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Wie geht es weiter mit dem Capitol-Kino?

Nachdem im April klar wurde, dass die Betreiber des Capitol Kinos Ende Oktober das Handtuch werfen (müssen, wir berichteten), ist nun eine interimistische Nachfolgeregelung in Sicht. Der Filmz e.V. und die AG Stadtkino e.V. (Cine Mayence) hatten im Frühjahr dem Kulturdezernat den Vorschlag gemacht, in der Interimszeit bis zum Neubau der Palatin-Kinos, gemeinsam im Capitol ein Programm anzubieten: „Wir wollen Arthouse-Filme im wöchentlichen Wechsel und FILMZ filmwissenschaftlich interessante Einzelveranstaltungen sowie Veranstaltungen mit Dritten anbieten. Unsere Motivation war vor allem einen Ausweichort zu haben, wenn / falls der Schönborner Hof, in dem sich das Cine Mayence befindet, saniert wird. Die Hauptmotivation von FILMZ ist es, ein Festivalkino behalten zu können. Letzteres war aber wegen offener Fragen leider nicht rechtzeitig möglich (FILMZ weicht 2023 auf das Cinestar aus)“ so Cine Mayence-Chef Reinhard Wolf.

In der letzten Kulturausschuss-Sitzung habe Kulturdezernentin Marianne Grosse (SPD) diese Idee prinzipiell begrüßt. Für die Dezernentin wären somit mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Das Capitol liefe weiter. Das CineMayence hätte eine Ausweichlocation, solange bis auch hier ein neuer besserer Standort gefunden wäre, etwa auf der neuen neuen Ludwigsstraße in einem „richtigen“ Kommunalen Kino (mglw. in einem Kulturhaus mit dem Staatstheater und ggf. Unterhaus). Und das Dezernat hätte bis zur Fertigstellung der neuen Palatin-Kinos in der Hinteren Bleiche genügend Zeit, neue Betreiber für Capitol & Palatin zu finden.
Das Vorhaben dieser Interimslösung sei nach Kenntnis und aus Sicht des Kulturdezernats auf einem guten Weg. Geklärt werden müssten noch Formalien und Übergabe-Reglungen. Das Amt für Wirtschaft und Liegenschaften stehe dafür „in Abstimmung mit uns und sehr guten Gesprächen“ mit den Eigentümern des Gebäudes, sagte Grosse im Kulturausschuss. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir das Capitol anmieten können“. Das sei „gegebenenfalls sogar schon ab November“ möglich – allerdings seien diese Details noch Gegenstand aktueller Verhandlungen, schreibt die Allgemeine Zeitung.

Als externe Expertin mit eingebunden in die städtischen Verhandlungen ist die Filmwissenschaftlerin, Publizistin und Soziologin Dr. Morticia Zschiesche. Auch weitere Experten sollen laut Grosse noch mit einbezogen werden. Zschiesche selbst spricht in der AZ „von einer herausfordernden Pionierarbeit, für die es noch wenige Beispiele gibt“. Kinos müssten „in Abgrenzung zu den Streaming-Diensten und anderen technischen Innovationen“ als „niederschwellige Orte der Kultur, der gesellschaftlichen Zusammenkunft und des Perspektivenwechsels Menschen erreichen.“ Mainz sei da auf einem sehr guten Weg, „die Kinostandorte, die es gibt und im Herzen der Stadtgesellschaft verwurzelt sind, zu erhalten und für die Zukunft tragfähig zu machen“. Es gelte, „das traditionelle Kino zu erhalten, das kommunale Kino auszubauen und dass auch das Multiplex-Kino daneben existieren kann“.

