Die Wutz schaut selig aus ihrem Gehege. Fett und zufrieden, umrahmt von Weidenblättern und klarem Himmel. Doch ihr Bilderbuchleben zwischen tiefbraunem Schlamm und saftigen Wiesen wird getrübt – vom kleinen Metzgerauto, das sich unheilvoll nähert. „Im sicheren Gehege“ ist, wie jedes von Thilo Weckmüllers Bildern, eine kurze Episode des Alltags. Die Ausstellung „Episoden“ des Mainzer Künstlers ist ab Samstag in der Galerie Kunst&Werk in Ingelheim zu sehen.
Anstatt den Betrachter vor ein Rätsel zu stellen, bilden Weckmüllers Gemälde ganze Geschichten ab – wenn auch erst auf den zweiten Blick. Sie sind mal grausam, mal witzig, absurd, belanglos oder vielschichtig. Die Wahrheit steckt dabei oft in Details und versteckten Symbolen. Doch auch die Titel seiner Werke können als Schlüssel dienen, etwa bei der „schönen Fachkraft für Systemgastronomie nach Feierabend auf der Terrasse ihres Teehauses“: Elegant posiert sie in barockem Perlenschmuck, doch der Titel lenkt den Betrachter auf ihr Gesicht und die Zigarette in ihrer Hand. Aus ihnen liest sich eine kühle Abgeklärtheit und die Erschöpfung, die ihr der kläglich bezahlte Job abfordert. Oder war es bloß ein Sekt zu viel?
Die menschlichen Protagonisten sind sorgfältig konstruiert, doch auch Tiere stehen im Fokus, um menschliches Tun und Versagen als Fabel widerzuspiegeln. Wie ein scheuer Fasan, in dessen Augen Angst und Verwirrung glänzen, oder eine Ratte im Liebestaumel. Die Leinwand wird bei Thilo Weckmüller zur Bühne für alltägliche Tragikomödien, was mit einer Vorliebe zum klassischen Bildaufbau und dem Oeuvre der Ölmalerei einhergeht. Detaillierte Ausarbeitungen verstecken sich im verspielten Stil des Barocks.
Der Kontrast moderner Schauplätze zu klassischen Themen und Symboliken ist charakteristisch für seine Bilder und ein optimaler Nährboden für subtilen Humor, Zynismus und Satire, die sich in allen Werken wiederfinden. Ob zufällig oder mit Absicht.
Die Vernissage startet um 18 Uhr. Die Ausstellung läuft bis zum 15. September.