Direkt zum Inhalt wechseln
|

Stadt fordert (vom Bund) Feuerwerksverbot im Umfeld von Tierheimen und Tierparks

OB Haase wendet sich in der Diskussion um ein Böllerverbot im Umfeld von Tierheimen und Tierparks an  die zuständigen Ministerinnen in Bund und Land sowie an den Deutschen Städtetag.

„Viele Menschen sind von den Böllern an Silvester genervt, einige leiden sogar extrem darunter. Letzteres gilt natürlich auch für sehr viele Tiere. Mir ist es ein Herzensanliegen, gegen dieses Leid vorzugehen. In den Wochen vor meinem ersten Silvester im Amt des Oberbürgermeisters musste ich  jedoch feststellen, wie stark das Bundes- und Landesrecht die Kommunen daran hindert, hier wirkungsvolle Verbote zu erlassen. Dies muss sich ändern – das haben auch die Erfahrungen des Mainzer Tierheims aus der Silvesternacht 2023/24 gezeigt.“

Daher, so der Oberbürgermeister, habe er sowohl Bundesinnenministerin Nancy Faeser als auch Landesumweltministerin Katrin Eder per Brief darum gebeten, die Rechtslage zu ändern. Das Problem bestünde bereits seit Jahren: „Wir Mainzer können es alleine aber nicht lösen.“ Die Verwaltung habe die geltende Rechtslage korrekt widergegeben. „Als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt sehe ich es als meine Aufgabe an, mich damit nicht abzufinden, sondern für grundlegend bessere gesetzliche Rahmenbedingungen einzutreten – im Sinne der Menschen, aber auch, wie in diesem Fall, der Tiere.“

Haase unterstützt daher die Forderungen des Städtetags aus voller Überzeugung: „Wir brauchen rund um unser Tierheim, aber auch am Wildpark oder in den Naturschutzgebieten das Recht, die Böllerei abzustellen. Mit der notwendigen Rechtsänderung, einer vorausschauenden Einsatzplanung und einer starken Präsenz von Vollzugsdienst und Polizei schaffen wir die Grundlage, um Menschen wie Tiere in der Silvesternacht deutlich besser zu schützen“, so Haase. Unverzichtbar sei dabei auch ein „stärkeres Bewusstsein in der Bevölkerung“. Aufgabe der Stadt werde deshalb sein, früher und breiter für den Verzicht auf Böller und Feuerwerk in sensiblen Bereichen zu werben. Hierzu gehöre eine ansprechende Kampagne sowie dort, wo es sinnvoll ist, auch aufsuchende Sozialarbeit.

Am Montagabend, 15. Januar, fand im Tierheim Mainz ein Gespräch zum Thema Böllerverbot an Silvester/Neujahr statt. Vertreten waren der Tierschutzverein Mainz und Umgebung e. V. (u. a. durch seine Vorsitzende Christine Plank) und die Stadt Mainz (durch Haase und Ordnungsdezernentin Manuela Matz): „Gemeinsam sind wir der Überzeugung, dass außer dem Tierheim auch weitere Bereiche, in denen zahlreiche Tiere leben, besonders schutzwürdig sind. Dies gilt in Mainz auch für den Wildpark und den Stadtpark. Ein bundesweites Böllerverbot für Tierheime und Tierparks – wie auch vom Deutschen Städtetag gefordert ‒ wäre die beste Lösung im Sinne des Tier- und Naturschutzes. Wir unterstützen diese Forderung nach einer Ergänzung der Bundessprengstoffverordnung. Wir appellieren allerdings auch stark ans Land: Sollte der Bund nicht in absehbarerer Zeit die Sprengstoffverordnung ergänzen, steht das Land Rheinland-Pfalz in der Verantwortung, sein Immissionsschutzgesetz zu erweitern, wie es auch Schleswig-Holstein getan hat. Denn nach bestehender Sach- und Rechtslage ist an dieser Stelle leider keine Böllerverbotszone durchsetzbar. In jedem Fall planen die Stadt Mainz und der Tierschutzverein mit Blick auf die kommenden Silvesternächte gemeinsam eine Aufklärungskampagne: Mit Plakaten, Presseveröffentlichungen und Social-Media-Aktivitäten soll dafür sensibilisiert werden, warum das Böllern in der Umgebung von Tierheimen und Tierparks, aber auch in Natur- und Landschaftsschutzgebieten zu unterlassen ist. Zielgruppe der Kampagne ist neben der direkten Anwohnerschaft auch die gesamte Mainzer Bürgerschaft.“