Kulturausschuss 14. September

Momentan ist das Kulturdezernat dabei „ins Detail“ für den Auslobungstext zu gehen, mit dem die Betreiber des neu entstehenden Kinos gefunden werden sollen. Am 14. September im Kulturausschuss kam es zu einer Beschlussvorlage, die zunächst durch den Finanz- und Wirtschaftsausschuss geht und am 11. Oktober in den Stadtrat. Marianne Grosse sagte, dass direkt danach so schnell wie möglich über den Interimsbetrieb entschieden werden soll – vorerst für das Capitol. Das Kino würde dann also unter städtischer Regie weiter betrieben werden können und soll auch das bisherige Programmangebot von Capitol und Palatin so gut es geht abbilden. Die Beschlussvorlage sehe außerdem vor, dass das Interieur übernommen würde. Momentan finden auch hier Verhandlungen zwischen Stadt und Kino-Betreibern statt.
Im ersten Quartal des nächsten Jahres startet dann das nächste  Interessenbekundungsverfahren für die Zeit, nach der etwa drei bis vier Jahre gehenden Interimslösung, bis die Kinos in der Hinteren Bleiche fertig gebaut sind. Im zweiten Quartal 2024 soll dann generell Klarheit über die Zukunft von Capitol plus der Räumlichkeiten in der Hinteren Bleiche bestehen.

2 responses to “Wie geht es weiter mit dem Capitol-Kino?

  1. Nur Arthouse? Filme wie Oppenheimer und andere tolle Hollywoodproduktionen möchte ich auch in Zukunft gerne noch im Capitol schauen.

  2. Ein Betrieb des Capitol unter „städtischer Regie“ halte ich für die denkbar schlechteste Lösung. Die „Regie“ kann nur unter der Leitung von Fachleuten mit außergewöhnlicher Kompetenz für die Auswahl von Werken der internationalen Filmkunst, der Macher, Verleiher, und die damit verbundenen Geschäfte wahrgenommen werden. Die beiden Herren Seehuber und Zeidler – mit 56 Preisen ausgezeichnet – haben dies in der Vergangenheit für die beiden kommunalen Programmkinos Capitol und Palatin durch ihr erfolgreiches Engagement bewiesen.
    Deshalb meine Vorschläge an den Kulturausschuss:
    1. Umgehend Kaufverhandlungen mit der Erbengemeinschaft des (Capitol) Gründers Kämmer Le-Bret aufnehmen.
    2. Sollten diese erfolglos sein, könnten die Kinos immer noch – wie anderweitig angedacht – von der Stadt angemietet werden. Ein Kauf wäre allerdings die bessere Alternative.
    3. In beiden Fällen die ehemaligen Betreiber als Direktoren mit Prukura zu Konditionen engagieren, wie sie in der freien Wirtschaft für ähnliche Positionen üblich sind.
    4. Der eine könnte für die „Hardware“ Ton-, Bild-. Beleuchtungs- und Bühnentechnik
    zuständig, der andere für die „Software“ Betriebswirtschaft, Marktanalysen, Filmeinkauf usw. verantwortlich sein. Beide zusammen entscheiden im Team über das geplante Programm und welche Filmgenres dem Publikum angeboten werden sollen.

    Voraussetzung für deren erfolgreiches Arbeiten ist, dass ihnen seitens des Theaterbesitzers oder -vermieters (Stadt Mainz) (Fischer) nicht dreingeredet wird, Zweimal im Jahr legen sie die wirtschaftlichen Verhältnisse der beiden Kinos durch „betriebswirtschaftliche Auswertungen“ und von unabhängigen Betriebsprüfern beglaubigte Bilanzen offen.

    Zum Schluss empfehle ich den Kulturverantwortlichen unserer Stadt einen Blick über den Rhein zur Programmkinowelt in Wiesbaden. Dort leistet man sich den sehr aufwändig renovierten UfA-Palast – das „Caligari“, und das Murnau“. Wir Mainzer, gesegnet mit dem unerwarteten Geldregen des renomierten Unternehmens Biontec, können uns in Zukunft ein stadteigenes Capitol, ein gemietetes Palatin und als drittes im Bunde, auch – möglichst zu verbesserten räumlichen Bedingungen – weiterhin das Cinémayence durchaus leisten.
    Gerd Morlock

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