß.“ Auch wenn Anna und Eckard auf Umwegen zu ihrem neuen „Job“ gekommen sind, ist das für beide noch immer kein Schlusspunkt. Zwar werden bei Anna Themen wie Biomedizin und Wein in der bevorstehenden Babypause erst einmal hinten anstehen. Später jedoch würde sie gerne auch wieder einmal im Bereich der Forschung arbeiten. Eckard fehlt zudem noch der Doktortitel. Den strebte er ursprünglich in Politikwissenschaft an. Vielleicht wird es in Zukunft dann einer in „Weinwirtschaft“. Bis auf weiteres wird man die schwedische Weinexpertin und den studierten Winzer aber persönlich im „Wilder Wein“ antreffen.
www.wilderwein-mainz.de