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Wenn die Kinder aus dem Hause

Text: Felix Monsees
Foto: Kristina Schäfer

Das Netzwerk „Perspektive Wiedereinstieg“ erleichtert die Rückkehr in das Berufsleben nach der Babypause und bietet Einzelcoaching und Orientierungskurse für NeueinsteigerInnen.

Auch heutzutage sind es überwiegend immer noch Frauen, die zugunsten der Familienplanung ihre Karriere zumindest zeitweise aufgeben. Sind die Kinder aber erstmal aus dem Haus, gestaltet sich die Rückkehr in das Berufsleben schwierig. Die Ansprüche an den erlernten Beruf haben sich meist stark verändert und die Frauen haben das Selbstvertrauen in ihre beruflichen Fähigkeiten verloren. Diesen Schritt trotzdem zu wagen, versucht das Projekt „Perspektive Wiedereinstieg“ seit zwei Jahren zu erleichtern.
„Wir bieten nicht den x-ten EDV-Kurs oder Bewerbungstraining an, wenn es nicht gebraucht wird“, betont Elisabeth Kolz-Josic, die Netzwerkkoordinatorin der Perspektive Wiedereinstieg. „Die Kunden, die wir betreuen, sind teilweise promovierte Frauen und meist hochqualifiziert.“ Stattdessen setzt das Projekt auf individuelles Coaching, Praktika und bietet darüber hinaus Begleitung während der ersten Zeit der neuen Berufstätigkeit an. Teilnehmen können alle Frauen und Männer mit abgeschlossenem Studium oder Ausbildung, die nach längerer Familientätigkeit von mindestens drei Jahren wieder in den Beruf zurückkehren wollen. Perspektive Wiedereinstieg ist ein bundesweites Modellprojekt des Bundesfamilienministeriums und der Bundesagentur für Arbeit, es wird in Mainz gemeinsam von der gemeinnützigen SPAZ GmbH und dem Christlichen Jugenddorfwerk (CJD) Mainz getragen.

Was kann ich und wohin will ich?“

„Mit unseren beiden Coaches wird ein Erstgespräch vereinbart und dann ein genaues individuelles Profil erstellt: Was kann ich und wohin will ich?“ erklärt Kolz-Josic, danach wird der Bedarf an Beratung ermittelt. Die durchschnittliche Teilnehmerin beschreibt Kolz-Josic als Mitte 40 die nach ca. 9-15 Jahren den Schritt aus der Familienpause wagt. Das Spektrum der vorher erlernten Berufe reicht dabei von Industriekauffrauen, Journalistinnen bis hin zu Ärztinnen. Vor allem der Anteil der Geisteswissenschaftlerinnen ist groß unter den Rückkehrwilligen. „Die Frauen sind ein großer Gewinn für die Firmen“, ist sich Kolz-Josic sicher, „sie bringen eine profunde Ausbildung und eine Menge Lebenserfahrung mit. Vor allem aber sind sie sehr motiviert!“ Immerhin bis zu 70 Prozent der TeilnehmerInnen werden erfolgreich vermittelt.

Fachkräftemangel vs. geeignete Rahmenbedingungen

In der Verantwortung der Netzwerkkoordinatorin liegen gemeinsam mit den beiden Coaches und Projektkoordinatorinnen Sabine Becker und Uta Galle-Hahn der Aufbau und die Pflege des weitverzweigten Netzwerkes in der Wirtschaft. Über die Fachkräftevermittlung hinaus kann davon profitiert werden. In Zusammenarbeit mit Partnern, wie der IHK Rheinhessen und der Regionalinitiative Rhein-Nahe-Hunsrück, veranstaltete die Perspektive Wiedereinstieg z. Bsp. letztes Jahr die Konferenz gegen den Fachkräftemangel in Bingen. „Die Firmen merkenden Fachkräftemangel bereits“, weiß Kolz-Josic aus zahlreichen Gesprächen mit den Unternehmen zu berichten, „und nicht nur bei den Ingenieuren, sondern vor allem in den Bereichen Erziehung und Pflege.Viele hochqualifizierte Frauen würden gerne wieder in den Beruf zurückkehren, wenn die Rahmenbedingungen wie z. Bsp. die Kinderbetreuung stimmen.“ Unternehmenmüssen dort mit anpacken und die Betreuung verbessern, findet Kolz-Josic. In Mainz haben der alternative Energie-Erzeuger Juwi oder der Finanzdienstleister Coface bereits Betriebskindergärten eröffnet.
Das Projekt Perspektive Wiedereinstieg geht vorerst nur bis zum Februar 2012 weiter, da es mit befristeten Geldern aus dem aus Europäischen Sozialfonds finanziert wird. Ergänzend zum Projekt Wiedereinstieg bieten SPAZ und CJD zweimal im Jahr einen Orientierungskurs für Berufsrückkehrer nach langer Familienphase für max. 18 Personen an. Kursinhalte sind unter anderem soziale und kommunikative Kompetenz, Zeitmanagement und nützliche Informationen zu Sozialversicherung und Arbeitsrecht, die je nach Bedarf individuell zusammengestellt werden können. Bis zum nächsten Jahr wünscht sich Kolz-Josic noch mehr Teilnehmer, die das Abenteuer Berufsrückkehr wagen: „Die Frauen und Männer haben ja nichts zu verlieren und eine Menge zu gewinnen.“

Informationen rund um das Programm in Mainz gibt es bei:

SPAZ GmbH, Sabine Becker
Sömmerringstraße 12
55118 Mainz
Telefon 06131 – 6194793
E-Mail: sabine.becker@spaz.de

Für den Landkreis Mainz-Bingen wenden Sie sich bitte an:

CJD Mainz, Uta Galle-Hahn
Leibnizstraße 20
55118 Mainz
Telefon 06131 – 2879414
E-Mail: uta.galle-hahn@cjd.de