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Stadtbrille – Fielmann?

Text: Gabriel Werchez Peral
Illustration: Hendrik Schneider

Angestellte, die viel vor dem Monitor arbeiten, haben bei Sehschwäche das Recht auf eine  Bildschirmarbeitsplatzbrille. Die Stadt Mainz hat für ihre Angestellten Verträge mit dem Marktführer Fielmann abgeschlossen. Viele kleine Optiker fühlen sich benachteiligt.

Aus dem Büroalltag ist der PC mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Wer den ganzen Tag in die Röhre schaut, kennt möglicherweise die verschiedenen Erschöpfungszustände des Auges. Ob es nun flimmert, flattert oder brennt, die Belastungen der Augen sind vielfältig und unangenehm. Mit zunehmendem Alter benötigen Menschen mit Sehschwäche daher eine passende Brille. Wenn der Optiker oder Augenarzt die Sehschwäche aufgrund der Arbeit feststellt, ist der Arbeitgeber per Gesetz dazu verpflichtet, sich mit einem  angemessenen Beitrag am Kauf dieser Brille zu beteiligen. Sie gilt als Arbeitsmittel und gehört zur Ausstattung des Arbeitsplatzes, vergleichbar mit Schutzhelm oder  Sicherheitsschuhen.

Aufruhr unter lokalen Optikern
In der hiesigen Optiker-Szene herrscht über dieses Thema seit längerem Aufruhr, denn die Stadt Mainz hat für ihre Angestellten exklusive Verträge mit dem Marktführer Fielmann abgeschlossen und nicht mit ihnen. Die Kosten für Brillen eines anderen Anbieters werden auch bei einem günstigeren Angebot nicht übernommen. In einem internen Rundschreiben erfuhren Mitarbeiter der Stadt, dass sie sowohl den Sehtest als auch die Bildschirmarbeitsbrille bei der ortsansässigen Fielmann-Filiale beziehen können.

Markus Biagioni (SPD), Pressesprecher der Stadt Mainz, äußert sich zum Thema: „Die Stadt Mainz ist verpflichtet, eine Bildschirmarbeitsplatzbrille kostenlos zur Verfügung zu stellen. Für die Versorgung der Angestellten im öffentlichen Dienst haben wir nach einer beschränkten Ausschreibung im November 2007 einen Liefervertrag mit der Fielmann AG abgeschlossen.“ In der entsprechenden Anfrage an beteiligte Optiker spricht die Stadt von einem Jahresbedarf von 50 Bildschirmarbeitsbrillen.

Diese Vorgabe treibt manche ortsansässige Optiker auf die Barrikaden. Sie fühlen sich benachteiligt und fragen, warum die Stadt nicht die lokalen Unternehmen unterstützt. Lothar Niederhöfer, ein alteingesessener Augenoptiker, beschreibt den Vorgang so: „Die Stadt kam auf mich zu und wollte ein entsprechendes Angebot von mir. Ich habe ihr sehr attraktive Konditionen geboten, trotzdem hat Fielmann den Zuschlag bekommen.“
Auch Augenoptikermeisterin Simone Köhler hatte sich bereits mit einem Brief an Oberbürgermeister Jens Beutel gewandt. „Die Regelung bezüglich der Bildschirmarbeitsplatzbrillen ist für alle ansässigen Mainzer Augenoptiker ein Schlag ins Gesicht.“ erregt sich Köhler. „Nichts ist für das Stadtbild schädlicher, als wenn immer mehr traditionelle Betriebe schließen müssen.“ meint sie. Daher fordert die Optikerin einen allgemeinen Brillenzuschuss, der nicht nur Fielmann, sondern auch allen anderen Optikern zugute kommt.

Der Marktführer argumentiert ökonomisch
Augenoptikermeister Mathias Menzenhauer, Geschäftsführer der in Mainz ansässigen Fielmann-Filiale, kann die ganze Aufregung nicht verstehen. „Wenn die öffentlichen Dienste Geld sparen wollen, können sie das bei uns, weil sie bei keinem traditionellen Augenoptiker eine Brille so günstig bekommen.“ Er zahlt Gewerbesteuer wie jedes andere Unternehmen auch. „Der Markt schläft nicht. Brillen werden immer gebraucht, also kann auch jeder von dem Kuchen was abhaben. Auf jeden Fall kann ich Ihnen versprechen, dass kein anderer Optiker in Mainz deswegen zu kurz kommt“ stellt Menzenhauer abschließend fest.

Auch Fielmanns Presseabteilung sieht keine Probleme: „Verschiedene Anbieter konnten Angebote machen. Das haben wir getan. Die Stadt Mainz hat sich daraufhin für Fielmann entschieden, weil es anscheinend für sie das attraktivste Angebot war. Was sollen wir dazu sagen? Ja, das ist dann so.“ sagt Fielmann Pressesprecher Matthias Branahl.

Die abschließende Bewertung der Situation fällt nicht leicht. Der Öffentliche Dienst ist einerseits gegenüber seinen Bürgern verpflichtet, die Versorgung der Mitarbeiter mit Arbeitsmitteln so kostengünstig wie möglich zu gewährleisten. Und auch gegen die Art der Ausschreibung ist nichts einzuwenden, da mehrere Optiker informiert wurden.  Andererseits besteht seitens der Stadt eine gewisse Verpflichtung gegenüber der lokalen Wirtschaft. Diese Aspekte sollten daher in Zukunft gut überdacht und abgewogen werden. Eine Lösung könnte auch ein allgemeiner Zuschuss bei einem beliebigen Optiker sein. Wie es auch kommt: Voraussichtlich 2011 werden die Verträge mit der Stadt neu aufgelegt.

1 response to “Stadtbrille – Fielmann?

  1. eigentlich hätte die stadt die gelegenheit nutzen sollen an der fachhochschule für gestaltung den entwurf eines mainzer-nasenfahr-rades auszuschreiben. für den gewinner den mainzer stadtfastnachtsorden, eine urkunde und ein foto mit hände schüttelnden OB in der AZ, für die stadt zusätzliche umsätze aus dem verkauf der brillengestelle an zentralen punkten der stadt (tourismuszentrale, hahaha)und inhaber geführten, lokalen brillendealern.
    den bildschirmarbeitern wäre dann nur noch die brille in der jeweiligen sehstärke als zu tragende corporate identity zu verordnen gewesen.

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