Christine Plank, Vorsitzende des Tierschutzvereins Mainz: „Wir haben ein vertrauensvolles und konstruktives Gespräch mit den Vertretern der Stadt geführt. Es besteht kein Zweifel, dass beide Seiten ein Böllerverbot im Umfeld des Tierheims zum Schutz der Tiere für dringend notwendig erachten. Uns wurde nachvollziehbar erläutert, wie schwierig der Erlass einer kommunalen Böllerverbotszone aufgrund der bestehenden Rechtslage ist, da Tierheime in der abschließenden Aufzählung in § 23 der ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz nicht genannt sind und der Begriff ‚brandempfindliche Gebäude und Anlagen‘ nach unserer Auffassung auslegungsbedürftig und mithin rechtsunsicher ist. Daraus ergibt sich für alle Beteiligten eindeutig eine schwierige Rechtslage. Wir hätten uns früher einen solch offenen Austausch zu diesem Thema gewünscht. Für uns ist jetzt entscheidend, dass wir frühzeitig und gemeinsam die Planungen für Silvester 2024/2025 aufnehmen. Wir freuen uns zu sehen, dass alle am selben Strang ziehen und sind optimistisch, gemeinsam eine Lösung zu finden.“

CDU für Möglichkeit des Böllerverbots an Tierheimen

„Die Situation darf so nicht bleiben. Natürlich sollen Böller und Feuerwerke weiterhin erlaubt sein. Wir möchten niemandem das Feiern verbieten, aber Mainz ist groß genug. Man muss nicht in der Nähe von Tierparks oder Tierheimen feiern. Es liegt jetzt an uns allen, parteiübergreifend dafür zu sorgen, in den kommenden elf Monaten die Situation zum nächsten Silvester zum Besseren zu verändern,“, mahnt CDU-Stadtrat Torsten Rohe an.
In Mainz geht es konkret um die Möglichkeiten, Sperrzonen für die Flächen rund um das Mainzer Tierheim, den Gonsenheimer Wildpark und den so genannten Mainzer Zoo im Stadtpark einzurichten. Geregelt werden solche Sperrzonen durch die bereits existierende und zum Bundesrecht gehörende Sprengstoffverordnung. Diese sieht allerdings nur ein Verbot in der Nähe von großen Zoos, nicht aber von Tierheimen und Tiergehegen, wie sie in Mainz existieren, vor. Rohe fordert deshalb: „Es ist wichtig, dass diese Einrichtungen in den Paragrafen 23, Absatz 1 der 1. Sprengstoffordnung aufgenommen wer-den und so die Möglichkeit besteht, den Einsatz von Böllern und Feuerwerkskörpern dort zu untersagen. Wir fordern die Ampel-Koalition in Mainz auf, sich, gerne mit unserer Unterstützung, bei den Ampel-Koalitionen in Land und Bund für eine entsprechende Ergänzung der Verordnung stark zu machen.“
Der Vorsitzende der CDU-Stadtratsfraktion Ludwig Holle betont dabei besonders die Verantwortung der Landesminister, die in diesem Jahr für den Mainzer Stadtrat kandidieren: „Das ist eine gute Gelegenheit, um sich auf höherer Ebene für Mainzer Interessen einzusetzen.“ Holle freut sich diesbezüglich über den Vorstoß von Oberbürgermeister Haase und die Unterstützung von Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz: „Wir sind dankbar, dass der Oberbürgermeister und die Wirtschaftsdezernentin unser Anliegen teilen und dazu aufrufen, sich jetzt für die Erarbeitung einer bundesweiten Lösung starkzumachen.“ „Es wäre sehr traurig, wenn wir in einem Jahr wieder über die gleichen unhaltbaren Zustände sprechen müssen wie wir es in diesem Jahr getan haben.“, so Holle abschließend.

SPD Mainz: Keine Böller, wo viele Tiere leben

Die Mainzer SPD unterstützt Überlegungen, wonach in der Umgebung des Tierheims und des Tierparks in Gonsenheim sowie des Geheges im Stadtpark künftig ein Böllerverbot gelten soll. „Dafür gibt es gute Gründe, die sorgfältig betrachtet werden sollen – zum Wohl der Tiere und der Menschen“, sagten die beiden SPD-Vorsitzenden Jana Schmöller und Ata Delbasteh. „In der Abwägung muss hier der Schutz der Tiere den Ausschlag geben. Mainz bietet viele Möglichkeiten, in der Silvesternacht nach draußen zu gehen und zu feiern. Viele Menschen möchten das neue Jahr mit einem eigenen Feuerwerk begrüßen. Die Umgebung der Orte, an denen so viele Tiere leben, denen es durch Böllerkrach wissentlich nicht gut gehen wird, muss jedoch ausgespart bleiben. Auch im Hinblick auf die Brandgefahr der zum Teil mit Holz verkleideten Hütten müssen die Tiere unbedingt vor etwaigen Lebens- und Verletzungsgefahren geschützt werden.“

Daher halte die Mainzer SPD ein Böllerverbot in diesem Bereich für richtig. Verwunderlich sei allerdings die an das Land und den Bund gerichtete Forderung, die rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Die Städte, also auch die Stadt Mainz, verfügten bereits über rechtliche Möglichkeiten. „Richtig ist, dass zum Wohle der Tiere jeder Ansatz geprüft werden muss. Dazu gehört es aber auch zuerst und zusätzlich zu anderen Überlegungen mutig die eigenen Kapazitäten auszuschöpfen, bevor Bund und Land in Verantwortung gezogen wird. Wir möchten nicht erleben müssen, dass wir aufgrund zu langer Verwaltungsabläufe im nächsten Jahr wieder vor dem Problem stehen unsere Tiere nicht schützen zu können.“, so Schmöller und Delbasteh.

 Hintergrund – Das sagt die Stadtverwaltung:

Der Handlungsspielraum der Stadt Mainz geht soweit, wie die Gesetze es ihr einräumen. Vorliegend handelt es sich um eine sogenannte „Auftragsangelegenheit“. Dies bedeutet: Die Stadt  handelt nicht im Rahmen ihrer Selbstverwaltungsangelegenheiten. Vielmehr führt sie Bundesrecht im Auftrag aus. Sie kann deswegen nicht darüber hinaus selbst aktiv werden.

Der Bundesverordnungsgeber hat sich für ein weitgehendes Recht der Bürger zum Abbrennen von bestimmte Feuerwerksklassen und Böllern am 31.12. und 01.01. eines jeden Jahres entschieden. Diesen Willen des Bundesverordnungsgebers und mittelbar des Bundesgesetzgebers muss die Stadt respektieren, unabhängig davon, ob sie die Regelung als „sinnhaft“ oder „kritikwürdig“ empfindet.

Die Stadtverwaltung ist im staatlichen Gefüge der Exekutive zuzurechnen. Das bedeutet: Es ist ihre zugewiesene Aufgabe und gleichzeitig auch Pflicht, die Gesetze auszuführen bzw. zu vollziehen. Wenn die Stadt als Ordnungsbehörde eine Maßnahme (Feuerwerksverbotszone) treffen will, muss sie sich dabei auf eine Rechtsgrundlage stützen.

Im staatlichen Gefüge ist es die Legislative (also die Parlamente), die darüber entscheidet, ob für einen bestimmten Bereich eine Rechtsgrundlage geschaffen wird. Der Gesetzgeber entscheidet dabei auch über die Reichweite der Rechtsgrundlage, beispielsweise in dem er bestimmte Voraussetzungen bestimmt, die vorliegen müssen, damit von der Rechtsgrundlage Gebrauch gemacht werden kann.

Das gilt auch für die Forderung nach einer Feuerwerksverbotszone um das Tierheim herum: Es muss eine Rechtsgrundlage/Eingriffsgrundlage vorliegen, damit die Stadt eine solche Verbotszone einrichten darf.

Vorliegend bestimmt das Sprengstoffrecht die Möglichkeiten. Hier hat der Bundesgesetzgeber zusammen mit dem Bundesverordnungsgeber bestimmt, dass am 31.12. und 01.01. eines jeden Jahres bestimmte Klassen von Böllern und Feuerwerken von Personen abgebrannt werden können. Gleichzeitig hat er für bestimmte Bereiche von Gesetzes wegen bestimmt, dass dort dieses Recht nicht gilt. Das ist derzeit der unmittelbare Bereich um Kirchen, Krankenhäuser, Kinder- und Altersheime sowie besonders brandempfindliche Gebäude oder Anlagen. Nicht aufgeführt sind hier Zoos, Tiergehege, Tierheime und vergleichbare Einrichtungen. Der Verordnungsgeber hat das Schutzbedürfnis für diese Einrichtungen anders gewürdigt und kein Verbot ausgesprochen.

Grundsätzlich regelt das Sprengstoffgesetz i.V.m. der 1. SprengV als Bundesrecht den Umgang mit dem am Silvester grundsätzlich erlaubten Feuerwerk abschließend.

Die Stadt ist mithin nicht befugt, über diese Regelungen hinaus Maßnahmen zu treffen. Es wäre am Bundesgesetzgeber bzw. Bundesverordnungsgeber Regelungen zu schaffen, die beispielsweise für Tierheime gelten.